Königlich

Verliebt, verlobt…

Die britische Prinzenhochzeit – der Stoff, aus dem die Träume sind. Europa steht kopf. Kein Tag vergeht, an dem nicht wenigstens eine Geschichte über das hoheitliche Paar ihren Weg in die Schlagzeilen fände. Die britische Journaille schwingt den Griffel am fleißigsten.

Seit Monaten wird das hochkarätige Ereignis unter dem Vergrößerungsglas der Klatschpresse beäugt und jedes Detail aus dem Leben des Liebespaares weidlich ausgeschlachtet. Wer steht auf der Gästeliste? Wer entwirft das Hochzeitskleid? Wer schenkt was? Das sind nur einige der Fragen, die die Medien und ihr Publikum dieser Tage umtreiben.

In der Gerüchteküche herrscht Hochbetrieb. Vor Kurzem sorgte die Behauptung, Kate Middleton habe jüdische Vorfahren, für enorme Aufregung. Der Grund: Mutter Middleton ist eine geborene Goldsmith. Flugs wälzten britische Journalisten die Kirchenbücher vergangener Jahrhunderte.

Man fand heraus, dass Kates erster urkundlich erwähnter Vorfahr mit dem jüdisch klingenden Familiennamen ein gewisser, 1783 in Kent geborener John Gold- smith war. Leider ergaben weitere Nachforschungen, dass sich der Goldsmith-Clan seit fünf Generationen in christlichen Kirchen das Ja-Wort gegeben hatte. Aus der Traum von der jüdischen Prinzessin.

Brauchtum Aber es existiert noch mehr Jüdisches bei der Prinzenhochzeit, an dem man sich erfreuen kann. Wie es scheint, wollen Prinz William und seine Zukünftige vom verstaubten Brauchtum britischer Königshochzeiten abweichen. Multikulti – obwohl gerade von Premier David Cameron in Großbritannien offiziell für tot erklärt, aber die Royals hinken der Zeit ja immer ein wenig hinterher – ist das Motto der Trauung, und es sollen muslimische, hinduistische und jüdische Riten integriert werden.

So wird William zum Beispiel in jüdischer Manier mit seinem Fuß ein Glas zertreten. »Die Zeremonie ist zwar komplett anglikanischer Natur«, erklärte Esther Calthorpe-Watts, eine Sprecherin des Buckingham Palace, »aber das Paar fand es angemessen, sich mit kleinen Freundschaftsgesten vor anderen Religionen zu verneigen.«

Doch die Prinzenhochzeit hat noch mehr jüdisches Flair zu bieten. Der britisch-israelische Schriftrollen-Designer Mike Horton will dem Paar einen speziell für diesen Anlass von ihm angefertigten traditionellen jüdischen Ehevertrag in hebräischer und englischer Sprache schenken. Der 63-Jährige übergab die sogenannte Ketuba, eine prächtig geschmückte Schriftrolle, kürzlich dem britischen Botschafter Matthew Gould in Tel Aviv, der sie an den Buckingham-Palast weiterleitete.

»Die Idee stammte von einem Freund«, sagte Horton. »Ein Rabbiner in Hod Hasharon hat den Text für die Schriftrolle formuliert. Er nahm auch, wie von mir gewünscht, die jüdischen Konnotationen heraus.« Die Inschrift, die auf dem Prinzip der Gleichstellung von Mann und Frau basiert, liest sich wie folgt: »Als Geliebte und Freunde versprechen wir einander zu lieben, zu ehren, zu schätzen und zu unterstützen. Auf dass wir immer offen und ehrlich sein mögen.«

Kleider Natürlich wird eifrig darüber spekuliert, wer die königlichen Hochzeitsgewänder entwerfen soll. Verschiedene Designer wurden von den Medien in die engere Auswahl gezogen: Top-Favoritin ist Sarah Burton, Creative Director aus dem Hause Alexander McQueen, die bereits ein heißer Favorit von Lady Gaga, Sarah Jessica Parker, Gwyneth Paltrow und der amerikanischen First Lady Michelle Obama ist. An zweiter Stelle folgt der etablierte britische Modeschöpfer Jasper Conran, der auch das Hochzeitskleid von Lady Sarah Chatto, Tochter von Prinzessin Margaret, kreierte.

Vor einigen Tagen wurden Middletons Schwester Pippa und ihre Mutter Carole im Gespräch mit Designerin Alice Temperley vor deren Boutique in London gesehen. Prompt schwappte eine weitere Flutwelle von Spekulationen durch die britische Presselandschaft. Der aktuelle Stand: Kate soll für den großen Tag drei Kleider bei drei verschiedenen Designern in Auftrag gegeben haben. Falls Fotos an die Öffentlichkeit gelangen, greift Kate einfach auf ein anderes Kleid zurück – eine Zerreißprobe für die gespannten Nerven der Kreativen.

An ihre höchsteigene nervliche Zerreißprobe erinnert sich die jüdisch-britische Modemacherin Elizabeth Emanuel, die 1981 Dianas traumhaftes Hochzeitkleid mit der mehr als sieben Meter langen Schleppe entwarf, nur zu genau. »Das ist so ein großes Event«, sagt Emanuel, »Milliarden schauen zu, da kann man sich keine Fehler erlauben. Es muss perfekt sein.«

Figur Die Designerin, die in ihrer langen Karriere Outfits für Film und Bühne entwarf, glaubt nicht, dass Kates Kleid dem von Diana ähnlich sehen wird. Die beiden Bräute sind eben sehr verschieden. Diana war ein Teenager, als sie heiratete, und noch keine Ikone der Modewelt. Middleton hingegen ist 29 Jahre alt und hat bereits ihren eigenen Stil, der ihre schlanke Figur, ihre helle Haut und ihr dunkelbraunes Haar dezent betont. »Dianas Kleid war perfekt für die 80er«, erklärt Emanuel, »aber nicht für heute.« Sie geht davon aus, dass Middletons Modeschöpfer der Wahl bereits über die Planungsphase hinaus sind und jetzt am Zuschnitt arbeiten.

Emanuel erinnert sich noch deutlich an diese Phase der Anfertigung von Dianas Hochzeitskleid: »David und ich arbeiteten rund um die Uhr«, sagt die Britin, »und wir entwarfen sogar die Kleider für die Brautjungfern und ein Ersatzkleid für Diana – falls die Presse vor der Veranstaltung Wind von dem Look bekommen sollte. Wir fertigten außerdem zwei Sonnenschirme an – einen elfenbeinfarbenen und einen weißen, damit der Schirmhersteller nicht wusste, welche Farbe das Hochzeitskleid haben würde.« Emanuels größte Sorge war, dass die Schleppe abreißen könnte und sie als Modemacherin, deren Kleid auseinanderfiel, in die Geschichte eingehen würde.

Sie sei außerdem Tag und Nacht von Reportern belagert worden. »Die Journalisten jammerten, sie würden ihren Job verlieren, wenn ich ihnen keine Auskünfte geben würde«, sagt Emanuel. Und das war vor dem Internet. Heute dürfte der Druck zur Geheimhaltung um ein Vielfaches größer und die Maßnahmen noch schärfer sein. Aber der Buckingham-Palast scheint erfolgreich in seiner Strategie zu sein, denn bislang sind nur wenige Details über Kates Hochzeitsgewand an die Öffentlichkeit gelangt.

Ehrengäste Was allerdings nach draußen drang, sind die Namen der jüdischen Honoratioren, die auf der Gästeliste stehen. Darunter Botschafter Ron Prosor, der vor Kurzem zu Israels nächstem Gesandten bei den Vereinten Nationen ernannt wurde, der britische Oberrabbiner Jonathan Sacks und Tony Bayfield, Präsident der jüdisch-britischen Reformbewegung.

Zu den jüdischen Gästen zählt auch Lily Safra, die Witwe des Milliardärs Edmund Safra, die als enge Freundin der königlichen Familie gilt. Die britische Botschaft in Israel will zu Ehren des Hochzeitspaares eine große Party in Tel Aviv veranstalten. Die Briten rechnen mit starker Nachfrage und haben aus diesem Grund die Festivität von der Botschaft ins Rabin Center verlegt.

Uns bleibt nur noch, dem glücklichen Paar von Herzen Masel Tov zu wünschen.

Bern

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