Niederlande

Podcast, App und Ausstellungen

Blick über die Amstel auf die Stopera, das Stadhuis und die Oper Foto: Pieter Lamberts

Was die Amsterdamer »Stopera« nennen, ist ein Gebäudekomplex im Herzen der Stadt. Gemeinhin gilt Stopera als Kürzel für Stadhuis (Rathaus) und Opera (Oper). Als das Bauwerk in den 80er-Jahren auf den Resten des alten jüdischen Viertels auf der künstlichen Insel Vlooienburg errichtet werden sollte, waren viele Amsterdamer dagegen. Der Begriff Stopera brachte den Unmut auf einen Nenner: Stop Opera – Stopt die Oper.

Die Stopera wurde trotzdem gebaut, aber jetzt gibt es Ideen, mittels eines Pilotprojekts das, was Vlooienburg einmal war – das Herz der jüdischen Gemeinschaft Amsterdams –, neu ins Licht zu rücken.

»Das Projekt ist eine Koopperation der Stadt Amsterdam, der Universität und des Jüdischen Kulturellen Viertels«, erklärt Julia van der Krieke, Projektleiterin und Postdoktorandin im Fach Jüdische Studien. Sie koordiniert das Ganze nicht nur, sondern schreibt auch an einer wissenschaftlichen Arbeit über die gesellschaftliche Stellung der ersten jüdischen Gemeinschaft auf Vlooienburg in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts.

ENTSTEHUNG Die Insel war ab etwa 1590 aufgeschüttet worden, als die Bevölkerung Amsterdams rasant wuchs und man neuen Wohnraum benötigte. Hier fanden unter anderem Juden aus Osteuropa, auf der Flucht vor Pogromen, eine sichere Bleibe und brachten nebenbei eine neue Tradition mit: das Einlegen von Gurken und Zwiebeln. Damit und mit handwerklichen Arbeiten kamen sie jahrhundertelang über die Runden, mehr recht als schlecht, denn Vlooienburg ist immer ein dürftiges Viertel geblieben.

Trotzdem oder gerade deshalb war die jüdische Seele der Stadt gerade hier zu Hause. Die Schoa setzte dem ein jähes Ende. Die Bewohner wurden deportiert, und nur die wenigsten kehrten zurück. Im letzten Kriegswinter – es gab kaum Holz und Kohle – entnahmen die Nachbarn aus den leer stehenden und heruntergekommenen Häusern alles, was brennbar war, und beheizten die eigenen vier Wände. Mehr als 30 Jahre später wurde dann die Stopera gebaut, und von den architektonischen Zeugnissen der jüdischen Geschichte Vlooienburgs blieb nichts mehr übrig.

Dem wollte Bart Wallet, Professor für Jüdische Studien an der Universität von Amsterdam und Initiator des Projekts, entgegensteuern. Er kam auf die Idee, disziplinübergreifend zusammenzuarbeiten und so verschiedene Sammlungen – zum Beispiel die des Jüdischen Museums – und bereits vorhandene Kenntnisse zu bündeln.

Geschichte »Es ist natürlich schwierig, die ganze Geschichte Vlooienburgs zu rekonstruieren, denn sie umspannt rund 350 Jahre. Das ist auch nicht unser Anliegen«, sagt van der Krieke. »Die drei Instanzen, die in diesem Pilotprojekt zusammenarbeiten, möchten auf unterschiedliche Weise die Vergangenheit der jüdischen Gemeinschaft auf Vlooienburg herausstellen, zum Beispiel durch Kulturveranstaltungen, Podcasts, eine App, Ausstellungen und mehr. Wir wollen hineinzoomen in Individuen, Geschehnisse, jüdische Feiertage, auf alles, was Amsterdamer und Besucher interessiert.«

Eine Idee sei, »etwas mit Spinoza zu machen«, dem wohl berühmtesten niederländischen Philosophen. Seine Familie lebte an einer Gracht mit Blick auf Vlooienburg. Dort hat er seine Ideen entwickelt, und da sprachen die Rabbiner den Bann über ihn aus, denn er war Freidenker. Spinoza zog weg und kehrte nie wieder zurück. Eine Statue in der Nähe der Stopera erinnert an ihn.

Es gibt genügend Anhaltspunkte, um die Geschichte Vlooienburgs hervorzuheben und der Bevölkerung Amsterdams sowie Touristen die jüdische Geschichte nahezubringen. Jeder ist zum Mitdenken eingeladen. Projektleiterin Julia van der Krieke hofft auf viele E-Mails mit Anregungen.

j.c.vdkrieke@uva.nl

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Großbritannien

Unterhaus: Palestine Action als Terrororganisation eingestuft

Mitglieder der radikalen Anti-Israel-Gruppe waren im Juni auf einen britischen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen und hatten dort Flugzeuge beschädigt

 03.07.2025

Ukraine

Putins Krieg und Trumps Frieden

Während sich die Medienaufmerksamkeit auf Nahost konzentriert, bombardiert Russland weiterhin das Land. Nun schlägt sogar der US-Präsident neue Töne an

von Michael Gold  03.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025

Glastonbury Festival

Kritik an antiisraelischen Parolen

Neben der Musik sorgt Hetze gegen Israel für Aufsehen – mit Folgen für die BBC, die alles live übertragen hat

 29.06.2025

Glastonbury

Bob Vylan ruft »Death, death to the IDF« – BBC überträgt es

Beim größten Open Air Festival Großbritanniens rufen Musiker antiisraelische Parolen

 28.06.2025

Militär

Name des schwulen Bürgerrechtlers Harvey Milk von US-Kriegsschiff gestrichen

Das nach Milk benannte Versorgungsschiff heißt jetzt »USNS Oscar V. Peterson«

 28.06.2025

Meinung

Francesca Albaneses Horrorshow

Die UN-Berichterstatterin verharmlost den Hamas-Terror und setzt die Israelis mit den Nazis gleich. Mit ihren Ansichten tourt sie nun durch die Schweiz

von Nicole Dreyfus  30.06.2025 Aktualisiert