Jüdisches Filmfestival Wien

Filme gegen das Vergessen

Gleich mehrere Filme des 2019 verstorbenen Artur »Atze« Brauner werden in Wien zu sehen sein. Foto: imago

Beinahe wäre auch das Jüdische Filmfestival Wien in diesem Jahr dem Coronavirus zum Opfer gefallen. Wien wurde vor Kurzem von einigen Ländern – darunter auch Deutschland - zum Hochrisikogebiet erklärt, und auch aus Israel werden in diesem Jahr keine Gäste und Filmschaffende dabei sein. Stattdessen sollen sie per Videolink zugeschaltet werden.

»MAUERN NIEDERREISSEN« Das Kino-Festival soll dennoch stattfinden – anstatt wie üblich im Mai wurde es auf den Oktober verschoben. Die Säle im Village Cinema und im Metro Kino in der Wiener Innenstadt seien so groß, dass der Sicherheitsabstand zwischen den Besuchern gut eingehalten werden könne, erklärten die Veranstalter vorab. Auch für eine ausreichende Durchlüftung sei gesorgt.

Unter dem Motto »Tear down the walls!« werden ab dem 7. Oktober zwei Wochen lang 54 Filme jüdischer Filmemacher oder mit jüdischen Themen zu sehen sein. Für das Motto des Festivals sei man durch Aufforderung des damaligen US-Präsidenten Ronald Reagan 1987 inspiriert worden, die Berliner Mauer niederzureißen.

»Wir verstehen unser vielgestaltiges Programm als Plädoyer für eine von geistigen Mauern befreite, humanistische Gesellschaft sowie als Mahnung gegen Ausgrenzung und menschenverachtende Diskriminierung«, heißt es im Vorwort des Festivalprogramms. Es sei alarmierend, dass es immer mehr vor allem junge Menschen gebe, »die uns über ihre harten Schicksale und unmenschlichen Erlebnisse, sei es in Kriegs- und Notgebieten, auf der Flucht, aber auch an vermeintlich sicheren Zufluchtsorten, berichten. Ihre Schilderungen werden in Filmen auf besonders eindringliche Weise vermittelt. Mit der Präsentation dieser Werke wollen wir einen Motivationsschub bieten, für ein friedliches und respektvolles Miteinander in Österreich und Europa einzutreten.«

ARTUR BRAUNER Zur Eröffnung wird der Film »Crescendo #MakeMusicNotWar« des Regisseurs Dror Zahavi gezeigt. Der Film wurde von Alice Brauners Produktionsfirma CCC Filmkunst produziert. Ihr im vergangenen Jahr verstorbener Vater Artur Brauner thematisierte in seiner Arbeit regelmäßig die Schoa. In Wien werden jetzt auch weitere »Filme gegen das Vergessen« zu sehen sein, welche den Umgang mit der NS-Vergangenheit thematisieren. Werken aus West-Deutschland werden beim Festival Filme der ostdeutschen DEFA gegenüber gestellt. So wird unter anderem  der DDR-Film »Jakob der Lügner« aus dem Jahr 1974 zu sehen sein.

Artur Brauners Streifen »Morituri« (1948), »Charlotte« (1981) und »Zeugin aus der Hölle« (1983) stehen ebenfalls auf dem Programm des Jüdischen Filmfestivals. Auch die Schoa selbst ist Thema: Der israelische Film »Made in Auschwitz: The Untold Story of Block 10« beschreibt die menschenverachtenden Versuche der Nazis an Frauen.

Aus Israel sind zahlreiche Filme am Start, darunter die Komödie »Forgiveness« und Dokumentarfilme wie »A Fish Tale« und »Liebe war es nie«. Letzterer ist das Porträt einer KZ-Überlebenden. In »Douze Points« geht es um die beiden Freunde Rasoul und Tarik, die in Paris leben. Der eine wird Sänger und outet sich als homosexuell, der andere wird Teil einer IS-Terrorzelle. Tarik hat Erfolg und möchte am Eurovision Song Contest teilnehmen, Rasoul ist in die Planung eines Anschlags auf eben dieses Kulturevent involviert. Verpackt ist diese Geschichte, in der auch der Mossad eine Rolle spielt, in eine Komödie. mth

Russland

Geschichte wird zugemacht

Das Ethnografische Museum in St. Petersburg schließt seine Ausstellung über jüdisches Leben im Zarenreich. Die Gründe sind vielfältiger als gedacht

von Polina Kantor  16.03.2025

Porträt

Klang des Lebens

Sie wurde gehörlos geboren und musste lernen, sich in der Welt der Hörenden zurechtzufinden. Darüber schrieb sie ein Buch, das zum Bestseller wurde. Eine Begegnung mit Fiona Bollag

von Nicole Dreyfus  15.03.2025

Brüssel

Früherer EJC-Chef Kantor von EU-Sanktionsliste gestrichen

Die Streichung des russisch-britischen Geschäftsmanns erfolgte offenbar auf Druck der ungarischen Regierung

 14.03.2025

Dänemark

Jüdin in Kopenhagen attackiert

Die Angreifer beschimpften sie als »zionistisches Stück Scheiße« und würgten ihr Opfer

 14.03.2025

Irak

Bericht: Israelisch-russische Geisel Elizabeth Tsurkov möglicherweise im Iran

Nachdem die USA im Fall der entführten Elizabeth Tsurkov den Druck auf den Irak erhöhen, heißt es, die Geisel wurde in den Iran verschleppt

 12.03.2025

Belgien

Fantasien über Mord an Juden fallen unter die Meinungsfreiheit

Entsetzen in der jüdischen Gemeinschaft: Ein Kolumnist wurde vom Vorwurf der Aufstachelung zur Gewalt gegen Juden freigesprochen

von Michael Thaidigsmann  12.03.2025

Österreich

Zwei Wochen lang »Shalom Oida«

Das Jüdische Filmfestival in Wien präsentiert die Realität jüdischen Lebens – von Antisemitismus bis Schidduch

von Stefan Schocher  11.03.2025

Frankreich

»Mach hier nicht auf Jude«

Eine Umfrage unter 2000 Jugendlichen zeigt, wie sich antisemitische Vorurteile auch an französischen Schulen ausbreiten

von Michael Thaidigsmann  10.03.2025

Porträt

Der Iberzetser

Dass Russen heute noch Einblick in die jiddische Literatur erhalten, ist vor allem Walerij Dymschiz zu verdanken. Ein Treffen mit dem Sprachmittler in seiner Stammkneipe in St. Petersburg

von Polina Kantor  09.03.2025