Niederlande

»Reiche-Leute-Schulen« verlieren Subvention

Schulstreit in Amsterdam: Die sozialdemokratische Bildungsdezernentin kritisiert, die hohen Elternbeiträge schreckten Arme ab. Foto: imago images/Westend61

Das neue Schuljahr begann für zwei jüdische Schulen in Amsterdam mit einem Schock: Weil der finanzielle Beitrag der Eltern wesentlich höher liegt als der festgelegte Grenzwert von 225 Euro, sollen die Grundschule »Rosj Pina« sowie die orthodoxe Schule Cheider ihre kommunale Subvention verlieren.

Dies erklärte Amsterdams sozialdemokratische Bildungsdezernentin Marjolein Moorman. Auch fünf andere Schulen, laut der jüdischen Wochenzeitung »Nieuw Israëlitisch Weekblad« (NIW) als »Reiche-Leute-Schulen« bekannt, sollen von der Maßnahme betroffen sein. Moorman argumentiert, der höhere Beitrag mache die Schulen »nicht zugänglich genug«, denn er schrecke arme Eltern ab.

Elternbeiträge Verpflichtet, Elternbeiträge zu erheben, sind die Schulen nicht, doch ist es üblich. Daher ist die Verbindung zwischen einem hohen Beitrag und einer wachsenden sozialen Kluft zunächst logisch, und das Vorgehen der Kommune erscheint als einfache Gleichung im Zeichen sozio-ökonomischer Gerechtigkeit.

In der Praxis aber entlarvt es einen strukturellen Mangel im Umgang mit jüdischen Institutionen, denn die betroffenen Schulen stellen einen Sonderfall dar – und zwar nicht nur deshalb, weil vor allem am orthodoxen Cheder viele Schüler, so das NIW, »keinesfalls mit einem goldenen Löffel im Mund geboren« wurden. Viel entscheidender ist, dass ein großer Teil des Betrags für einen Posten reserviert ist, der an anderen Schulen keine Rolle spielt: die Sicherheit der Kinder und des Personals.

Verpflichtet, Elternbeiträge zu erheben, sind die Schulen nicht, doch ist es üblich.

An der Rosj-Pina-Grundschule, an der im vergangenen Schuljahr 254 Kinder eingeschrieben waren, lag der umstrittene Jahresbeitrag bei 1150 Euro pro Kind. Dank Spenden jüdischer Organisationen sind auch Kinder willkommen, deren Eltern den Beitrag nicht zahlen können. Gleiches gelte, betont die Schulleitung gegenüber der Jüdischen Allgemeinen, auch für Kinder, die eigentlich eine Empfehlung für Sonderschulen hätten, die es unter dem Dach eines jüdischen Trägers jedoch nicht gibt.

Sicherheit Die jüdische Unterrichts-Stiftung JBO, zu der neben »Rosj Pina« auch die Maimonides-Sekundar-Schule zählt, gab 2019 laut NIW rund 300.000 Euro für Maßnahmen zum Schutz vor Terroranschlägen aus. Im vergangenen Jahr beantragte die JBO-Stiftung städtische Hilfe in Höhe von rund 168.000 Euro. Bewilligt wurden jedoch nur 55.000 Euro.

Die jüdischen Schulen nähmen eine Sonderstellung ein, erklärte JBO-Vorsitzender Allon Kijl dem NIW. Darüber verhandele man mit dem Bildungsdezernat schon länger – doch Moorman sei in diesem Punkt »unerbittlich«.

Die Dezernentin betont, sie habe »extra eine Ausnahme für die jüdischen Schulen gemacht« und »den Anteil der Sicherheitskosten im Beitrag nicht mitgerechnet«.

REcht Jigal Schrijver, Vorstandsmitglied der Stiftung JBO, nuanciert diesen Einwand: Unter Ausgaben für Sicherheit fielen nämlich auch solche zur Extra-Unterstützung jüdischer Kinder, deren sicherer Schulbesuch außerhalb nicht garantiert werden könne. »Aber diese Ausgaben dürfen nicht ausgeklammert werden!« Jedes Kind im Land habe ein Recht auf passenden Schulunterricht. Derzeit würden letztendlich die jüdischen Eltern dafür zur Kasse gebeten.

Noch allerdings ist das letzte Wort in dieser Frage nicht gesprochen. Jigal Schrijver will »sehr gern« erneut mit dem Bildungsdezernat sprechen. »Gerade weil wir keine normale Schulgemeinschaft sind, ist es wichtig, dass die Stadt Amsterdam sehr sorgfältig auf unsere Anfragen und Bedürfnisse schaut.«

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025

Österreich

»Geschichte wurde schon immer politisiert«

Die US-Historikerin Sarah Abrevaya Stein über Gier, Künstliche Intelligenz und den Baron-Wissenschaftspreis

von Stefan Schocher  09.07.2025