Moskaus Oberrabbiner

Goldschmidt im »Exil« bestätigt

Ist seit 1989 in der russischen Hauptstadt als Rabbiner tätig: Pinchas Goldschmidt Foto: imago images / ITAR-TASS

Pinchas Goldschmidt bleibt Oberrabbiner von Moskau, wird aber seine Gemeinde wohl vorerst aus der Ferne betreuen müssen. Der 58-Jährige wurde am Dienstag in seinem Amt bestätigt – und das, obwohl er kurz nach dem Beginn der russischen Invasion in der Ukraine das Land verlassen hat und seitdem nicht zurückgekehrt ist.

Ausschlaggebend für Goldschmidts Wiederwahl als Oberhaupt des Rabbinats der russischen Hauptstadt war einem Bericht der »Jerusalem Post« zufolge auch der Druck rabbinischer Autoritäten in Israel. Es habe nämlich in Moskau Bestrebungen gegeben, Goldschmidt als Oberrabbiner abzulösen, schrieb die Zeitung.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die israelischen Oberrabbiner David Lau und Yitzhak Yosef hatten sich in einem Brief an die Verantwortlichen gewandt. »Wir bitten darum, dass keine Änderung in der Zusammensetzung des Rabbinats und des Gerichts ohne Abstimmung mit uns vorgenommen wird, damit wir die Verbindung des Oberrabbinats von Israel mit der wichtigen jüdischen Gemeinde in der Stadt Moskau im Besonderen und in Russland im Allgemeinen fortführen können«, schrieben sie darin laut »Jerusalem Post«.

DRUCK Einem Tweet seiner Schwiegertochter Avital Chizhik-Goldschmidt zufolge war nicht nur, wie zunächst von Goldschmidts Umfeld angegeben, ein Krankenhausaufenthalt seines hochbetagten Vaters in Jerusalem der Grund für die Nicht-Rückkehr des Rabbiners nach Moskau. Es gab auch politische Gründe. So habe der Rabbiner sich geweigert, Wladimir Putins Krieg gegen die Ukraine gutzuheißen.

Sie könne nun »endlich mitteilen, dass meine Schwiegereltern, Moskaus Oberrabbiner @PinchasRabbi und Rebbetzin Dara Goldschmidt, von den Behörden unter Druck gesetzt wurden, die ›Sonderoperation‹ in der Ukraine öffentlich zu unterstützen – und sich weigerten«, so Chizhik-Goldschmidt am Dienstag auf Twitter.

Ihre Schwiegereltern seien Anfang März, zwei Wochen nach Beginn des Krieges, nach Ungarn geflogen und befänden sich nun »im Exil von der Gemeinde, die sie so lieben, die sie aufgebaut und in der sie ihre Kinder großgezogen haben«, schrieb die in New York lebende Journalistin in einem zweiten Tweet.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Die französische Tageszeitung »Le Figaro« hatte zuvor bereits berichtet, dass der Kreml und der Inlandsgeheimdienst FSB Goldschmidt bedrängt hätten. Daraufhin habe er für die Sicherheit seiner Familie gesorgt und das Land verlassen. Drei Bodyguards seien zu seinem Schutz abgestellt. Goldschmidt nahm dazu nicht Stellung. Dem russischen Exil-Onlineportal Meduza teilte einer seiner Vertreter lediglich mit, dass er auf Anraten der Europäi­schen Rabbinerkonferenz (CER) vorerst nicht nach Moskau reisen werde.

In der Moskauer Choral-Synagoge hingegen hieß es, der Oberrabbiner kehre zurück, sobald er seine persönlichen Angelegenheiten erledigt habe. Gegenüber dem russischsprachigen internationalen Fernsehsender RTVi dementierte ein namentlich nicht genannter Gemeindevertreter Mitteilungen, wonach Goldschmidt aufgrund von staatlichem Druck ausgereist sei. »Das ist eine absolute Falsch­information«, zitierte ihn RTVi.

MOTOR Goldschmidt, der seit 2011 auch Präsident der Konferenz europäischer Rabbiner ist und in dieser Funktion vor wenigen Monaten bestätigt wurde, lebt seit mehr als 33 Jahren in Moskau und ist einer der Motoren der Wiederbelebung jüdischen Lebens in Russland.

Im Gegensatz zu anderen Rabbinern gilt er nicht als Putin nahestehend. 2005 hatte die russische Regierung Goldschmidt vorübergehend die Aufenthaltsberechtigung im Land entzogen. Erst nach Druck aus dem Ausland stellte ihm die russische Regierung erneut ein Visum aus.

Goldschmidt wolle sich auf eine Anfrage der Jüdischen Allgemeinen zunächst nicht äußern. Ein CER-Sprecher bestätigte aber den Bericht der »Jerusalem Post«. Die Zeitung »Yediot Ahronot« zitierte Goldschmidt zudem mit den Worten: »Ich definiere mich nicht als Exilrabbiner. Ich bin ein Rabbiner, der nicht in seiner Gemeinde lebt.« Es gebe heutzutage eine ganze Reihe solcher Rabbiner. »Ich bin traurig über das, was hier passiert. Es ist eine Katastrophe für die Gemeinden«, sagte er im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine.

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024