Australien

Übergriffe im Klassenzimmer

Malka Leifer 2018 in Israel Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

Vor dem Bezirksgericht des australischen Bundesstaats Victoria hat vergangene Woche der Prozess gegen Malka Leifer begonnen. Wie die »Australian Jewish News« berichteten, wird der ehemaligen Direktorin der ultraorthodoxen Mädchenschule »Adass Israel« in Melbourne vorgeworfen, drei Schwestern, die in ihre Schule gingen, sexuell missbraucht zu haben.

Die drei Beschwerdeführerinnen sagten vor Gericht, sie hätten damals noch »kein Verständnis für Sex« und angesichts der Stellung der Schulleiterin in der chassidischen Gemeinde zu viel Angst gehabt, es irgendjemandem zu sagen. Leifer habe viel Macht in der Gemeinde gehabt, erklärte Staatsanwalt Justin Lewis dem Geschworenengericht.

Einer der drei Schwestern soll die heute 56-Jährige gedroht haben, falls das Mädchen erzähle, was die Lehrerin mit ihr gemacht habe, würde sie in der Gemeinde das Gerücht streuen, dass die Mutter der Schülerin verbal und physisch gewalttätig sei.

EIFERSUCHT Australischen Medien zufolge berichteten die drei ehemaligen Schülerinnen, dass Leifer eifersüchtig geworden sei, als eine von ihnen versucht habe, mit einer anderen Lehrerin Kontakt aufzunehmen, um zu erfahren, ob die Art, wie sich die Direktorin ihr genähert habe, an der Schule üblich sei. Leifer habe dem Mädchen verboten, mit jemand anderem außer ihr selbst Freundschaft zu schließen.

Wie der Londoner »Guardian« berichtete, sagte der Staatsanwalt den Geschworenen, die Mädchen hätten sich zwar unwohl gefühlt, doch angesichts ihrer extrem isolierten Erziehung kein Verständnis dafür gehabt, was laut Anklage mit ihnen geschah. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft seien die Mädchen erst Wochen vor der Eheschließung über Sex und die Anatomie des menschlichen Körpers aufgeklärt worden und ohne Zugang zu Fernsehen, Zeitungen und Internet aufgewachsen. Es habe sehr wenig Interaktion außerhalb der chassidischen Gemeinschaft gegeben.

Nach Angaben der Staatsanwaltschaft habe Leifer im Dezember 2007 eine der Schülerinnen gebeten, sexuelle Handlungen an ihr vorzunehmen, obwohl die Lehrerin sich bewusst war, dass das Mädchen nicht eingewilligt habe. Das Mädchen »hatte das Gefühl, es tun zu müssen, oder (Leifer) wäre sauer auf sie« gewesen, sagte Staatsanwalt Lewis dem Gericht.

Laut Anklageschrift sei eine der Schwestern von Leifer sexuell missbraucht worden mit den Worten: »Das wird dir für deine Hochzeitsnacht helfen.«

TATORTE Die Anklageschrift enthält insgesamt 29 Punkte, darunter Vergewaltigung in zehn Fällen, Körperverletzung und sexuelle Penetration eines 16- oder 17-jährigen Mädchens. Die mutmaßlichen Taten sollen zwischen Januar 2003 und September 2007, als Leifer Schulleiterin war, an verschiedenen Orten stattgefunden haben: auf Klassenfahrt, im Schulbüro, in der Schulbibliothek, im Klassenzimmer sowie in Leifers Wohnung.

Die ehemalige Lehrerin behauptet, in Bezug auf die 29 Anklagepunkte unschuldig zu sein. Ihr Verteidiger argumentierte in der ersten Sitzung, die drei Beschwerdeführerinnen seien unzuverlässig und hätten ihre Erinnerungen über viele Jahre hinweg geändert. So hätte eine der Schwestern 2011 in einem zwölfseitigen Bericht an die Polizei keine Vergewaltigung oder Körperverletzung gemeldet.

Richter Mark Gamble forderte die Geschworenen auf, alle Anklagepunkte und Beweise genau zu prüfen und die Informationen zu ignorieren, die sie vor dem Prozess über den Fall erhalten hätten. Die Entscheidung der Jury müsse über jeden einzelnen Anklagepunkt einstimmig sein.

gerichtssaal Wie australische Journalisten berichteten, sei Leifer in langer schwarzer Kleidung und einer Kopfbedeckung im Gerichtssaal erschienen, und es habe so ausgesehen, als würde sie während der Verhandlung »leise einen religiösen Text beten«.

Der Prozess wird voraussichtlich sechs Wochen dauern. Ursprünglich sollte er im vergangenen Jahr beginnen. Nach den ersten Anschuldigungen hatte sich Leifer 2008 nach Israel abgesetzt. Dort versuchte sie, Gerichtstermine zu vermeiden, indem sie vorgab, psychisch krank zu sein. Vor zwei Jahren lieferte Jerusalem sie schließlich an Australien aus.

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  05.11.2025 Aktualisiert

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025

Spanien

Francos Erbe

Das Land, das den Sefardim einst ihren Namen gab, verlangt seinen Juden heute einiges ab

von Valentin Suckut  03.11.2025