Das NS-Dokumentationszentrum München präsentiert vom 29. Juni bis 7. Januar das Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos. Unter dem Titel »Wichtiger als unser Leben« wird diese zum Unesco-Weltkulturerbe zählende Sammlung gezeigt, wie das Museum am Dienstag im München mitteilte. Zu sehen seien etwa ein Dutzend Originalexponate des Archivs sowie Reproduktionen und historische Filmausschnitte.
Die Geschichte des Ghettos und des Holocaust werde aus einer »radikalen Innenperspektive« der jüdischen Bevölkerung erzählt, so Zadoff. Die Schau läuft in Kooperation mit dem Jüdischen Historischen Institut Warschau.
Zum Hintergrund: Nach dem Überfall der Wehrmacht auf Polen errichteten die deutschen Besatzer 1940 im Zentrum Warschaus ein Ghetto. Dorthin wurde die jüdische Bevölkerung der Stadt und des Umlands zwangsumgesiedelt. Bis zu 460.000 Menschen waren auf rund drei Quadratkilometern zusammengepfercht. Ab 1942 wurden sie ins Vernichtungslager Treblinka deportiert.
Beispiellose Sammlung Um das Geschehen für die Nachwelt zu dokumentieren, initiierte der Historiker Emanuel Ringelblum (1900-1944) eine beispiellose Sammlung. Sie besteht aus rund 35.000 Seiten - darunter Notizen, Tagebucheinträge, Schulaufsätze, Fotos und Zeichnungen. Sie zeigen, wie hunderttausende Juden im Warschauer Ghetto zu überleben versuchten und sich in geheimen Schulen, Konzerten und Theateraufführungen einen Rest menschenwürdiger Existenz bewahrten.
Dieses Archiv gilt laut Ausstellungsankündigung als herausragendes Beispiel jüdischer Selbstbehauptung während der Schoah. Es sei der erste Versuch, den von Deutschen initiierten Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas noch während des Geschehens zu dokumentieren. Unter den Gefangenen des Ghettos war auch der spätere Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki.
Ergänzend zeigt das NS-Dokuzentrum vom 20. Oktober bis 25. Februar 2024 polnische Gegenwartskunst. Die Künstlerinnen und Künstler setzen sich unter dem Motto »Materializing« in ihren Werken mit Erinnerungen und materiellen Spuren des Holocaust auseinander.
Vom 7. bis 24. September wird zudem eine Installation neuerer Arbeiten der ukrainischen Künstlerin Zhanna Kadyrova präsentiert, die als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine entstanden sind. kna