Luxemburg

Süßes Geschäft

Im Kirschtal in Trintingen summen die Bienen. Arie Tandet (73) ist mit seiner Frau Frumit nach Luxemburg gekommen. Seit Jahren macht sich der Imker aus dem Moschaw Amikam im Norden Israels jeden Sommer auf die Reise zu seinem Kollegen Joseph Guth (70), genannt Jos, um einige Bienenköniginnen abzuholen.

Das Imkerpaar aus Israel und der luxemburgische Bienenzüchter fallen einander in die Arme. In dem hölzernen Gästehäuschen am Rand des riesigen Gartens voller Bienenstöcke stehen Sekt und Häppchen bereit. Bevor es an die Arbeit geht, isst und trinkt man.

Honig Jos Guth gehört zu den größten luxemburgischen Honigproduzenten, sein Gast Arie Tandet ist der zweitgrößte in Israel. Rund zwölf Tonnen schleudert Tandet im Jahr – so viel, dass er sogar Supermarktketten beliefern kann. Geboren wurde er 1975 in China. Seine Eltern waren vor den Nazis dorthin geflohen; zuvor lebten sie in der Slowakei. Schon als Kind wusste Arie Tandet, dass er einmal Imker werden will. Bereits mit zwölf stellte er in dem kleinen Moschaw Amikam, rund 20 Kilometer südlich von Haifa, einige Bienenkästen auf.

»Mehr als die Hälfte Israels besteht aus Wüste – da lassen sich nur schwer Bienen züchten«, sagt er. »Aber in Amikam ist es leicht. Bei uns herrschen ideale Bedingungen.« Alles, was man brauche, um Honig herzustellen, seien Blumen, Sonne und Bienen. Als Autodidakt hat sich Arie mittlerweile auch bei den akademischen Bienenforschern in Israel hohes Ansehen erworben.

Jos Guth hingegen hat an einer Imkerschule in Polen studiert. Eine Handvoll Praktikanten hilft ihm jeden Sommer. Darunter ist nicht nur sein Neffe, sondern auch der junge Pole Mattheusz, der den Sommer über bei Jos Guth im Betrieb mithilft. Die jungen Männer sitzen mit am Tisch und verfolgen die Gespräche mit großen Augen.

Dass sich Jos und Arie verstehen, liegt nicht auf der Hand. Denn Jos spricht Luxemburgisch und Arie meist Hebräisch.

Geschäftssprache ist Englisch. Aries Frau Frumit hört wachsam zu und vermittelt manchmal auf Deutsch. Ihr Vater stammte aus Wien. Frumit ist zwar keine Imkerin, aber auch sie hat mit Honig zu tun: Sie verkauft ihn an die Nachbarn im Dorf und in den Orten der Umgebung.

Auf fachlicher Ebene funktioniert die Kommunikation zwischen den beiden Imkern ganz ohne Hilfe. Bevor sie sich über den Bogen der Zuchtauswahlliste mit den Bienenstämmen beugen, reicht Jos das Gästebuch herum. Dort finden sich Einträge von Imkern aus aller Welt. Grüße und Widmungen auf Spanisch, Chinesisch, Hebräisch.

Zucht »Wir sind fast die Einzigen, die regelmäßig extra hierherkommen«, sagt Frumit. Denn meistens würden die Bienenköniginnen per Post verschickt. Innerhalb Europas sei das kein Problem, erklärt Jos Guth. Und trotzdem erzählt er nicht ohne Stolz: »Die ganze Welt war schon hier.«

Dass seine Bienenköniginnen solch einen Erfolg haben, liegt seiner Meinung nach an seinem Kollegen Paul Jungels aus dem luxemburgischen Brandenbourg. Ihm verdanke er das gute Zuchtmaterial, das er vermehrt.

»Die Hälfte der Bienen, die in Israel herumfliegen, stammt von Paul Jungels’ Material ab«, ist sich Guth sicher. »Die Forschung von Paul Jungels gründet auf den Erkenntnissen eines englischen Benediktinermönchs, der Anfang des 20. Jahrhunderts durch die Zucht seiner sogenannten Buckfastbiene zu einem der berühmtesten Imker der jüngeren Zeit wurde.

Doch Jos Guth und Arie Tandet interessieren sich weniger für die Bienenzucht als für die Honigproduktion. Dafür braucht es Bienenköniginnen. »Wie viele nimmst du diesmal mit?«, will Guth wissen. »Elf«, sagt Tandet bestimmt, bevor sich die beiden gemeinsam über einen Zettel beugen, der die sperrige Überschrift trägt: »Königinnenvermehrungsprogramm 2018«.

Dann geht es an die Verhandlungen. »Du bekommst B11«, sagt Guth. Tandet schüttelt energisch den Kopf und sagt: »Nein, ich nehme diese da!«

Anschließend gehen die beiden in den Garten, um die Königinnen auszuwählen. Rauchschwaden sollen die Bienen beruhigen. Doch das ist gar nicht nötig, denn die Schwärme sind erstaunlich ruhig. Ge­meinsam streifen die beiden Imker durch den Garten, hier und da bleiben sie an einer der bunten Kisten stehen. Arie begutachtet die mit einem roten Punkt markierten Königinnen, bevor er sie in daumengroße, luftdurchlässige Plastikschachteln manövriert und anschließend in einen Umschlag, den er ein paarmal durchsticht. Unterwegs befeuchtet er ihn.

Waben Dann geht es in den Keller, wo Guth den Gästen seine neue Honigmaschine zeigt, die die Waben herausfiltert. Arie probiert und ist angetan. In den Kellerräumen lagert schon kistenweise Honig: Von dickflüssigem Lindenblütenhonig über parfümierten Lavendelhonig bis hin zum klassischen Tannenhonig stellen Jos und seine Frau Annette alles her.

Die Tracht des Honigs, den Arie in Israel produziert, kommt hingegen von Orangenblüten, Eukalyptus oder mediterranen Kräutern – je nach Jahreszeit und dem Standort der Bienenvölker.

In diesem Jahr ist die Honigernte wegen der schwierigen Witterung stark eingebrochen. Hochsaison im Verkauf sei jedes Jahr die Zeit vor Rosch Haschana, sagt Arie. Denn da würden alle Israelis Honig kaufen.

Wieder zurück im Gästehäuschen, zählt Arie das Geld. 140 Euro kostet eine Bienenkönigin. Bei elf, die diesmal mit nach Israel fliegen, kommt eine stolze Summe zusammen.

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