Frankreich

Selbstmord vor der Synagoge

Synagogen-Gottesdienst in Lyon Foto: dpa

Zwei minderjährige Mädchen sollen Medienberichten zufolge ein Selbstmordattentat auf die Isaac-Elhadad-Synagoge von Lyon geplant haben. Die 15 und 17 Jahre alten Jugendlichen, die nur per Internet in Kontakt standen, wurden am 22. August verhaftet und wegen terroristischer Verschwörung angeklagt. Die Behörden hatten die Mädchen offenbar schon länger überwacht – ebenso wie rund 60 weitere Personen, die in Kontakt mit islamistischen Organisationen stehen und sich als Dschihadisten verstehen.

Terror Der Oberrabbiner von Lyon, Richard Wertenschlag, sagte, die Informationen seien »von offizieller Seite« zunächst nicht bestätigt worden. Dies liege wohl daran, dass die Mädchen noch keine konkreten Schritte zur Vorbereitung des Terrorakts unternommen hätten: »Ich weiß, dass es eine Idee war, über die sie sich im Internet austauschten.« In der Gemeinde herrsche nun Besorgnis, sagt Wertenschlag: »Manche wollen nicht mehr in die Synagoge kommen, weil sie sich fürchten.«

Lyon hat mit rund 35.000 Mitgliedern die drittgrößte Gemeinde Frankreichs, es gibt dort 37 Synagogen. Die Sicherheitsvorkehrungen vor Ort sollen nicht verstärkt werden. Bisher überwacht die Polizei die Gebäude vor allem dann, wenn Veranstaltungen stattfinden oder bei anti-israelischen Demonstrationen im Stadtzentrum. »Wir haben keine andere Wahl, als uns zu schützen.

Aber die Polizeipräsenz sollte auch nicht überhandnehmen, da man sonst die Beter verschrecken würde«, meint der Oberrabbiner. Der Judenhass habe sich in Lyon vor allem bei den jüngsten pro-palästinensischen Demonstrationen gezeigt. Dort riefen Teilnehmer: »Tod den Juden« und »Macht ihre Geschäfte kaputt!«.

Islamismus Seit Längerem sind Frankreichs Juden wegen steigender islamistischer Tendenzen besorgt. Schätzungen zufolge sind bereits 900 Personen aus Frankreich in den Heiligen Krieg gezogen. Das nationale Büro für Wachsamkeit gegen Antisemitismus (BNCVA) schreibt, dass Synagogen immer beliebtere Ziele für islamistischen Terror werden. Manche von ihnen seien deshalb zu »Festungen« geworden.

Hintergrund

Polen: Schaumparty auf jüdischen Gräbern

Ein Kinderfest auf dem Gelände eines ehemaligen jüdischen Friedhofs sorgt für Empörung

 07.06.2023

Ukraine

Nach dem Staudamm-Bruch

Auch rund 20 jüdische Familien müssen ihre Häuser verlassen. Die Gemeinde in Cherson versucht zu helfen

 07.06.2023

USA

Am Ziel vorbei?

Das Weiße Haus stellt den Entwurf eines Plans gegen Antisemitismus vor. Jüdische Organisationen kritisieren das Papier

von Daniel Killy  06.06.2023

Warschau

Einschränkung der Wissenschaft

Wie die unabhängige Holocaust-Forschung in Polen zunehmend verzerrt wird

von Gabriele Lesser  05.06.2023

USA

Masel tov, Doktor Ruth!

Amerikas berühmteste Sex-Beraterin Ruth Westheimer wird 95 – und hat noch immer einen dicht getakteten Terminkalender

von Sebastian Moll  03.06.2023

Washington D.C.

Capital Jewish Museum wird eröffnet

Behandelt wird die Geschichte der Juden im Großraum Washington seit dem 18. Jahrhundert

von Imanuel Marcus  02.06.2023

RUMÄNIEN

Zu Gast im Banat

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier besuchte die jüdische Gemeinde in Temeswar

von György Polgár  02.06.2023

Nachruf

Die zwei Leben des Thomas Buergenthal

Seine Kindheit endete abrupt, als er nach Auschwitz deportiert wurde. Nun ist der Richter des Internationalen Gerichtshofs im Alter von 89 Jahren gestorben

von Imanuel Marcus  31.05.2023

Frankreich

Die Suche nach den verlorenen Klavieren

Pascale Bernheim spürt geraubte Instrumente jüdischer Familien auf

von Christine Longin  31.05.2023