Schweiz

Ersteigert und verschenkt

Im Libanon geboren: Abdallah Chatila Foto: dpa

Abdallah Chatila, ein Genfer Geschäftsmann mit libanesischen Wurzeln, hat vergangene Woche international für Aufsehen gesorgt: Er ersteigerte bei einem deutschen Auktionshaus für insgesamt 545.000 Euro mehrere Gegenstände aus dem Privatbesitz von Adolf Hitler sowie anderen hochrangigen Nazis – und übergab sie umgehend der Organisation Keren Hayesod in Israel.

Die überlegt nun, was sie mit den Objekten machen soll. Die wahrscheinlichste Option ist, dass sie an die Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem gehen werden. Diese erklärte am Dienstag: »Die Mörder waren Teil der Geschichte des Holocaust, und um einen verzerrten Gebrauch ihrer Gegenstände wie Handel oder Personenkult zu verhindern, sollten sie bei Yad Vashem aufbewahrt werden.«

Zylinderhut Allein der faltbare Zylinderhut mit den Initialen »AH« kostete Chatila 50.000 Euro. Bei der mit Reichsadler und Hakenkreuz verzierten Sonderausgabe von Mein Kampf, die Hitler Hermann Göring vermacht hatte, fiel der Hammer sogar erst bei 130.000 Euro. Auch eine Schreibmaschine, Briefe und eine Zigarrenkiste des NS-Diktators ersteigerte Chatila.

Der 45-Jährige zählt zu den 300 reichsten Geschäftsleuten in der Schweiz. Er ha­be verhindern wollen, dass die Gegenstände Neonazis in die Hände fielen, erklärte er. Deshalb habe er schon vor der Auktion Kontakt mit Keren Hayesod aufgenommen. »Wir waren von Herrn Chatilas Geste sehr bewegt«, sagte Henri Levy, der Europadirektor des Verbandes.

Die Versteigerung von Nazi-Devotionalien beim Auktionshaus Hermann Historica in Grasbrunn bei München hatte im Vorfeld für viel Kritik gesorgt.

Die Versteigerung von Nazi-Devotionalien beim Auktionshaus Hermann Historica in Grasbrunn bei München hatte im Vorfeld für viel Kritik gesorgt. Chatila war durch einen Pressebericht darauf aufmerksam geworden.

»Diese Gegenstände üben auf mich keinerlei Faszination aus. Ich wollte sie mir vorher nicht einmal ansehen.« Er habe sie gekauft, um zu verhindern, dass sie in die Hände von Menschen mit »zweifelhaften Absichten« gerieten. »Auch wenn es mich eine Million Euro gekostet hätte, ich hätte es gemacht«, so Chatila. Besonders erpicht war er darauf, die persönlichen Gegenstände Hitlers zu erwerben. Bis auf zwei sei ihm dies auch gelungen, sagte er anschließend.

Herkunft Chatila wurde in Beirut geboren. Er stammt aus einer christlichen Familie, die 1976 wegen des Bürgerkriegs den Libanon verließ und seit 1988 in der Schweiz lebt. Heute verdient Chatila sein Geld mit Immobilien und Gastronomie – und engagiert sich daneben mit einer Stiftung auch für karitative Projekte. Es sei wichtig, sich an die NS-Zeit zu erinnern, findet er, künftige Generationen müssten wissen, dass es Hitler tatsächlich gegeben hat.

Der Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz (CER), Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, lobte Chatila für seine Geste und überreichte ihm am Dienstag zum Dank ein Schofar.

USA

Berufungsgericht hebt Urteil gegen Harvey Weinstein auf

Die Entscheidung ist ein Paukenschlag vier Jahre nach der Verurteilung des ehemaligen Filmmoguls

 25.04.2024

Mexiko

Präsidentschaftskandidatin von Bewaffneten aufgehalten

Steckt ein Drogenkartell hinter dem bedrohlichen Zwischenfall?

 22.04.2024

Meinung

Der Fall Samir

Antisemitische Verschwörungen, Holocaust-Relativierung, Täter-Opfer-Umkehr: Der Schweizer Regisseur möchte öffentlich über seine wirren Thesen diskutieren. Doch bei Menschenhass hört der Dialog auf

von Philipp Peyman Engel  22.04.2024

USA/Israel

Biden: Pessach-Fest ist besonders hart für Familien der Geiseln

Die abscheulichen Gräueltaten der Hamas dürften niemals vergessen werden, sagt der Präsident

 22.04.2024

Ukraine

Mazze trotz Krieg

Kyivs älteste Synagogen-Bäckerei produziert seit Jahrzehnten, und nun auch bei Raketenbeschuss

von Michael Gold  22.04.2024

Pessach

Der eigene Exodus

Wie erlangt der Mensch persönliche Freiheit? Wir haben sechs Jüdinnen und Juden gefragt

von Nicole Dreyfus  22.04.2024

London

Initiative gegen Antisemitismus: Polizeichef soll zurücktreten

Hintergrund ist ein Vorfall bei einer antiisraelischen Demonstration

 22.04.2024

Columbia University

Nach judenfeindlichen Demos: Rabbiner warnt eindringlich

Jüdische Studierende sind auf dem Campus nicht mehr sicher, sagt Elie Buechler

 22.04.2024

London

Polizeichef steht in der Kritik

Die »Initiative Campaign Against Antisemitism« fordert den Rücktritt von Sir Mark Rowley

 21.04.2024