Westeuropa

Frankreich im Testlabor

Anhänger Macrons nach seinem Wahlsieg Foto: dpa

Die politischen Koordinaten der V. Republik haben sich spätestens seit dem vergangenen Sonntag sichtbar verschoben. Vorbei die Zeiten, in denen die beiden großen Volksparteien, die gaullistische Rechte und die Sozialisten, Frankreichs politische Szene beherrschten. Fast alle Kandidaten, die sich um den neuen Präsidenten Emmanuel Macron scharen, sind in die zweite Runde der Parlamentswahlen eingezogen.

Die Präsidentengruppe »La République en Marche« (LRM) ist nicht einmal eine Partei, sondern ein »mouvement«, eine Bewegung. Ihre Kandidaten setzen sich zusammen aus Überläufern der etablierten Parteien, aber vor allem sind es bewegte Bürger, die zum ersten Mal auf der politischen Bühne stehen.

Mit ihnen lassen sich die Franzosen – zumindest jene kaum 50 Prozent, die überhaupt wählen gingen – auf ein gesellschaftliches Experiment ein: mehr Demokratie durch die Beteiligung unerfahrener Abgeordneter. Macron hatte schon in seinem Präsidentschaftswahlkampf betont, den Vertretern der Zivilgesellschaft solle im politischen Alltag mehr Gehör geschenkt werden. Nicht mehr Parteidirektiven oder gar Grabenkämpfe der Eitelkeiten sollen das Handeln bestimmen, sondern die pragmatischen Ideen engagierter Bürger.

Arbeitsmarktreformen Der schöne Slogan wird nun zur parlamentarischen Wirklichkeit. Die Mehrheitsfraktion in der neuen Nationalversammlung wird aus einer Ansammlung von Abgeordneten ganz unterschiedlicher Ansichten und Absichten bestehen.

Die Mehrheiten für die unterschiedlichen politischen Projekte müssen darin jeweils neu gesucht werden. Und da viele der konservativen Parteigänger schon angekündigt haben, etwa bei den Arbeitsmarktreformen für Macron zu stimmen, verlieren die Zwänge der Fraktionen weiter an Bedeutung. Damit aber stellt sich gesellschaftlichen Minderheiten, also auch der jüdischen Gemeinschaft, die Frage: Lassen sich ihre Rechte und Interessen, die ja nicht immer per se mehrheitsfähig sind, künftig schwerer bewahren oder durchsetzen?

Exemplarisch ist dieser Prozess im 8. Wahlbezirk der Auslandsfranzosen nachzuvollziehen, zu dem auch Israel gehört. Das Parteimitglied der konservativen Republikaner, der Netanjahu-Anhänger Meyer Habib, vertrat bisher die israelischen Franzosen in der Nationalversammlung. Er könnte im zweiten Wahlgang von der einstigen Sozialistin Florence Pavaux-Drory, die nun für die LRM antritt, abgelöst werden. Man mag seine Meinung teilen oder nicht – aber es würde damit eine ziemlich einsame, doch durch den Rückhalt im Parteienapparat hörbare Stimme für die derzeitige israelische Regierungspolitik im Parlament verstummen.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

Philosophie

Der Moment des Staunens

Am 13. Juli jährt sich der Geburtstag von Jeanne Hersch zum 115. Mal. Lange wurde die Existentialistin ausgerechnet von der akademischen Forschung marginalisiert – und kaum als jüdische Philosophin wahrgenommen

von Richard Blättel  11.07.2025

Spanien

»Haut ab, ihr Hurensöhne« - Wirt vertreibt Israelis

Ein Gastwirt rastet gegenüber einer Gruppe israelischer Touristen aus, beschimpft sie und verweist sie des Lokals

von Michael Thaidigsmann  11.07.2025

Nachruf

Er bleibt eine Inspiration für uns alle

Der langjährige Zürcher Gemeinderabbiner Marcel Ebel ist verstorben. Eine Würdigung von seinem Nachfolger

von Rabbiner Noam Hertig  10.07.2025

Australien

Judenhass in Down Under

Mit unerwarteter Brutalität und Hemmungslosigkeit breitet sich der Antisemitismus im Land aus. Doch die jüdische Gemeinschaft gibt nicht auf

von Amie Liebowitz  10.07.2025

Großbritannien

BeTe’avon!

Das Jewish Museum London bittet britische Juden um Rezepte fürs Schabbatessen. Auf der Suche nach dem, was schmeckt

von Sophie Albers Ben Chamo  10.07.2025

USA

Die US-Regierung, Trump und der Fall Jeffrey Epstein

Trump wollte die Akten zum Sexualstraftäter Epstein veröffentlichen, seine Mitarbeiter verbreiteten Verschwörungstheorien. Nun wollen sie davon nichts mehr wissen - das macht einige Trump-Fans wütend

von Benno Schwinghammer  09.07.2025

Spanien

Mallorca hat einen neuen Rabbiner

Rund 1000 Juden leben auf der bei deutschen Touristen beliebten Baleareninsel

 09.07.2025

Österreich

»Geschichte wurde schon immer politisiert«

Die US-Historikerin Sarah Abrevaya Stein über Gier, Künstliche Intelligenz und den Baron-Wissenschaftspreis

von Stefan Schocher  09.07.2025

Iran

Esthers Kinder

Wie die älteste Diaspora-Gemeinschaft 2700 Jahre überlebte – und heute erneut um ihre Existenz kämpft

von Stephen Tree  09.07.2025