USA

Trumps Jubeltruppe

Die Republikaner haben seit eh und je ein Minderheitenproblem – und das im doppelten Sinne. Nicht nur, dass sie gegen etliche Minoritäten, etwa (illegale) Einwanderer politisch lautstark zu Felde ziehen – sie haben auch Schwierigkeiten, Wähler jenseits des weiß-christlichen Mainstreams für sich zu gewinnen. In besonderem Maße gilt dies für die jüdische Wählerschaft, die in ihrer überwiegenden Mehrheit als demokratisch gilt.

Die Trump-Regierung versucht seit Amtsantritt, dies zu ändern. Ob mit schillernden Jung-Konservativen wie dem umstrittenen Hedgefonds-Verwalter Jacob Wohl oder der jüngst gegründeten Lobby-Gruppe »Jexodus«. Man gönnt den Demokraten nicht das Schwarze unterm Nagel und versucht verzweifelt, jüdische Stimmen für sich zu gewinnen.

Hinter Trump stehen 
derzeit nur 26 Prozent 
der jüdischen Wähler.

Patronat Was Jexodus, deren recht einseitige Botschaft unter TheExodusMovement.com verbreitet wird, anbelangt, ist der Versuch allerdings vergleichsweise durchsichtig. Gegründet wurde die »Bewegung« Anfang des Monats während der Conservative Political Action Conference, einer Rechtsaußenversammlung unter dem Patronat Donald Trumps. Jexodus sei als spontane Erwiderung auf den »Antiamerikanismus und Antisemitismus der erstarkenden Linken« ins Leben gerufen worden. Die Gruppe, so wurde suggeriert, sei eine Reaktion auf die Kongresswahlen und den Einzug zweier höchst umstrittener judenfeindlicher Abgeordneter aufseiten der Demokraten – Ilhan Omar und Rashida Tlaib. Allerdings war die Website der Organisation unter dem Namen jexodus.org bereits vor den Kongresswahlen registriert worden – am 5. November. Am 21. März wurde sie dann in TheExodusMovement.com umbenannt.

Gründer der jüdischen Trump-Jubeltruppe ist Präsidentenberater Jeff Ballabon, ein orthodoxer New Yorker Jude, der sowohl Jeschiwa- als auch Jurastudium absolviert und als Lobbyist schon früh Trumps Kandidatur gefördert hat. Als Sprecherin von Jexodus firmiert Elizabeth Pipko. Die 23-Jährige, die vor sechs Jahren ihr erstes Buch veröffentlichte (Sweet Sixteen), arbeitet als Autorin und Model, wirkte bereits 2016 an einer Pro-Trump-Kampagne mit und heiratete Ende 2018 einen Mitarbeiter des Präsidenten, der dessen Wiederwahl 2020 betreiben soll.

»Wir haben Ägypten verlassen, und wir verlassen die Demokratische Partei«, verkündete Pipko bei Fox & Friends, einer Sendung des Frühstücksfernsehens, das schlichte Credo der jüdischen Trump-Apologeten. Die »New York Times« sieht in Pipko und Jexodus ein »Musterbeispiel, wie eine Idee von einer unbekannten Überbringerin ins Bewusstsein der breiten politischen Öffentlichkeit gelangen kann – durch Fox News und das Megafon von Trumps Twitter-Account«.

Auch Trump weiß, dass er mit Jexodus nicht die Herzen aller jüdischen Wähler gewinnen kann.

JEXODUS Doch trotz der medialen Unterstützung der Trump-Maschinerie scheinen Pipko und Ballabon einen aussichtslosen Kampf zu führen: 79 Prozent der jüdischen Wähler haben bei den Kongresswahlen 2018 für die Demokraten gestimmt. Die Zustimmungsrate jüdischer Wähler für Trumps Politik beträgt bei jüdischen Wählern gerade einmal 26 Prozent. Auch Trump weiß, dass er mit Jexodus nicht die Herzen aller jüdischen Wähler gewinnen kann. Doch der strategisch gewiefte Präsident schielt mit der plump anmutenden Rechtsaußenattacke auf einige wenige Wählerstimmen in umkämpften Staaten wie Florida oder Ohio, wo auch minimale Zugewinne das Ergebnis zu seinen Gunsten wenden könnten.

Dass die Demokraten ein Problem – nicht nur mit den beiden oben genannten Abgeordneten – haben, was Israelfeindlichkeit anbelangt, ist allerdings kein Geheimnis von Trumps jüdischer Brigade. Auf der jüngsten Jahreskonferenz der Lobbyorganisation AIPAC (American Israel Public Affairs Committee) sagte Steny Hoyer, der Fraktionschef der Demokraten im Repräsentantenhaus, die Position von Ilhan Omar sei nicht repräsentativ für die Einstellung der Demokraten gegenüber Israel.

Kongress Omar hatte im Februar gesagt, sie fühle sich unter Druck gesetzt, Loyalität gegenüber Israel zu zeigen. »Wenn jemand Amerikaner der doppelten Loyalität bezichtigt, dann rufe ich ihr zu: ›Klag’ mich doch an!‹«, sagte Hoyer unter dem Jubel der Zuhörer. Die »überwältigende Mehrheit« im Kongress unterstütze Israel. »Lasst uns über Politik diskutieren anstatt die Loyalität von Israels Unterstützern infrage zu stellen«, sagte Hoyer – und nahm damit den jüdischen Trump-Junioren gewaltig den Wind aus den Segeln.

Die Position von Ilhan Omar sei nicht repräsentativ für die Einstellung der Demokraten gegenüber Israel, heißt es.

Bei der AIPAC-Konferenz spielte Jexodus ohnehin keine Rolle. Mit Spannung war das Rededuell zwischen dem gewieften Rhetoriker, Israels Premier Benjamin Netanjahu, der bei AIPAC stets ein Heimspiel hat, und seinem Herausforderer Benny Gantz erwartet worden. Im Vorfeld wurde geraunt, jener könne gegen den perfekt Englisch sprechenden »Bibi« nur verlieren.

Zum Showdown mit Netanjahu kam es jedoch nicht. Wegen eines Hamas-Raketenangriffs aus Gaza auf eine Ortschaft nördlich von Tel Aviv sagte der Premier seinen AIPAC-Auftritt ab und flog nach einem Treffen mit US-Präsident Trump zurück nach Israel. Per Liveschaltung sprach er am Dienstag dann aber doch zu den Teilnehmern der Konferenz. Er forderte Republikaner und Demokraten auf, Israel weiterhin zu unterstützen. Allen Antisemiten solle man sagen: »Wir stehen auf, wir kämpfen, und wir gewinnen.«

Interreligiöser Dialog

»Das ist Verrat«

Ein Imam aus den Niederlanden nahm an einer Reise muslimischer Geistlicher nach Israel teil - prompt verlor er seinen Job

von Michael Thaidigsmann  15.07.2025

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025