Trauer um Königin Elizabeth II.

»Ein Leben des Dienstes und des Glaubens«

Die jüdische Welt trauert um Königin Elizabeth II. Der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis bezeichnete die Monarchin am Donnerstagabend als »Fels der Stabilität«. Sie verkörpere die edelsten Werte der britischen Gesellschaft, sagte er in einer Videobotschaft. »Während ihrer gesamten außergewöhnlichen Regentschaft hat sie sich mit Anmut, Würde und Bescheidenheit verhalten und war ein weltweites Vorbild für herausragende Führungsqualitäten und selbstlose Hingabe an die Gesellschaft. In einer sich ständig verändernden Welt sei sie eine »Verfechterin zeitloser Werte« gewesen.

Mirvis sagte weiter: »Jede Woche haben wir in der Synagoge für ihr Wohlergehen, ihr Wohlergehen und ihre Weisheit gebetet, und sie hat uns nie enttäuscht.« Er lobte die »herzlichen Beziehungen« der verstorbenen Königin zur jüdischen Gemeinschaft und fügte hinzu, dass sie sich besonders für die »interreligiösen Beziehungen und das Holocaust-Gedenken« eingesetzt habe.

»Ich erinnere mich, wie sie mir und meiner Frau einmal Gegenstände von jüdischem Interesse und Wert aus ihrer Privatsammlung in Schloss Windsor zeigte, darunter eine Torarolle, die während des Holocausts aus der Tschechoslowakei gerettet worden war. »Ihre Zuneigung zum jüdischen Volk war tief, und ihr Respekt für unsere Werte war spürbar«,  so der Oberrabbiner in seinem Video.

Wie jüdische Medien in London berichten, wollte Mirvis das Gebet für das Wohl der Monarchin und der königlichen Familie aus dem 17. Jahrhundert, das man an jedem Schabbat in britischen Synagogen spricht, noch am Freitag umschreiben.

PFLICHTERFÜLLUNG »Keine Worte können das Ausmaß des Verlustes unserer Nation vollständig beschreiben«, erklärte das Board of Deputies of British Jews am Donnerstagabend. »Die Weisheit, das Wohlwollen und die Pflichterfüllung Ihrer Majestät dienten Generationen britischer Bürger, einschließlich unserer Gemeinschaft, als Inspiration.«

Das Board weiter: »Wir sprechen dem Sohn und Erben Ihrer Majestät und allen Mitgliedern der königlichen Familie unser tiefstes Beileid aus. Wir beten, dass unsere Nation noch viele Jahre lang von der Stärke und dem Verständnis unseres neuen Herrschers profitieren wird. Gott schütze den König. Lang lebe der König.«

Der britisch-jüdische Komiker David Baddiel twitterte: »Ich überlasse die großen Gedanken – über Beständigkeit und das Vergehen von Epochen und wie eine ganze Nation emotional auf eine Person projiziert, die zufällig mit Magie und Mythos ausgestattet ist – anderen. Aber ich traf sie (die Königin) ein paar Mal, und sie schien sehr nett zu sein.«

Sicherheit Der Jüdische Weltkongress (WJC) erklärte, seine mehr als 100 jüdischen Gemeinden auf der ganzen Welt »schließen sich der Nation und dem Volk des Vereinigten Königreichs und dem britischen Judentum an, um den Tod von Königin Elizabeth II. zu betrauern«. Während ihrer 70-jährigen Herrschaft seien die »jüdischen Gemeinden in Großbritannien, Schottland, Wales, Nordirland und im gesamten Commonwealth in Frieden und Sicherheit gediehen und gewachsen«, erklärte WJC-Präsident Ronald S. Lauder.

Elizabeths Leben sei »ein Leben des Dienstes und des Glaubens« gewesen, »in dem die Liebe zum Vaterland, zum Commonwealth, zu Gott und zur Familie der höchste Wert war«. Im Namen der jüdischen Gemeinden auf der ganzen Welt spreche er »ihrer Familie sowie der Nation und dem Volk des Vereinigten Königreichs unser tiefstes Beileid aus«, so Lauder weiter. »Möge ihr Andenken und ihr Beispiel ein Segen sein.«

Auch der Europäisch-Jüdische Kongress (EJC) äußerte sich »zutiefst betrübt über den Tod« der Queen. Nicht nur für die Juden im Vereinigten Königreich, sondern für ganz Europa sei es »ein zutiefst trauriger Tag und das Ende einer Ära«, sagte EJC-Präsident Ariel Muzicant. »Ihre Majestät die Königin wurde von ihren jüdischen Untertanen liebevoll angesehen und verkörperte die Beständigkeit und Traditionen einer britischen Gesellschaft, die auf Werten wie Toleranz und gegenseitigem Respekt basiert. Diese Werte haben es der britisch-jüdischen Gemeinde der Nachkriegszeit ermöglicht, als Teil der europäischen Familie jüdischer Gemeinden zu gedeihen.« Europas Juden seien ihr »zu großem Dank verpflichtet«.

Rabbiner Pinchas Goldschmidt, Präsident der Konferenz Europäischer Rabbiner (CER), drückte den Briten am Donnerstagabend ebenfalls sein Mitgefühl aus: »Ihre würdevolle, hingebungsvolle Führung wird als Vorbild für alle weiterleben. Möge ihre Familie Trost finden.«

MATRIARCHIN Auch in Israel wird um die Queen getrauert. Staatspräsident Isaac Herzog erklärte per Twitter: »Zusammen mit dem israelischen Volk (…) spreche ich dem britischen Volk und allen Nationen des Commonwealth, die ihre Matriarchin verloren haben, mein tiefstes Mitgefühl aus.« Elizabeth »hat Geschichte gelebt, sie hat Geschichte geschrieben, sie hinterlässt ein großartiges Erbe«. Er betrauere ihren Verlust, so Herzog.

Premierminister Yair Lapid erklärte, die Monarchin hinterlasse »ein beispielloses Vermächtnis an Führung und Dienst«. Seine verstorbenen Eltern hätten im Laufe ihres Lebens mehrere Audienzen bei der Queen gehabt. »Ihr liebevoller Empfang und ihre herzliche Gastfreundschaft hinterließen über Generationen hinweg einen tiefen Eindruck.«

Oppositionsführer Benjamin Netanjahu wählte ähnliche Worte. »Sie war eine legendäre Herrscherin, ein Leuchtfeuer der Integrität und Verwalterin eines zweiten elisabethanischen Zeitalters, an das man sich noch Jahrhunderte lang erinnern wird«, so Netanjahu.

Das Rathaus von Tel Aviv und die Mauern der Altstadt von Jerusalem wurden am Donnerstagabend zu Ehren der verstorbenen Monarchin in den Farben der britischen Flagge beleuchtet. »Heute Abend teilen wir alle die Trauer des Vereinigten Königreichs«, so Tel Avivs Bürgermeister Ron Huldai.

KEIN BESUCH Etwas wehmütig wurde die Tatsache aufgenommen, dass Elizabeth II. während der 70 Jahre auf dem Thron zwar zahlreiche israelische Staatsgäste in London und Windsor empfing, selbst aber nie nach Israel gereist ist.

Ihr Sohn und Nachfolger, Charles III., ihr 2021 verstorbener Mann, Prinz Philip, sowie ihr Enkel, Prinz William, waren allerdings mehrmals privat und zu Beerdigungen im Heiligen Land. Elizabeths Schwiegermutter, Prinzessin Alice von Battenberg, liegt auf dem Ölberg in Jerusalem begraben. Sie wurde 1994 posthum von Yad Vashem als Gerechte unter den Völkern ausgezeichnet, weil sie in Athen während des Zweiten Weltkriegs eine jüdische Familie vor den deutschen Besatzern versteckt und so gerettet hatte. ja

Meinung

New York: Zohran Mamdani und der Clash der Generationen

Der Bürgermeisterkandidat der Demokraten wurde nicht zuletzt wegen seiner antizionistischen Haltung gewählt. Während er unter jungen jüdischen New Yorkern Unterstützer hat, stehen die älteren überwiegend fest an Israels Seite

von Hannes Stein  06.07.2025

Ungarn

Wo der Wunderrabbi wirkt

Zur 100. Jahrzeit von Reb Shayele pilgern Tausende Chassidim nach Kerestir – im festen Glauben, dass seine Kraft bis heute fortlebt. Zu Besuch an einem Ort voller Hoffnung und Geschichte

von György Polgár  06.07.2025

Antisemitismus

Angriff auf Synagoge und Restaurant in Melbourne

Während etwa 20 Menschen Schabbat feierten, setzte ein Mann die Tür des Gebäudes in Brand. Kurz darauf wurde ein koscheres Restaurant gestürmt. Nun hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen

 06.07.2025 Aktualisiert

Belgien

»Gaza gleich Auschwitz«-Karikatur gewinnt Wettbewerb

Der erste Preis des Press-Cartoon-Belgium-Wettbewerbs ging in diesem Jahr an eine Zeichnung einer Landkarte, in der die Umrisse des Eingangstores von Birkenau auf die des Gazastreifens gelegt sind

von Michael Thaidigsmann  04.07.2025

Kommentar

Zürich sollte Francesca Albanese keine Bühne bieten

Die antisemitische UN-Sonderberichterstatterin tritt am Freitag in der Zürcher Zentralwäscherei auf - subventioniert durch die Steuerzahler der Stadt

von Ronny Siev  03.07.2025

Großbritannien

Unterhaus: Palestine Action als Terrororganisation eingestuft

Mitglieder der radikalen Anti-Israel-Gruppe waren im Juni auf einen britischen Luftwaffenstützpunkt eingedrungen und hatten dort Flugzeuge beschädigt

 03.07.2025

Ukraine

Putins Krieg und Trumps Frieden

Während sich die Medienaufmerksamkeit auf Nahost konzentriert, bombardiert Russland weiterhin das Land. Nun schlägt sogar der US-Präsident neue Töne an

von Michael Gold  03.07.2025

Australien

Zwei Krankenpfleger, die damit drohten, jüdische Patienten zu töten, haben Arbeitsverbot

Im Februar sorgte ein TikTok-Video für Abscheu und Empörung, in dem zwei Krankenpfleger ihrem blanken Judenhass freien Lauf ließen. Nun stehen sie vor Gericht

 02.07.2025

Großbritannien

Warten auf »Bridgerton«

Die Sehnsucht nach der vierten Staffel des Netflix-Hits ist groß. Aber wie war eigentlich das reale jüdische Leben in der Regency?

von Nicole Dreyfus  29.06.2025