Zu Fuß durchs jüdische New York

Steins Zeit

Die Public Library an der Fifth Avenue ist einer meiner liebsten Orte in Manhattan. Das Gebäude sieht von außen aus wie ein Palast, der zu Ehren der Bücher errichtet wurde, aber von innen wirkt er einladend und freundlich: Das Personal ist da, um den Besuchern zu helfen, nicht um seine Schätze von ihnen fernzuhalten.

Noch bis Ende Februar kann man in der Public Library eine Ausstellung über Judentum, Christentum und Islam anschauen. Wohl eine Stunde bin ich dort herumgeschlendert, habe hebräische Bibeln aus Venedig, koptische Gebetbücher und wunderbar kalligrafierte Exemplare des Koran aus Damaskus mit großen Augen bestaunt.

Erstausgabe In einem Nebenraum der Ausstellung sah ich, wie Schreiber der drei verschiedenen Religionen ihre heiligen Texte aufzeichnen: Die Christin schlägt ein Kreuz, ehe sie den Pinsel ansetzt und das Neue Testament in gotischen Buchstaben aufs Papier setzt. Die Soferet spricht eine Bracha, die gläubige Muslima tuscht das Wort »Salaam« auf die erste Seite – Friede. Alle drei Religionen wissen von einem Gott, alle berufen sich auf den Stammvater Abraham. Alle glauben, dass der Ewige, der Einzige und Eine durch Propheten gesprochen und seinen Willen in heiligen Schriften niedergelegt hat.

In allen drei Religionen werden diese heiligen Schriften kommentiert. Ich sah eine wunderschöne Erstausgabe des More Newuchim von Maimonides, der von der muslimischen Aufklärung beeinflusst war und seinerseits die christliche Scholastik beeinflusst hat.

Es ist eine tolle Ausstellung, ich möchte unbedingt mit Freunden noch einmal hingehen. Nur ein Problem habe ich damit: Diese Ausstellung wird nicht in Alexandria gezeigt, wo vergangene Woche bei einem Selbstmordanschlag auf eine koptische Kirche mehr als 20 Menschen ums Leben kamen. Auch in Bagdad wird die Ausstellung nicht zu sehen sein.

Dort haben muslimische Mörder Ende Oktober mehr als 50 Christen in einer Kirche beim Gebet abgeschlachtet. Und kein muslimischer Geistlicher im Irak hat die Christen hinterher »unsere älteren Brüder und Schwestern« genannt. Und die Juden? Ach, die sind schon vor 60 Jahren von dort vertrieben worden. »Wenemar schalom, schalom – we-en schalom«, heißt es beim Propheten Jeremia – »Sie sagen: Frieden, Frieden! Aber es ist kein Frieden.«

Public Library, Fifth Avenue, 42. Straße

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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