Einblicke

Umfrage: Viele Juden in der EU haben Angst - und verstecken ihre Identität

Foto: Wolfram Nagel

Viele Juden in der EU verbergen laut einer Umfrage ihre Identität aus Sorge um ihre Sicherheit. Jeder dritte Befragte meide gar jüdische Veranstaltungen oder Orte, weil er sich nicht sicher fühle. Dies geht aus der Studie der EU-Agentur für Grundrechte (FRA) in Wien hervor.

Insgesamt seien 80 Prozent der befragten Jüdinnen und Juden der Meinung, dass der Antisemitismus in ihrem Land in den vergangenen fünf Jahren zugenommen habe. Eine wesentliche Rolle spielten dabei Hass-Kommentare im Internet. 37 Prozent der Befragten hätten angegeben, wegen ihrer jüdischen Identität meist auf Straßen, in Parks oder Geschäften belästigt worden zu sein.

Die Umfrage unter rund 8000 Juden in 13 Staaten der EU wurde im ersten Halbjahr 2023 durchgeführt, also noch vor dem Massaker von Terroristen der islamistischen Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober 2023 in Israel und dem folgenden Gaza-Krieg.

Polarisierte Gesellschaft

Im Vergleich zu zwei vorhergehenden Umfragen zum selben Thema in den Jahren 2013 und 2018 zeige sich, dass weiterhin sehr viele Juden und Jüdinnen den Antisemitismus im Internet und im wahren Leben zu spüren bekämen, hieß es.

»Europa erlebt eine Welle des Antisemitismus, die teilweise durch den Konflikt im Nahen Osten angeheizt wird«, sagte FRA-Direktorin Sirpa Rautio. Es gelte, in einer zunehmend polarisierten Gesellschaft die Botschaft der Toleranz zu verbreiten und die Achtung der Grundrechte zu gewährleisten.

Seit dem Gaza-Krieg sei die Zahl der antijüdischen Vorfälle noch einmal gestiegen. »Manche Organisationen melden einen Anstieg von über 400 Prozent«, teilte die FRA unter Berufung auf Recherchen in jüngster Zeit mit.

Negativer Trend

Nach den vorliegenden Daten weicht auch Deutschland nicht vom negativen Trend ab. 80 Prozent der Befragten verzichteten zumindest fallweise auf das Tragen jüdischer Symbole in der Öffentlichkeit, geht aus der Befragung hervor.

Neun Prozent sagten, dass sie in den vergangenen fünf Jahren angegriffen worden seien - dies sei eine der höchsten Raten in der Umfrage. 51 Prozent hätten wegen des Antisemitismus mit dem Gedanken gespielt, aus Deutschland auszuwandern. Auch dies sei ein vergleichsweise hoher Anteil. Insgesamt leben in der Bundesrepublik etwa 171.000 Jüdinnen und Juden.

Die Grundrechte-Agentur forderte, die teilweise vorhandenen Aktionspläne gegen Antisemitismus auch umzusetzen. Das gelte nicht zuletzt für die Bekämpfung der antijüdischen Kommentare im Internet. Um den Betroffenen die Angst zu nehmen, sei es nötig, mehr in den Schutz der jüdischen Bürger zu investieren. dpa

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025

Südafrika

Unvergessliche Stimme

Die Schoa-Überlebende Ruth Weiss hat sich als Journalistin, Schriftstellerin und Kämpferin für Menschenrechte einen Namen gemacht. Sie wurde 101 Jahre alt. Ein Nachruf

von Katrin Richter  10.09.2025