Zu Fuss durchs jüdische New York

Steins Zeit

Hannes Stein Foto: Frank Albinus

Seit Jahrhunderten steht dieser Löwe da und starrt in die Ewigkeit. Er ist ziemlich klein, nicht größer als ein Krug oder irgendein anderes Küchengerät. Der Löwe ist aus Kupfer und hat eine Mähne, die sich in einen Griff verwandelt. Der Löwe muss oft benutzt worden sein: Die schmückenden Gravuren an der Mähne und vom Griff wurden, während die Epochen sich ins Grab der Zeit legten, von so vielen Händen blank poliert, dass sie beinahe ganz verschwunden sind.

Manchmal ist das Aufregendste, was es in einem Museum zu bestaunen gibt, gar nicht die Hauptsache, sondern irgendeine Nebensächlichkeit. Susan L. Braunstein, eine kluge Kuratorin am Jewish Museum in der Fifth Avenue, hat das verstanden. Sie hat diesen Kupferlöwen in eine Vitrine ins Zentrum eines Raumes gestellt, als sei er ein Star.

Aquamaniles Der Löwe ist aber gar kein Star. Solche wie ihn gibt es im wildem Dutzend: Handwaschgeräte in Form von Menschenköpfen oder Tieren, die Aquamaniles genannt werden. Im Mittelalter – dieser Löwe stammt aus dem 12. Jahrhundert – gab es sie in jedem besseren Haushalt.

Was macht dieses Aquamanile also besonders? Dass er eine hebräische Inschrift trägt: »Dies ist ein Geschenk des verehrten Berachia Segal.« Die Signatur war nicht von Anfang an da, sie muss irgendwann hinzugefügt worden sein, Fachleute mutmaßen: nach 1550.

Kohanim Der Löwe, so viel wissen wir, wurde in Norddeutschland gefertigt. Und noch etwas wissen wir: »Segal« ist ein Name für Leviten. Wahrscheinlich wurde dieser norddeutsche Löwe, an dem ursprünglich nichts Jüdisches war, in einer Synagoge verwendet: Kohanim wuschen sich an ihm die Hände, ehe sie den Priestersegen spendeten. Und plötzlich träume ich ihm nach: Ich stelle mir vor, wie der ehrenwerte Berachia Segal das Aquamanile für seine Gemeinde kaufte. Ich sehe den Löwen durch Generationen von Hand zu Hand gehen, und endlich packt ihn 1938 jemand (wer?) hastig in seinen Koffer.

The Jewish Museum, 1109 Fifth Avenue

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  20.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025

Mexiko

Antisemitisches Graffiti gegen Claudia Sheinbaum sorgt für Empörung

Die Worte »puta judía« wurden auf Gebäude des Obersten Gerichtshofs geschmiert. Die jüdische Gemeinschaft des lateinamerikanischen Landes verurteilt den sich immer wieder äußernden Judenhass

 17.11.2025

USA

6500 Rabbiner auf einem Foto

»Kinus Hashluchim«: Das jährliche Treffen der weltweiten Gesandten von Chabad Lubawitsch endete am Sonntag in New York

 17.11.2025