Schweiz

»Sie schlugen mich, spuckten mich an und riefen ›Free Palestine!‹«

Davos (Schweiz) Foto: picture alliance/KEYSTONE

Eli, ein 19-jähriger Charedi aus London, der kürzlich in Davos studiert hatte, verbringt derzeit mit seiner Familie die Ferien in dem malerischen Schweizer Ort. Nun wurde er dort von zwei Männern attackiert. Aus Sorge um seine Sicherheit möchte Eli nicht seinen ganzen Namen veröffentlicht sehen. Der vollständige Name ist der Redaktion bekannt. Ein Gespräch.

Eli, in der Nacht von Donnerstag auf Freitag wurden Sie von Judenhassern in Davos angegriffen und beschimpft. Wie geht es Ihnen inzwischen? Sind Sie verletzt?
Nein, mir geht es physisch gut. Bei der Attacke wurde ich nicht wirklich ernsthaft verletzt. Die Angreifer haben mir aber wehgetan. Jetzt geht es mir besser.

Was genau ist passiert?
Ich ging auf der Promenade in Davos spazieren. Plötzlich waren zwei Männer vor mir und griffen mich an. Sie schlugen mich und spuckten mich an, während sie »Free Palestine!« schrien. Ich schubste sie zur Seite, und dann rannten sie weg.

Welcher Herkunft sind die Täter?
Ich weiß es nicht. Meinem Eindruck nach waren es keine arabischstämmigen Täter, aber definitiv Unterstützer der sogenannten propalästinensischen Demonstrationen, auf denen es ja immer wieder zu zahlreichen judenfeindlichen Zwischenfällen kommt.

Hat Ihnen jemand geholfen?
Ein Mann tauchte auf. Er war kein Jude, er hat mir sehr geholfen und war sehr nett. Er lief auf die Angreifer zu und versuchte, sie zu beruhigen. Sie hörten ihm aber nicht zu. Später gab er mir seine Telefonnummer und stellte sich als Zeuge zur Verfügung. Was für ein freundlicher Mensch!

Wie wurden Sie von den Behörden behandelt?
Die Polizisten waren sehr zuvorkommend. Sie waren innerhalb von ein paar Minuten da und nahmen den Fall ernst. Auch waren die Beamten höflich.

Lesen Sie auch

Was glauben Sie, warum Sie von den Angreifern ausgewählt wurden? Identifizierten sie Sie als Juden, um Sie dann spontan zu attackieren?
Ich war die einzige Person dort. Das heißt, zum Herumschubsen hatten die Täter nur mich. Aber es ist ja kein Zufall, dass sie ausgerechnet mich attackierten und »Free Palestine« riefen.

Hatten Sie die Täter zuvor schon gesehen? Oder wurden sie von jemand anderem erkannt?
Nein.

Wie sicher fühlen Sie sich seit dem Angriff in Davos?
Ich befinde mich weiterhin im Schockzustand, bin aufgewühlt und leider stark traumatisiert. Hier werde ich nicht mehr allein herumlaufen können. Es ist traurig, dass das hier passiert ist. Zwei Jahre lang habe ich hier gelebt und studiert – und nichts dergleichen war in dieser Zeit vorgefallen.

Sie kennen Davos also gut. Haben Sie den Eindruck, dass sich die Atmosphäre dort seit dem 7. Oktober verändert hat?
Das glaube ich eher nicht, denn die Schweizer benehmen sich auf eine sehr natürliche Weise. Sie sind nicht problematisch. Unter den Touristen scheint das aber nicht durchweg der Fall zu sein. So nehme zumindest ich das wahr.

Waren die Angreifer also Touristen?
Ich glaube ja. Das heißt, ich glaube nicht, dass sie Schweizer waren.

In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu antisemitischen Vorfällen in Davos. Zuerst wurde Stimmung gegen Juden gemacht. Dann durften sie keine Schlitten mehr mieten. Was ist da los?
Na ja, für Juden ist Davos ein beliebter Urlaubsort. Wir lieben die Luft und die Schönheit hier oben. Es gibt hier mehr Juden als an jedem anderen Ort in der Schweiz. Und offensichtlich gefällt das nicht jedem.

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025