USA

Kol Nidre an der Wall Street

Jom Kippur im Zuccotti-Park Foto: ECS

Ein ungewöhnliches Schauspiel: Vor dem Bankhaus Brown Brothers Harriman am Broadway beten am Freitagabend Hunderte das Kol Nidre. New Yorker Juden jeden Alters wollen »Occupy Wall Street« ihre Solidarität zeigen, der Bewegung aus mehreren Hundert Besetzern, die seit rund drei Wochen im Park gegenüber an der Liberty Street campieren. Sie protestieren gegen übermächtige Banken und Ungleichheit.

Um sieben am Abend fangen vier Rabbiner und eine Rabbinerin an, traditionelle Jom-Kippur-Lieder zu singen. Die Menge – mehr als 500 Menschen – schließt sich an. Manche Männer tragen Kippa und Gebetsschal. In einer Ecke stehen zwei Dutzend Polizisten. Die Beter bitten um das Ende von Rassismus, Klassenherrschaft und der Diskriminierung von Schwulen und Lesben.

Knechtschaft Zwei linke Gruppen, »Jews for Racial and Economic Justice« und das »Shalom Center«, haben die Feier organisiert und auf Facebook dazu aufgerufen. »Der Bibel zufolge sollen wir die Hungrigen speisen, den Obdachlosen Herberge geben und das Band der Knechtschaft brechen«, sagt Daniel Sieradksi, einer der Organisatoren. Auch die orthodoxe Rabbinical Assembly unterstützt das Anliegen und verteilt Gebetbücher.

Derweil tobt um die Beter das bunte Leben: Am Rande des Platzes bieten arabische Imbissbuden Halal Food an, und Neugierige schießen Fotos. Occupy Wall Street mit seinen Dauerdemos und Trommelsessions hat sich inzwischen zu einer Touristenattraktion entwickelt. Einige der Beter bleiben nach dem Gottesdienst bei den Besetzern im Matratzenlager, da sie in dieser Nacht nicht Auto fahren dürfen.

Unterstützung Auch viele der Aktivisten und Intellektuellen, die Occupy Wall Street unterstützen, sind jüdisch. Die kanadische Autorin Naomi Klein (Die Schock-Doktrin, No Logo) versicherte den Demonstranten ihre Solidarität, George Soros tat das Gleiche. Columbia-Professor Joseph Stieglitz hielt der Menge einen Vortrag, und Paul Krugman von der New York Times findet, die Besetzer hätten durchaus richtige Ziele.

Konservative Kreise allerdings werfen den Parkbesetzern Antisemitismus vor. So schreiben die orthodoxen Yeshiva World News, im Internet zirkulierten Videos aus dem Dunstkreis von Occupy Wall Street. Darin heiße es, Juden profitierten von der Wirtschaftskrise.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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