Interview

Fünf Minuten mit …

Arkadij Monastirskij: »Ein Boykott der Fußball-EM würde nur den Menschen in der Ukraine schaden.« Foto: Nina Lishchuk

Interview

Fünf Minuten mit …

Arkadij Monastirskij über die Fußball-EM und Boykottdrohungen

von André Eichhofer  08.05.2012 11:45 Uhr

Herr Monastirskij, europäische Politiker sind besorgt darüber, wie die ukrainische Regierung mit Julia Timoschenko umgeht. Die EU-Kommission will die Fußball-EM in der Ukraine boykottieren. Was halten Sie von diesen Drohungen?
Viele westliche Staaten haben 1980 die Olympischen Spiele in Moskau boykottiert. Vier Jahre später nahm der Ostblock an den Spielen in Los Angeles nicht teil. Das Internationale Olympische Komitee sagte damals, man dürfe Sport und Politik nicht vermischen. Dem schließe ich mich an.

Muss die EU nicht ein Zeichen setzen?
Ein Boykott würde nur den Menschen in der Ukraine schaden. Die EM ist kein politisches Parkett, sondern eine Sportveranstaltung.

Der Westen ist empört über den Umgang der Regierung mit Julia Timoschenko.
Das kann ich verstehen. Frau Timoschenko braucht medizinische Behandlung. Die Ukraine hat die Europäische Menschenrechtskonvention unterschrieben und muss sich auch daran halten.

Wo stehen die jüdischen Gemeinden in der Ukraine politisch?
Die Jewish Foundation steht nicht auf der Seite irgendeiner Partei. Politik ist Privatsache unserer Mitglieder. Ich persönlich bin kein Anhänger der »Heimat«-Partei von Julia Timoschenko, denn sie hat früher mit nationalistischen Organisationen kooperiert. Zum Beispiel unterhielt sie Verbindungen zu »Swoboda«, einer Partei, die offen antisemitisch auftritt. Bei Swoboda gibt es Leute, die ein seltsames Geschichtsverständnis haben. Ein Politiker sagte einmal, die beste Zeit in der Ukraine war während der Besetzung durch die Nationalsozialisten. Immerhin hat uns die Heimat-Partei im Januar einen Kondolenzbrief zum Holocaust-Gedenktag geschickt.

Welches Verhältnis haben die jüdischen Gemeinden zur Regierung?
Wir haben mit der Regierung und mit Präsident Viktor Janukowitsch im Prinzip keine großen Probleme. Es gibt jedenfalls weder antisemitischen Anfeindungen noch nationalistischen Töne. Die Behörden gratulieren offiziell zu jüdischen Feiertagen. Wir bekommen zwar keine finanzielle, jedoch eine moralische Unterstützung von der Regierung.

In knapp einem Monat startet die EM. Welche Rolle spielt die Meisterschaft in den jüdischen Gemeinden?
Eine große! Die EM ist das erste internationale Sportereignis in der Ukraine seit der Unabhängigkeit. Die jüdischen Gemeinden fiebern genauso mit wie alle anderen Ukrainer.

Bereiten die jüdischen Gemeinden besondere Programme für die Euro 2012 vor?
Ja, wir planen Workshops gegen Ausländerfeindlichkeit und Antisemitismus. In der Ukraine gibt es ebenso wie in Westeuropa intolerante Fans und Hooligans. Dagegen wollen wir angehen.

Inwiefern ist Fußball in der Ukraine mit dem jüdischen Leben verknüpft?
Die Verbindung ist sehr eng. Der Präsident der Ukrainischen Fußballföderation ist Jude, und in den Fußballvereinen des Landes gibt es viele jüdische Spieler.

Mit dem Leiter der Jewish Foundation of Ukraine sprach André Eichhofer.

Zürich

Israelhasser wollten Zürich zum Stillstand bringen

Am Donnerstagabend wollten »propalästinensische« Demonstranten durch die Zürcher Innenstadt ziehen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025 Aktualisiert

Bosnien und Herzegowina

Goldschmidt: Boykott von Rabbinertreffen ist »eine Schande«

Die Europäische Rabbinerkonferenz kann nicht in Sarajevo tagen. Grund ist der Boykottaufruf eines Ministers. Der CER-Präsident fordert nun Konsequenzen

von Michael Thaidigsmann  12.06.2025

New York

Weinstein in neuem Prozess wieder verurteilt

Der Schuldspruch gegen den ehemaligen Filmmogul im Jahr 2020 galt als Meilenstein – bis er 2024 überraschend kassiert wurde. Nun hat erneut eine Jury geurteilt, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

 12.06.2025

Belgien

Israelfeindliche Aktivisten stellen Hamas-Terror nach

Bei einem »Widerstandsfestival« in Brüssel wurde der Terror mit einem Theaterstück glorifiziert, es gab Hamas-Dreiecke; und Wassermelonen-Mandalas für Kinder

von Nils Kottmann  09.06.2025

Vatikan

Papst Leo würdigt rumänischen Kardinal und Retter Tausender Juden

Iuliu Hossu könnte ein »Gerechter unter den Völkern« werden

 09.06.2025

Antisemitismus

Rabbiner fordern Schutz nach Angriff bei Paris

Jüdisches Leben müsse endlich sicher möglich sein, so Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt

 09.06.2025

Neue Studie aus den USA

Israelhass an der Uni: »weniger sichtbar, radikaler, gefährlicher«

Eine neue Studie über anti-israelischen Aktivismus an US-Universitäten zeigt eine beängstigende Professionalität und Terrornähe. Aber es gibt auch Hoffnung

von Sophie Albers Ben Chamo  08.06.2025 Aktualisiert

Niederlande

Wer hat die Großeltern verraten?

Die digitale Nutzung eines Archivs zur Kollaboration mit den Nazis wurde zunächst wegen Datenschutz-Bedenken verhindert. Nun soll eine Gesetzesänderung die Öffnung ermöglichen

von Tobias Müller  08.06.2025

Aserbaidschan

Europäische Rabbiner treffen sich erstmals in muslimischem Land

Ein historischer Schritt: Die Konferenz Europäischer Rabbiner tagt 2025 erstmals in einem mehrheitlich muslimischen Land. In Aserbaidschan soll ein Zeichen für Dialog und Respekt gesetzt werden

von Hannah Krewer  06.06.2025