Brasilien

»Politisch korrekter Antisemitismus«

Anti-Israel-Demonstration vor einer Kirche in São Paulo Foto: dpa

Zehn Jahre alt ist sie inzwischen, die anti-israelische Boykottbewegung BDS (Boycott, Divestment, Sanctions). Seit Anfang des Jahres wird sie in Brasilien auch von mehr als 200 Professoren vorwiegend staatlicher Universitäten unterstützt. Ein Aufruf nennt als erste Forderung »das Ende der Besatzung und Kolonisierung aller arabischen Territorien« und betont, man sei gegen alle Formen des Rassismus, »einschließlich des Antisemitismus«.

»Scheinheiligkeit auf allerhöchstem Niveau« und »politisch korrekten Antisemitismus« nennen dies viele Juden in Brasilien. In ihre Kommentare mischen sich eine Prise Galgenhumor und viel Bitterkeit. »Für solche Akademiker ist Israels Demokratie schlimmer als islamische Diktaturen; sie brandmarken die Jerusalemer Regierung gar als faschistisch«, bekommt man in ersten wütenden Reaktionen zu hören.

Hamas Dem Professoren-Aufruf fehlt jegliche Distanzierung von den fast täglichen Terrorattacken gegen jüdische Zivilisten in Israel. Die fehlt auch immer dann, wenn die brasilianischen Hamas- und Hisbollah-Filialen gemeinsam mit islamischen Organisationen, studentischer Jugend und sogar hohen Funktionsträgern der regierenden Arbeiterpartei (PT) auf die Straße gehen und ganz offen und lautstark die Vernichtung Israels predigen. »Holocaust in Gaza – Viva Hamas! Der Kampf der Hamas ist gerecht«, schallen dann Sprechchöre durch die Straßenschluchten von Millionenstädten wie São Paulo.

»Boykottaufrufe wie der jüngste sind beunruhigend und zutiefst ungerecht. Sie zeigen wachsenden Judenhass«, sagt Fernando Lottenberg, Präsident der jüdischen Dachorganisation Confederação Israelita do Brasil (CONIB). Auch diese neueste Initiative helfe nicht, die schwierigen Probleme im Nahen Osten zu lösen. Wieder einmal tarne sich Antisemitismus als Antizionismus.

Für Lottenberg ist bemerkenswert, dass der Botschafter der Palästinensischen Autonomiebehörde in Brasilia, Ibrahim al-Seben, ebenfalls die BDS-Bewegung ablehnt. »Er hat vergangene Woche zum ersten Mal an unserer Feierstunde zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust teilgenommen – und öffentlich betont: ›Ich unterstütze BDS nicht, denn er richtet sich auch gegen uns‹.«

Hasskampagne Für Lottenberg ist wichtig, klar zwischen legitimer Kritik an Israels Regierung und Hasskampagnen zu unterscheiden, wie sie auch von islamistischen Extremistenorganisationen geführt werden. Die Lektionen aus dem Holocaust seien nicht gelernt worden, sagt Lottenberg und verweist auf die Terroranschläge von Paris sowie die Angst mancher europäischer Juden, überhaupt noch aus dem Haus zu gehen.

Lottenberg hat große Zweifel, ob der Aufruf brasilianischer Uni-Professoren zum akademisch-kulturellen Boykott Israels erfolgreich sein wird. Derartige Aktionen blieben auf bestimmte Zirkel beschränkt und seien in der gesamten Öffentlichkeit nicht gut angesehen, betont er. Brasilien importiert viel Hightech aus Israel und ist zudem auf israelische Impfstoffe angewiesen.

Der wissenschaftlich-kulturelle Austausch zwischen beiden Ländern blüht seit Jahrzehnten. So trat Roberto Carlos, Brasiliens populärster Sänger und Komponist, 2011 mit Riesenerfolg in Jerusalem auf, sang die Stadthymne in hebräischer Sprache und wurde vom damaligen Staatspräsidenten Schimon Peres empfangen. Sehr zum Ärger der brasilianischen Juden- und Israelhasser gibt es eine DVD und eine CD von der Tournee.

Als im Jahr darauf, 2012, die auch in Deutschland bekannte Bahia-Popsängerin Daniela Mercury erneut in Israel singen wollte, zog Brasiliens BDS-Front alle Register und organisierte öffentlichen Druck. Man verfasste ein Manifest (»Daniela, sing nicht in Israel!«), das die größten nationalen Gewerkschaften, linke Parteien und islamische Organisationen unterzeichneten. Doch Daniela Mercury pfiff darauf, flog nach Israel und wurde beim Tel Aviv White City Musical Festival bejubelt.

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  09.09.2025 Aktualisiert

Belgien

Aus der Straße des Antisemiten wird die Straße der Gerechten

In Brüssel gibt es jetzt eine Rue Andrée Geulen. Sie ist nach einer Frau benannt, die im 2. Weltkrieg mehr als 300 jüdische Kinder vor den deutschen Besatzern rettete. Doch bei der Einweihung herrschte nicht nur eitel Sonnenschein

von Michael Thaidigsmann  08.09.2025

Vuelta

Spanischer Radprofi Romo stürzt wegen Protestaktion

Die »propalästinensischen« Proteste bei der Spanien-Rundfahrt nehmen kein Ende. Auf der 15. Etappe ist es zu Stürzen gekommen

 07.09.2025

Österreich

Eine Legende feiert den jüdischen Zusammenhalt

Vor genau 100 Jahren wurde der SC Hakoah erster Profi-Fußballmeister. Der Verein hatte damals eine Mannschaft von Weltrang. Es gibt ihn nach wie vor – nur etwas anders

von Stefan Schocher  07.09.2025

London

Heftige Gewalt gegen Beamte bei »propalästinensischem« Protest

Bei »propalästinensischen« Protesten kam es im Herzen Londons zu heftigen Ausschreitungen gegen Polizisten

 07.09.2025

Mallorca

»Die Freitagsgottesdienste sind sehr gut besucht«

Der neue Rabbiner Eliahu Bar-Geva über Gemeinsamkeiten und seine Pläne für die Zukunft der jüdischen Gemeinde auf der Ferieninsel

von Linn Vertein  07.09.2025

Fürth

Ruth Weiss ist gestorben

Sie engagierte sich ihr Leben lang gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit. Nun ist die in Franken geborene Schriftstellerin mit 101 Jahren gestorben

 05.09.2025 Aktualisiert

USA

Aus Prinzip einfach

Wie die Kochbuchautorin Adeena Sussman die jüdische Küche noch populärer macht

von Sarah Thalia Pines  04.09.2025

Der Vorfall ereignete sich vergangene Woche im AZ Zeno Campus-Krankenhaus in Knokke-Heist in Belgien.

Belgien

Antisemitischer Arzt diskriminiert jüdisches Mädchen

Der Radiologe notierte auf dem Diagnoseblatt »jüdisch (Israel)« und teilt in seinen Social-Media-Konten antisemitische Karikaturen

von Nicole Dreyfus  02.09.2025