Europawahl 2014

Geert Wilders irritiert Juden

Gegen Euro und EU: Geert Wilders Foto: dpa

Man kann über Geert Wilders sagen, dass er fremdenfeindliche Ressentiments bediene, Muslime diskriminiere oder komplexe Sachverhalte in gefährlicher Weise vereinfache. Nicht vorwerfen kann man ihm bisher, blind zu sein gegenüber Antisemitismus. Inwieweit seine Stellungnahmen für Juden und Israel Teil seiner Anti-Islam-Strategie sind, sei dahingestellt. Doch wenn es galt, bei antijüdischen Ausfällen Partei zu ergreifen, stand Wilders in der ersten Reihe.

Juden, die ihm deshalb gewogen waren, dürften sich nun wundern: Wilders arbeitet zurzeit an einer Allianz rechter Parteien, um nach der Europawahl 2014 eine gemeinsame Fraktion im EU-Parlament zu bilden. Verbinden soll sie die Abneigung gegen Euro und EU. Vergangene Woche traf er sich zu diesem Zweck mit Marine Le Pen in Den Haag. Kandidaten für das Projekt sind neben Wilders’ Partij voor de Vrijheid (PVV) und Front National (FN) auch die Lega Nord, die Schwedendemokraten, die FPÖ und der Vlaams Belang.

Le Pen Pikant aus jüdischer Sicht: Front National, Vlaams Belang und FPÖ stammen aus einem rassistischen und explizit antisemitischen Umfeld, wovon sich die jeweilige Spitze allerdings inzwischen distanziert. Wilders, bislang um Abstand bemüht, betont, dass sich der Front National unter Marine Le Pen deutlich geändert habe.

Für Esther Voet, Direktorin des Den Haager Informations- und Dokumentationszentrums Israel (CIDI), ist diese Entwicklung besorgniserregend. Im niederländischen Fernsehen verwies sie auf Marine Le Pens Vater Jean-Marie, der mehrmals wegen fremdenfeindlicher Äußerungen und der Leugnung des Holocausts vor Gericht stand. Zwar habe sich seine Tochter von seinen Äußerungen distanziert, doch sei er noch immer FN-Ehrenvorsitzender. »Da stimmen Worte und Taten nicht überein.«

Jigal Markuszower, Vorsitzender des niederländischen Zentralverbands jüdischer Organisationen (CJO), beurteilt die Situation anders: »Es geht nicht um die Vergangenheit, sondern um die Gegenwart«, sagte er der Jüdischen Allgemeinen bereits im Sommer. »Sonst könnte man ja mit keiner einzigen deutschen Partei zusammenarbeiten, schließlich unterstützten 80 Prozent der Deutschen die Endlösung.« Markuszower hält der PVV zugute, sie sei als »eine der wenigen niederländischen Parteien ausgesprochen pro-jüdisch und pro Israel«.

Genau deshalb war sie in der Nazi- und »White-Pride«-Szene bisher verrufen, wo Wilders als »Judenknecht« und »Zionist« galt. Im September aber zeigten sich just Mitglieder solcher Gruppen auf einer Anti-Sparpolitik-Demonstration, zu der Wilders aufgerufen hatte. Erst nach einer entsprechenden Aufforderung des CIDI distanzierte sich die PVV.

Wilders’ rechtsradikales Balzen wird sich auch auf seine jüdischen Wähler auswirken. Einen Ausblick wagt der ehemalige CIDI-Direktor Ronny Naftaniel: »Die PVV bekam bisher schon nicht besonders viele Stimmen von Juden. Jetzt aber werden sie gegen null gehen.«

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025