»Streitraum«

Hass im Staate Orbán

Neues Ungarn: Premier Viktor Orbán (M.) und sein Kabinett Foto: dpa

Ungarns Innenpolitik ist derzeit ein heißes Thema. Wohl auch deshalb war eine Veranstaltung der Berliner Schaubühne in der Reihe »Streitraum« am Sonntag restlos ausverkauft. Vier der renommiertesten Intellektuellen Ungarns gingen dabei der Frage nach, was gegen einen stärker werdenden Antisemitismus in Ungarn zu tun sei.

Verlierergefühl Einen von der Regierung gesteuerten »politischen Antisemitismus« gebe es zwar nicht, doch die Akzeptanz antisemitischer Hetze und Ressentiments sei in den vergangenen Jahren spürbar gestiegen, sagte der Wiener Publizist Paul Lendvai mit Verweis auf aktuelle Untersuchungen. Verantwortlich dafür seien vor allem von rechtskonservativen Medien verbreitete antijüdische Haltungen, ein historisches Verlierergefühl und die fehlende Vergangenheitsbewältigung. So ist in Ungarn kaum bekannt, dass das Land schon sehr früh »Judengesetze« einführte.

Die Philosophin Ágnes Heller kritisierte, dass die Sozialisten es verpasst haben, die demokratische Gesinnung zu fördern. Rechtsradikale Meinungsmacher wie der Dichter István Csurka vergleichen die Einflussnahme der EU mit der der Sowjetunion bis 1989. Zugleich stellen sie Ungarn als ein von Israel besetztes Land dar, weil im Wirtschaftsleben auch Juden aktiv sind. Die Regierungspartei Fidesz toleriere die Verschwörungstheorien, weil sie keine Wähler an die radikale Rechte verlieren möchte.

Hasstiraden Der Pianist András Schiff, der am Sonntag mit auf dem Podium saß, wurde selbst Opfer antisemitischer Hasstiraden. Seitdem will Schiff in Ungarn weder auftreten noch das Land privat besuchen. Die Stimmung auf der Straße sei beängstigend, sagte er. Doch trotz Drohungen habe er keine Angst.

Das Land dürfe in der jetzigen Situation nicht im Stich gelassen werden; helfen jedoch müssen sich die Ungarn selbst – darin waren sich die Diskutanten einig. Deshalb wünschen sie sich eine stärkere Zivilgesellschaft, die auch konservative Stimmen mittragen. András Schiff fasste es zusammen: »Ungarns Gesellschaft braucht jetzt einen guten Arzt.«

Interreligiöser Dialog

»Das ist Verrat«

Ein Imam aus den Niederlanden nahm an einer Reise muslimischer Geistlicher nach Israel teil - prompt verlor er seinen Job

von Michael Thaidigsmann  15.07.2025

USA

Düsterer »Nice Jewish Boy«

Seinen ersten Kinofilm sah Ari Aster im Alter von vier Jahren und ist fast daran gestorben. Als junger Hollywood-Regisseur mischt er nun das Horror-Genre auf

von Sarah Thalia Pines  14.07.2025

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025