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Netzwerk für Twens

Kippa auf! Die Moishe-Häuser wollen die Jüdischkeit der Zwanzig- bis Dreißigjährigen stärken. Foto: Moishe Houses

Ben Levinson, 28, ist in St. Louis, Missouri, geboren und aufgewachsen. Nach dem Studium kehrte er zurück und musste feststellen, dass die meisten jüdischen Freunde, mit denen er seine Kindheit verbracht hatte, weggezogen waren.

Das ist nichts Ungewöhnliches. St. Louis gehört zu den vielen amerikanischen Großstädten, in denen der jüdische Bevölkerungsanteil abnimmt. Und wie überall sind es die jungen Menschen, die zuerst wegziehen. Auch Levinson hatte überlegt, St. Louis zu verlassen. »Doch dann fing ich an, mich bei Moishe House zu engagieren. Und nicht zuletzt deshalb bin ich geblieben.«

Moishe House ist eine überregionale Organisation. Sie gibt Gruppen von drei bis fünf Juden zwischen 20 und 30 Jahren Mietzuschüsse und ein Budget für die Programmgestaltung unter der Bedingung, dass sie sich einverstanden erklären, in zentrumsnahen Stadtvierteln mit einer hohen Anzahl von jungen Juden zu leben.

Voraussetzung für die Unterstützung ist, dass sie ihre Wohnung zu einem Mittelpunkt für regelmäßige jüdische Aktivitäten machen, die sich unmittelbar an ihre Altersgenossen richten.

Mahlzeiten Was 2006 mit einem einzigen Haus in San Francisco begann, ist inzwischen auf ein Netzwerk von 36 Häusern in 14 Ländern angewachsen – 22 davon in den USA. Mehr als 40.000 junge Juden nehmen jedes Jahr an den Veranstaltungen in Moishe-Häusern teil. Geboten wird alles, von Schabbatmahlzeiten über jüdische Studien bis hin zu Dienstleistungsprojekten und geselligen Zusammentreffen.

»Wir erhalten viele Bewerbungen«, sagt David Cygielman (29), Gründer und Geschäftsführer der Organisation. Das ursprüngliche Ziel bestand darin, jungen Juden beim Aufbau ihrer eigenen Form von Gemeinschaft und der Beantwortung der Frage, welche Bedeutung ihr Judentum für sie hat, zu helfen.

Während die Organisation wuchs, begriffen viele Verantwortliche in den Stiftungen und jüdischen Verbänden, dass diese von Gleichaltrigen geleiteten Häuser voll pulsierender jüdischer Energie eine gute Möglichkeit bieten, das Interesse der jüngeren Generationen am jüdischen Gemeindeleben zu wecken – besonders in jenen Städten, aus denen viele junge Juden weggehen.

Die Stiftungen und Verbände ließen sich die Sache etwas kosten. Eine Reihe von Moishe-Häusern erhielt Zuwendungen von privaten Sponsoren. Heute kommt der größte Teil des Geldes von Stiftungen und jüdischen Vereinigungen vor Ort. Moishe-Häuser werden nur in Großstädten eröffnet, wo die lokale Unterstützung gesichert ist.

baltimore »Sie ziehen Hunderte von jungen Erwachsenen an, etwas, was wir nie geschafft haben«, meint Michael Hoffman, Vizepräsident der Vereinigung Jüdischer Gemeinden in Baltimore. »Und sie bringen unglaublich viel für wenig Geld.« Man überlegt jetzt, zwei neue Moishe-Häuser zu gründen, eines davon speziell für junge Familien.

Laut Aussagen der Bewohner der Moishe-Häuser sorgt die Schaffung lebendiger und aktiver Zentren für jüdisches Leben dafür, dass junge Juden dableiben. Das stärkt vor allem in den Städten mit rückläufiger jüdischer Bevölkerung die Ge- meinden von Grund auf.

»Wir erleben es sogar in Ländern der ehemaligen Sowjetunion, wo wir in Gomel in der Ukraine und im russischen Saratow Häuser haben«, sagt Cygielman. Eine vor Kurzem durchgeführte Untersuchung ergab, dass ungefähr die Hälfte der Menschen, die zu einer Veranstaltung in einem Moishe-Haus kommen, auch gern in einem wohnen würden.

Die 23-jährige Laura Taishoff wohnt in einem Moishe-Haus in New Orleans, einer Stadt, wo viele der jungen Juden von außerhalb stammen. Sie sagte, das Haus biete all jenen, die an den jüdischen Feiertagen nicht nach Hause fahren können, einen vertrauten Ort, um zu feiern. »Für die Hohen Feiertage ist vonseiten der Synagogen gesorgt, aber wir geben auch jede Menge Schabbat-Abendessen«, erklärt sie. »Es ist nicht so, dass junge Juden keine Lust haben, sich religiös zu engagieren, aber sie brauchen einen geeigneten Platz dafür.«

Rückgang Im Juni eröffneten sechs junge Juden das erste Moishe-Haus in Detroit, in einem historischen Bezirk im Stadtzentrum, der wieder mit Leben gefüllt werden soll. Ihr Ziel ist es, andere junge Juden zu überzeugen, es ihnen nachzutun und in die Stadt zurückzukehren, die ihre Eltern und Großeltern verlassen haben.

Eine Studie ergab vergangenes Jahr, dass 67.000 Juden in der Stadt leben. Das bedeutet einen Rückgang um 5.000 jüdische Einwohner seit 2005. »Eines unserer größten Probleme ist, dass wir keinen zentral gelegenen Treffpunkt haben, wo junge Juden zusammenkommen können, um etwas zu unternehmen«, erklärt Jordan Wolfe (28), gebürtiger Detroiter und einer der Hausbewohner. »Ein solcher Treffpunkt muss in der Innenstadt liegen. Unsere Generation sehnt sich nach Kultur und Vielfalt.«

Eines der ersten Projekte des Detroiter Moishe-Hauses ist eine für Ende August geplante Baseball-Veranstaltung zur Spendenbeschaffung. Das Geld soll dazu verwendet werden, jungen Juden, die versprechen, in die Innenstadt zu ziehen, bei der Mietzahlung unter die Arme zu greifen. Die jungen Leute sollen dann ihrerseits Gastgeber für eine oder zwei jüdische Veranstaltungen sein, etwa für ein Schabbatessen.

Adam Finkel, ein 24-jähriger Detroiter, der dafür kämpft, dass seine Altersgenossen in der Stadt wohnen bleiben, sammelte 80.000 Dollar, um das Haus in Detroit zu eröffnen, nachdem er vergangenen Herbst ein Moishe-Haus in San Francisco besucht hatte. »Die Erfolgsbilanz des Projekts überzeugt«, sagt er. Es habe ein funktionierendes Konzept, einen Markennamen, der Anklang finde und eine auf lokaler und nationaler Ebene etablierte Führungsstruktur.

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