Unbekannte Täter haben in Litauen ein aus Blumenerde geformtes Hakenkreuz auf dem Bürgersteig nahe des Sitzes der litauischen Jüdischen Gemeinde in Vilnius angebracht. »Wir haben seit langem keinen so deutlich zum Ausdruck gebrachten Antisemitismus mehr gesehen«, sagte Gemeindevorsitzende Faina Kukliansky einem Bericht der Agentur BNS vom Montag zufolge.
Sie verwies darauf, dass sich der Vorfall am Sonntag gut eine Woche vor dem Holocaust-Gedenktag in Litauen zugetragen habe. Sie beklagte mangelnden Schutz seitens der Behörden. Litauens Außenminister Linas Linkevicius verurteilte den »bedauerlichen Vorfall«, die Polizei leitete Untersuchungen ein.
KONTROVERSEN Die litauische Jüdische Gemeinde hatte zuvor Anfang August angesichts von Drohbriefen zwischenzeitlich ihren Sitz und die Choral-Synagoge geschlossen - die einzige nach dem Zweiten Weltkrieg erhalten gebliebene und noch genutzte Synagoge in Vilnius.
Litauens Außenminister Linas Linkevicius verurteilte den »bedauerlichen Vorfall«.
Vorausgegangen waren Kontroversen um zwei Entscheidungen der Stadtverwaltung Vilnius, das Andenken an zwei gleichermaßen als Nationalhelden und Nazi-Kollaborateure geltende Litauer aus dem Stadtbild verschwinden zu lassen.
Beide Beschlüsse sorgten für Aufsehen in dem baltischen EU-Land und spalteten die öffentliche Meinung. Unterstützung fanden sie bei der litauischen Jüdischen Gemeinde und Kritikern, die seit Langem die Glorifizierung der beiden Mittäter am Holocaust anprangerten. Gegner der Entscheidungen verweisen auf den Einsatz der beiden Männer im Freiheitskampf gegen die Sowjetunion und Nazi-Deutschland.
NS-ZEIT Litauen wurde im Zweiten Weltkrieg abwechselnd von der Sowjetunion und Nazi-Deutschland besetzt. Während der deutschen Besatzung zwischen 1941 und 1944 ermordeten die Nationalsozialisten und einheimische Helfer mehr als 90 Prozent aller damals rund 200.000 in Litauen lebenden Juden.
Nach Kriegsende wurde der Baltenstaat bis 1990 unfreiwillig Teil der Sowjetunion. dpa