Portugal

»Quelle des Lebens«

Festakt: Die Kadoorie ist die größte Synagoge auf der Iberischen Halbinsel. Foto: Kevin Zdiara

Für einen Tag ist die Synagoge Kadoorie – Mekor Haim in der nordportugiesischen Stadt Porto zum Leben erwacht. Wo sich ansonsten nur Schulklassen und an Schabbat die kleine jüdische Gemeinde versammeln, kamen kürzlich knapp 300 geladene Gäste aus dem In- und Ausland – darunter der israelische Botschafter in Portugal, Ehud Gol – zusammen, um das 75. Jubiläum der Synagoge zu begehen.

Nur wenige Autominuten außerhalb des Stadtzentrums, abseits von den gängigen Touristenrouten und Portweinkellern befindet sich die größte Synagoge auf der Iberischen Halbinsel. Der Gebetsraum hat eine Fläche von rund 220 Quadratmetern, die Wände des Gebäudes sind knapp 14 Meter hoch. Der monumentale Bau verbindet sowohl moderne als auch orientalisch-sefardische Elemente und ist mit typischen portugiesischen »Azulejos«, Wandkacheln, dekoriert.

Barros Basto Gegründet wurde die jüdische Gemeinde in Porto 1923 von Hauptmann Artur Carlos de Barros Basto, der der Gemeinschaft mit dem Bau der Synagoge Kadoorie – Mekor Haim ein bleibendes Vermächtnis hinterlassen hat. Er plante zusammen mit mehreren portugiesischen Architekten das Gebäude und beaufsichtigte dessen Errichtung von 1929 bis 1938.

Barros Basto verband damit die Hoffnung auf eine Wiederbelebung jüdischen Lebens in Portugal. Durch den Synagogenbau wollte er den Juden im Land »einen besonderen Begriff der Religion ihrer Eltern« geben. Die Synagoge sollte aber auch die Verbindung der portugiesischen Juden zu den Juden in anderen Teilen der Welt symbolisieren. Ende der 30er-Jahre wurde Barros Basto jedoch Opfer eines antisemitischen Unrechtsurteils, das erst 2012 wieder aufgehoben wurde.

Die Feier fiel nicht zufällig auf den Holocaust-Gedenktag. Portugal habe mit der Inquisition im 16. Jahrhundert und der Verurteilung Barros Bastos’ ebenfalls seinen Teil in der Geschichte des Antisemitismus gespielt, sagte Dale Jeffries, Präsident der jüdischen Gemeinde Porto. Doch gerade wegen dieser Vergangenheit sei die Synagoge Mekor Haim (»Quelle des Lebens«) auch ein Symbol des Kampfes für die Freiheit.

Rehabilitierung An den Feierlichkeiten nahm auch der Abgeordnete der regierenden Partei PSD, Carlos Abreu Amorim, teil. Er verfasste die Resolution, die im vergangenen Jahr zur Rehabilitierung von Barros Basto führte. Sein Engagement erklärt Amorim mit einer Verpflichtung gegenüber den Idealen der demokratischen Revolution von 1974. »Ohne eine Rehabilitierung von Barros Basto«, so der Abgeordnete in einem Gespräch, »wäre die Idee der Menschenrechte in Portugal niemals vollkommen gewesen.« Dem schloss sich der Präsident der portugiesischen Anwaltskammer Antonio Marinho e Pinto an. Er betonte in seiner Rede, dass die Flammen der Inquisition noch nicht vollständig erloschen seien und es deshalb wichtig sei, sich für Demokratie, Freiheit und Menschenrechte einzusetzen.

Rabbiner Abraham Serruya, der eigens aus Buenos Aires angereist war, erinnerte sich an seinen ersten Besuch in Porto vor 40 Jahren. Damals habe er in der Synagoge geweint, weil das leere Gotteshaus ein so trauriger Anblick gewesen sei. Heute jedoch sei er zuversichtlich, dass die jüdische Gemeinde in Porto eine Zukunft habe.

Ein Blick in den Saal der Synagoge bestätigte die Hoffnung von Rabbiner Serruya. Die Gemeinde hat zwar offiziell nur 39 Mitglieder, aber man sieht an diesem Tag unter den Gästen in der Synagoge viele junge Gesichter und Kinder. Auch Carlos Abreu Amorim zeigte sich hoffnungsvoll. Er gehe davon aus, so der Abgeordnete, dass mit Barros Bastos Rehabilitierung und dem Jubiläum eine neue Phase für die jüdische Gemeinde in Porto und die portugiesisch-jüdische Geschichte begonnen habe.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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