Butscha

»Er war ein bescheidener Mensch«

Rabbiner Moshe Azman bei der Beerdigung eines Gemeindemitglieds Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS

»Kriegsverbrechen« nannte der Oberrabbiner der Ukraine, Moshe Reuven Azman, das, was in den Kiewer Vororten Irpin und Butscha geschehen ist. Die russische Armee hatte das Gebiet kurz nach der Invasion in der Ukraine Ende Februar erobert und in den Wochen der Besetzung mutmaßlich Hunderte Zivilisten ermordet.

Kurz nachdem die ukrainische Armee die beiden Städte vor etwa zwei Wochen wieder in Besitz genommen hatte, war Rabbiner Azman vor Ort. Er wollte sich selbst ein Bild von dem furchtbaren Geschehen machen. Zu diesem Zeitpunkt wusste er noch nicht, ob unter den Toten auch Juden – und damit womöglich Mitglieder seiner eigenen Gemeinde – sind.

BEERDIGUNG Nun gibt es traurige Gewissheit: Zoreslav Zamojskij, Jude, Ukrainer und Einwohner der Region Kiew, hat den russischen Angriffskrieg nicht überlebt. Am vergangenen Freitag wurde er nach jüdischem Ritus im Beisein von Rabbiner Azman und einer Handvoll weiterer Gemeindemitglieder beerdigt.

»Er war ein bescheidener Mensch und er hat viel gebetet«, sagt Azman in einem Video von der Beerdigung, das der Rabbiner auf seinem Telegram-Kanal veröffentlicht hat. Azman meint, dass unter anderen Umständen deutlich mehr Menschen zur Beisetzung gekommen wären. »Wir wissen jedoch nicht, wo seine Verwandten sind.«

Zoreslav Zamojskij hat die letzten Wochen seines Lebens auf Facebook dokumentiert.

Auch über die näheren Umstände des Todes von Zoreslav Zamojskij, der am 12. April 44 Jahre alt geworden wäre, ist nicht viel bekannt. Medienberichten zufolge wies sein Leichnam, der in einer Straße in Butscha gefunden wurde, Spuren möglicher Folter auf. Mehr Details wurden von ukrainischen Behörden bisher nicht veröffentlicht. Der Getötete selbst hat jedoch die letzten Wochen seines Lebens auf seiner Facebook-Seite ausführlich dokumentiert.

JOURNALIST Zamojskij, der laut Angaben in seinem Profil hauptberuflich in einer Rechtsberatung gearbeitet hat, war nebenbei auch als Lokaljournalist für regionale Medien tätig. Seit Beginn der russischen Invasion führte er auf Facebook ein öffentliches Tagebuch und dokumentierte ausführlich die Kriegshandlungen, deren Zeuge er in seiner unmittelbaren Nachbarschaft in Butscha wurde. Ob es diese Tätigkeit als Berichterstatter war, die Zamojskij ins Visier der russischen Besatzer geraten ließ, ist nicht bekannt.

Sein letzter Post auf Facebook stammt vom Abend des 4. März, einige Tage bevor Butscha endgültig unter die Kontrolle der russischen Armee geraten sollte. Er beschreibt die unheimliche Ruhe im Ort, nur in der Ferne seien ab und zu Explosionen zu hören gewesen. »Was nachts passieren wird, weiß Gott allein, ich kann es mir nur vorstellen«, schreibt er.

In den Kommentaren darunter wird auf den gewaltvollen Tod Zamojskijs hingewiesen, und zahlreiche Menschen bekunden ihr Beileid. Ein Nutzer schreibt: »Ich bin im Schock. Baruch Dayan HaEmet.«

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert

Australien

16 Tote bei antisemitischem Massaker in Sydney

Australien ist im Schockzustand: Zwei Attentäter schossen am Sonntag auf Juden, die sich in Bondi Beach zu einer Chanukka-Feier versammelt hatten

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025 Aktualisiert

Australien

Judenfeindlicher Terroranschlag in Sydney: Zwei Personen in Polizeigewahrsam

Die Polizei ruft nach dem Angriff in Sydney dazu auf, das Gebiet des Angriffs weiter zu meiden. Der Einsatz dauere an

 14.12.2025

Terror

Medienberichte: Terroranschlag in Australien bei Chanukka-Feier

Die Polizei warnt vor einem »sich entwickelnden Vorfall« am Bondi Beach. Ersten Berichten zufolge soll das Ziel ein Chanukka-Fest gewesen sein. Australische Medien berichten von mehreren Opfern

von Denise Sternberg  14.12.2025 Aktualisiert