Zu Fuß durchs jüdische New York

Steins Zeit

Die Lower East Side ist heute nicht mehr besonders jüdisch. Oder sagen wir so: Sie ist heute nicht jüdischer als alles andere in New York (einer Stadt, in der immerhin ein Fünftel aller Einwohner Juden sind). Es gibt in der Lower East Side aber noch ein paar Orte, die an die Zeit erinnern, als sich hier die bitterarmen Einwanderer aus Russland und Galizien zu Tausenden drängten. Einer davon ist Yonah Schimmel’s Knish Bakery in der Houston Street.

Der Laden ist uralt. Yonah Schimmel war ein Immigrant aus Rumänien, der einen Schubkarren vor sich herschob und aus ihm heraus Knisches verkaufte, wie man sie aus der alten Heimat kannte. Zusammen mit seinem Cousin Joseph Berger machte er dann die »Knish Bakery« auf. Und als er sich längst aus dem Geschäft zurückgezogen hatte, hieß es immer noch nach ihm.

Naturgesetz Yonah Schimmel’s Knish Bakery ist ein mythischer Ort, der auf Gemälden und in Filmen abgebildet wird, aber zugleich ist er, Gott sei Dank, vollkommen real. Wenn man ihn betritt, glaubt man zuerst, hier sei jenes schreckliche Naturgesetz außer Kraft gesetzt, das die Zeit im Schweinsgalopp davonsprinten lässt. Alles noch ganz wie früher: schäbige Tische, solide Bänke, trübes Licht, so gehört sich das.

Der Typ, der heute hier bedient, ist Mexikaner. Ich bestelle bei ihm einen Knish, der mit rotem Krautsalat gefüllt wurde, ferner auch eine Vanille-Limonade. Das ist eine ungesunde amerikanische Spezialität, die man leider auch nicht mehr überall bekommt. Der Tag ist kalt, der Knish schön warm. Und köstlich, wenn man ihn mit Senf isst.

Während ich den Teigkloß andächtig in mich hineinstopfe, lese ich mal wieder Nabokovs Roman Bend Sinister. Er handelt von einem Philosophen namens Adam Krug, der sich weigert, vor der Diktatur zu katzbuckeln, die einer seiner Schulfreunde errichtet hat. Irgendwie passt meine Lektüre gut zu diesem zeitlosen, altmodischen, schäbigen und dabei sehr menschlichen Ort.

Am Schluss lasse ich mir noch zwei Knishes einpacken: einen mit Kraut und einen klassisch mit Kartoffelbrei gefüllten. Macht zusammen 13,50 Dollar. Auch die Preise hier sind sehr human.

Yonah Schimmel’s Knish Bakery, 137 East Houston Street

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024