Marthe Cohn, genannt Chichinette, eine französische Jüdin, die als Spionin für die Alliierten in Frankreich und in Nazi-Deutschland unterwegs war, ist im Alter von 105 Jahren gestorben. Ihre Arbeit soll unzähligen alliierten Soldaten das Leben gerettet haben. Immer wieder konnte sie das französische Militär mit Informationen über deutsche Stellungen versorgen und trug so zu mehreren wichtigen Siegen bei.
Cohn wurde 1920 als Marthe Hoffnung in eine orthodoxe Familie in Metz geboren. Aufgrund der Nähe zur deutschen Grenze hatte sie schon als Kind Deutsch gelernt, was sie als Spionin einsetzen konnte. Nach der Pogromnacht 1938 in Deutschland hatte ihre Familie anderen Juden bei der Flucht geholfen. Als der Krieg ausbrach, zogen sie ins unbesetzte Südfrankreich, von wo aus Cohn ihre Einsätze antrat.
»Bis zu meinem letzten Atemzug Zeugnis ablegen«
Dabei wussten nicht einmal ihre eigenen Kinder von den Heldentaten der mittlerweile mit höchsten militärischen Ehren und Orden ausgezeichneten Mutter. Fast 60 Jahre lang hat Marthe Cohn geschwiegen, darüber, wie sie nach dem Einmarsch der Deutschen alles tat, um ihre und andere jüdische Familien zu retten; darüber, dass ihre Schwester Stéphanie in Auschwitz ermordet und dass ihr Verlobter gefoltert und getötet wurde, und auch darüber, wie sie sich freiwillig zum militärischen Geheimdienst meldete.
2002 erschienen Cohns Memoiren »Hinter feindlichen Linien: Die wahre Geschichte einer jüdischen Spionin in Nazi-Deutschland«. Die letzten 25 Jahre ihres Lebens hat sie damit verbracht, ihre Geschichte an Schulen und in Gemeindezentren in ganz Europa und den USA zu erzählen. »Ich werde bis zu meinem letzten Atemzug Zeugnis ablegen«, hat sie ihren Zuhörern immer wieder gesagt.
2019 kam der Dokumentarfilm »Chichinette: The Accidental Spy« in die Kinos. Darin sagte sie, dass ihre Botschaft für die Menschen von heute laute: »Engagiert euch, und nehmt keinen Auftrag an, den euer Gewissen nicht gutheißen könnte.«
Cohn starb in ihrer Wahlheimat Kalifornien. ja