Frankreich

Madame Bardots Gespür für Kühe

Ein Großteil des koscheren Fleischs in Deutschland wird aus Frankreich eingeführt. Dort ist dieser Tage wieder einmal die tierethische Diskussion um die vermeintliche Grausamkeit des jüdischen und muslimischen Schächtens entbrannt. Neu aufgewärmt wurde der zähe Debattenklassiker durch eine Kampagne von sechs Tierschutzorganisationen, die seit Anfang des Jahres im ganzen Land mehr als 2.000 Poster plakatieren. Sie wollen damit Gesetze erwirken, die das Betäuben der Tiere vor der Schlachtung vorschreiben. Neben dem Bild einer Kuh prangt auf den Plakaten der eindrückliche Satz: »Diesem Tier wird bei lebendigem Leibe und ohne Betäubung unter großen Qualen die Kehle durchgeschnitten. So sieht die rituelle Schlachtung aus.«

Feindschaft Neben dem Rinderkopf hat die Kampagne vor allem ein Gesicht: das der ebenso legendären wie umstrittenen Schauspielerin Brigitte Bardot, deren Tierschutzstiftung zu den Unterstützergruppen gehört. In den 60er-Jahren als erotische Ikone des französischen Films gefeiert, macht die mittlerweile 76-Jährige heute vor allem durch die Nähe zur rechtsradikalen Front National und ihre Feindschaft gegen Muslime und Schwule von sich reden.

Daher mutmaßen nicht wenige Juden und Muslime, dass sie mit ihrer Aktion vor allem die Stigmatisierung von Minderheiten erreichen wolle. So fragt sich der Straßburger Rabbiner Mendel Samama, warum Bardot zum Beispiel keine Kampagne gegen den französischen Volkssport, das (im Judentum verbotene) Jagen, losgetreten habe. Kamel Kabtane, Rektor der Großen Moschee von Lyon, unterstellt der mehrfach wegen Volksverhetzung verurteilten Bardot fremdenfeindliche Motive: »Niemand kann sagen, ob das Schächten die Tiere mehr leiden lässt. Studien zeigen, dass beide Schlachtarten für das Tier ähnlich sind. Es besteht ein Wille, Juden und Muslimen zu schaden.«

Dass die Kampagne dazu geeignet sein könnte, befand im November auch die staatliche Werbeaufsicht. So wurde die Aktion damals verboten, da auf den ursprünglichen Plakaten die Worte »Halal« und »Koscher« noch explizit genannt wurden, was als zu diskreditierend betrachtet wurde.

Vorerst fordert die Initiative allerdings kein prinzipielles Verbot des Schächtens. Vielmehr solle für den Verbraucher transparent gemacht werden, wie das Fleisch produziert wurde. Denn 60 Prozent der rituell geschlachteten Erzeugnisse landeten ohne Zertifikat im konventionellen Handel. Erst vor fünf Wochen lehnten die EU-Verbraucherminister einen auf Druck von Tierschützern beschlossenen Gesetzesänderungsantrag ab und entschieden: Geschächtetes Fleisch muss nicht als solches gekennzeichnet werden.

USA

Der Lautsprecher

Howard Lutnick gibt sich als Architekt der amerikanischen Zollpolitik. Doch der Handelsminister macht sich mit seiner aggressiven Art im Weißen Haus zunehmend Feinde

von Sebastian Moll  18.04.2025

Ungarn

Die unmögliche Geige

Dies ist die zutiefst berührende Geschichte eines Musikinstruments, das im Todeslager Dachau gebaut und 70 Jahre später am Balaton wiedergefunden wurde

von György Polgár  17.04.2025

Medien

Noa Argamani ist auf der »Time 100«-Liste

Alljährlich präsentiert das »Time Magazine« die 100 einflussreichsten Menschen der Welt. 2025 ist auch eine freigelassene israelische Geisel dabei

 17.04.2025

USA

Neuauflage von Weinstein-Prozess startet

Vor gut einem Jahr überraschte ein Gericht in New York die Welt und hob das historische Vergewaltigungsurteil gegen Harvey Weinstein auf. Nun wird über die Vorwürfe erneut verhandelt

von Benno Schwinghammer  14.04.2025

Türkei

Die Optimistin

Liz Behmoaras schrieb über das jüdische Leben im Land – und für das Miteinander. Ein Nachruf

von Corry Guttstadt  14.04.2025

Ägypten

Gefährliches Paradies

Der Sinai ist einer der wenigen Urlaubsorte im Ausland, den Israelis auf dem Landweg erreichen können. Gern auch zu Pessach. Aber zu welchem Preis?

von Matthis Kattnig  11.04.2025

Feiertag

Putzen, Plagen, Playmobil

Neben Mazza und Haggada bietet Pessach Raum für ganz neue, individuelle Rituale. Wir haben uns in sieben Familien in Europa und Israel umgehört

von Nicole Dreyfus  11.04.2025

Israel-Boykott

Johnny Rotten nennt Hamas »einen Haufen von ›Judenvernichtern‹ «

Eine irische Zeitung hat versucht, den Ur-Punk Johnny Rotten vorzuführen, der sich kraftvoll gegen einen Boykott Israels wehrt. Das ging gründlich schief

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025

USA

Eine Hochschule und ihr LGBTQ-Klub

Die einen feiern den »Meilenstein für queere Juden«, die Yeshiva University rudert zurück. Nicht nur die orthodoxe Gemeinschaft ist verwirrt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.04.2025