Rumänien

Erfolg im fünften Anlauf

Das Gebäude muss noch saniert werden. Foto: Orlando Neagoe

Rumänien

Erfolg im fünften Anlauf

Nach jahrelangem Hin und Her soll in der Hauptstadt Bukarest ein nationales jüdisches Museum entstehen

von Silviu Mihai  26.01.2020 09:31 Uhr

»Die jungen Generationen werden nie aufhören, sich zu fragen, wie der Holocaust überhaupt möglich war«, sagte Staatspräsident Klaus Johannis im Oktober bei der Unterzeichnung eines Gesetzes, das die Grundlagen für ein nationales jüdisches Museum schafft. »Es wird dieses Bedürfnis nach mehr Wissen erfüllen und damit gleichzeitig ein neues Kapitel der Aufarbeitung unserer Vergangenheit eröffnen.«

Tatsächlich fehlt in Rumänien noch immer ein zentraler Ort, der sich mit der Geschichte der jüdischen Gemeinden und der Schoa beschäftigt. Zwar gibt es neben den vielen kleinen Ausstellungen in Synagogen das Geburtshaus des Friedensnobelpreisträgers und Überlebenden Elie Wiesel in der Stadt Sighetu Marmatiei im Nordwesten Rumäniens sowie ein weiteres Museum in Simleu Silvaniei.

besatzung Doch es thematisiert ausschließlich die spezifisch siebenbürgischen Aspekte der ungarischen Besatzung während des Zweiten Weltkriegs und die damit verbundenen Deportationen durch die faschistischen Behörden in Budapest. Zudem liegen die beiden Häuser in wenig besuchten, aus Bukarester Perspektive weit entfernten Kleinstädten und gehören damit nicht zu den üblichen Zielen von Schul- oder Familienausflügen.

Mit der Gründung eines nationalen jüdischen Museums in der Hauptstadt möchte das Elie-Wiesel-Institut seit Jahren dieses Thema in den Vordergrund der öffentlichen Aufmerksamkeit bringen.

Bis vor Kurzem erwies sich jedoch die Suche nach einem geeigneten Ort für die neue, umfassende Ausstellung als eine lange Serie von gescheiterten Schritten und manchmal sogar Pannen.

ort Bis vor Kurzem erwies sich jedoch die Suche nach einem geeigneten Ort für die neue, umfassende Ausstellung als eine lange Serie von gescheiterten Schritten und manchmal sogar Pannen. Die Betreiber wollten zu Recht die Stadtverwaltung davon überzeugen, dass das Museum einen zentral gelegenen, repräsentativen Sitz braucht.

Doch im heutigen Bukarest ist so etwas nur schwer zu bekommen, extrem teuer – und natürlich sehr begehrt. Ein erster Versuch musste aufgegeben werden, weil ein Gericht Zweckentfremdung beanstandete, ein zweiter Versuch stieß auf den Widerstand der notorisch korrupten Kommunalräte, und ein dritter löste öffentliche Proteste aus, denn die etwas ungeschickte Idee war, den Hof des Naturkundemuseums zu bebauen.

Erst im fünften Anlauf gelang es dem Elie-Wiesel-Institut, sich mit der Bukarester Stadtverwaltung zu einigen, sodass das entsprechende Gesetz nach langem Hin und Her endlich verabschiedet werden konnte. Sowohl vom bürgerlichen Staatschef Johannis als auch von den Sozialdemokraten, die bis vor Kurzem das Land regierten, wurde das Projekt stets unterstützt. Der politische Wille, ein großes, modernes jüdisches Museum zu eröffnen, fehlt also nicht. Die Debatte darüber wurde in einer liberalen Atmosphäre geführt und blieb im Wesentlichen frei von rechtspopulistischen Tönen.

Bis die Ausstellung eröffnet werden kann, bleibt noch viel zu tun.

»Das heutige Rumänien möchte seine Vergangenheit besser verstehen und dafür um Verzeihung bitten, was während des Holocaust auf seinem Staatsgebiet geschehen ist«, kommentiert der Abgeordnete Silviu Vexler, der die jüdische Minderheit im Parlament vertritt und das Gesetz initiiert hat.

Bis die Ausstellung eröffnet werden kann, bleibt allerdings noch viel zu tun. Das Gebäude ist zwar ideal gelegen und sehr großzügig, muss aber erst saniert werden. Mit der Eröffnung wird nicht vor 2022 gerechnet.

Vor der Schoa lebte im Königreich Rumänien die drittgrößte jüdische Gemeinde Europas. In den 30er-Jahren stieg die faschistische Bewegung auf und kam kurz danach an die Macht. Die meisten Forscher gehen davon aus, dass mindestens 380.000 Juden dem Holocaust in rumänischer Regie zum Opfer fielen.

Während der staatssozialistischen Diktatur sowie in den ersten Jahren nach 1989 blieb dieses Thema jedoch tabu. Erst nach der Jahrtausendwende erkannte der Staat die fatale Rolle der rumänischen Behörden bei Pogromen, Massenmorden und Deportationen offiziell an.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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