Frankreich

Exzessiver Laizismus

Auch in Frankreich ist es in der Öffentlichkeit möglich, Kippa zu tragen: Veranstaltung zum Gedenken an die Opfer der Schoa am 27. Januar 2020 in Valence Foto: imago images/Hans Lucas

Seit einigen Tagen geht in Frankreich ein Video-Clip viral. Dies meldete die Jewish Telegraphic Agency. Es handelt sich um einen Ausschnitt aus einer Live-Sendung des französischen Fernsehsenders CNews. Darin wird der israelische Immunologe und Krebsforscher Cyrille Cohen, Professor an der Bar-Ilan-Universität in Ramat Gan, vom Moderator auf seine Kippa angesprochen: »Viele Leute fragen sich, warum ein Professor in unserem Studio ein religiöses Symbol trägt.«

Cohen, der in die Sendung eingeladen worden war, um die Wirksamkeit des Impfstoffs gegen das Coronavirus zu diskutieren, antwortete irritiert: »Aus Gründen der Transparenz trage ich sie (die Kippa) jeden Tag, ich habe sie nicht extra für diese Sendung aufgesetzt.«

konfrontation Die französisch-jüdische Journalistin Elisabeth Levy, die ebenfalls Gast der Sendung war, schaltete sich ein und konfrontierte den israelischen Wissenschaftler weiter: »Sie verstehen doch, dass unsere nichtreligiöse Lebensweise diskret ist. Sie richtet sich nicht gegen Religion, aber Sie sollten Ihre Religion für sich behalten«, sagte sie.

Verärgert antwortete der Professor: »Mein Name ist Cohen! Warum wollen Sie, dass ich ›meine Religion für mich behalte‹? Ich komme aus Israel.«

In vielen Tweets wird dieser Clip verurteilt. »Ist dies das Europa der 1930er?«, twitterte die israelische Journalistin Emily Schrader.

säkularismus Obwohl er kurz ist, verdeutlicht der Wortwechsel im Fernsehstudio die sehr unterschiedlichen Perspektiven auf den Ausdruck des Religiösen. Im ersten Artikel der französischen Verfassung ist nicht die Religionsfreiheit, sondern der »Laizismus« oder Säkularismus verankert. Dieser schützt aber auch die freie Religionsausübung. Unter dem Begriff wird seit Langem die strikte Trennung zwischen der Privatsphäre, in der Religion akzeptiert wird, und der Öffentlichkeit, in der davon abgeraten wird, verstanden.

Religiöse Minderheiten beschweren sich immer wieder darüber, dass der französische Säkularismus oft sanfter mit der Zurschaustellung des Christentums umgeht als mit der anderer Glaubensrichtungen.

So wandte sich in der Fernsehsendung denn auch Cohen an die Journalistin und den Moderator und fragte sie: »Wenn ein Priester oder der Papst hier hereinkäme, würden Sie ihn dann bitten, sein Kreuz und seine Kopfbedeckung abzunehmen?« ja

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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