Texas

Jüdischer Todeskandidat – antisemitischer Richter

Soll einen Polizisten umgebracht haben: Randy Halprin Foto: dpa

Bekommt Randy Halprin einen neuen Prozess? Darauf hofft der jüdische Texaner, der am 10. Oktober für seine Beteiligung an einem Polizistenmord an Weihnachten 2000 sterben soll. Der Staatsanwalt von Dallas, Marc Stanley, unterstützt die Forderung von 100 jüdischen Anwälten nach einem neuen Strafverfahren wegen Befangenheit des Richters.

»Ich vermute zwar, dass er schuldig ist«, sagt Stanley über Halprin, der mit sieben Ausbrechern, den sogenannten Texas Seven, an Weihnachten 2000 ein Geschäft für Jagd- und Sportgewehre überfallen hatte; »aber ich glaube, dass er nie ein faires Verfahren hatte«.

RASSISTISCH Das liegt an Richter Vickers Cunningham, der Halprin 2003 im Dallas Bezirksgericht zum Tod verurteilt hatte. Als Cunningham 2018 erfolglos für ein öffentliches Amt kandidierte, machte er mit rassistischen Aussagen Schlagzeilen. In einem Interview sagte er etwa, er würde seine Kinder enterben, wenn sie nicht weiße Christen heirateten.

Der Richter hatte den Angeklagten während des Prozesses als einen »f...ing jew« beschimpft.

Halprins Anwälte und die Medien recherchierten - und förderten Cunninghams rassistisches Weltbild zu Tage. Der Richter hatte den Angeklagten während des Prozesses als einen »f...ing jew« (verf...ten Juden) und einen mitangeklagten Latino als »wetback« tituliert (Nassrücken; Schimpfwort für illegale Einwanderer aus Mexiko, die gerade durch den Rio Grande geschwommen sind).

Die »Dallas Morning News« berichteten unter Berufung auf Freunde und Familien, dass der Richter »niemanden mochte, der nicht seiner Rasse, seiner Religion oder seinem Glaubens angehörte«. Sein eigener Bruder bezeichnete ihn gegenüber der Zeitung als Rassisten. Cunningham weist alle Anschuldigungen zurück.

VORURTEILE Die Anwälte des 41-jährigen Todeskandidaten verlangen angesichts der neuen Details vom zuständigen Berufungsgericht von Texas einen neuen Prozess. Halprin habe ein verfassungsmäßiges Recht auf ein ordentliches Verfahren. Dies sei nicht gewährleistet gewesen, weil Cunningham »tief sitzende Vorurteile gegenüber nicht weißen, nicht christlichen Menschen« gepflegt habe.

Eine Gruppe mehrerer jüdischer Organisationen und 100 jüdischer Anwälte des Bundesstaates reichte zuletzt einen sogenannten Amicus-Brief beim Staatsgericht ein. Damit können Personen und Organisationen, die nicht direkt an einem Prozess beteiligt sind, rechtliche Argumente und auch eine Handlungsempfehlung für ein laufendes Verfahren abgeben.

Die jüdische Anti-Defamation League kritisiert Richter Cunningham. Von ihm ein faires Urteil über Leben und Tod zu erwarten, sei schwer vorstellbar.

Unterstützt wird der Vorstoß auch von einer interreligiösen Koalition, die nicht glaubt, dass Halprin bei »dem schrecklichen Richter« eine Chance hatte. Sie bat den texanischen Generalstaatsanwalt Ken Paxton und dem Staatsanwalt von Dallas John Creuzot, das Verfahren neu aufzurollen.

TÖDLICH Bis heute ist nicht geklärt, ob die tödlichen Schüsse am Weihnachten 2000 aus der Waffe von Halprin stammten. Fest steht lediglich, dass er bei dem Überfall und dem anschließenden Zusammenstoß mit dem Polizisten eine Waffe bei sich hatte. Die Verhängung der Todesstrafe ist in Texas auch möglich, wenn der Angeklagte aktiv an einem tödlichen Verbrechen beteiligt war.

Kaum jemand bezweifelt die Schwere der Anschuldigungen. Nicht hinnehmen wollen Halprins Unterstützer aber die Vielzahl der rassistischen Kommentare des Richters; schon gar nicht die jüdischen Organisationen. Sie halten eine Hinrichtung unter diesen Umständen für völlig inakzeptabel. Die jüdische Anti-Defamation League erklärte, von jemandem wie Richter Cunningham ein faires Urteil über Leben und Tod zu erwarten, sei schwer vorstellbar.

Mit Spannung wird nun die Entscheidung des Berufungsgerichts erwartet. Die vielleicht letzte Hoffnung für Halprin, dem Henker zu entkommen.  tsp/ja

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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