Moskau

Düstere Botschaft von Putin an Russlands Juden

Kreml-Chef Wladimir Putin Foto: picture alliance/dpa/TASS

Die Ansprache des russischen Präsidenten Wladimir Putin zum jüdischen Neujahr klang wie ein düsteres Orakel. Statt einen optimistischen Blick in die Zukunft zu richten oder die traditionellen »süßen Grüße« zu senden, forderte er die russischen Juden auf, »einen beachtlichen Beitrag« zu leisten.

Es sei wichtig, »dass Russlands Juden unter Beibehaltung ihrer Loyalität gegenüber alten geistigen Traditionen einen erheblichen Beitrag zur Erhaltung der kulturellen Vielfalt in unserem Land, zur Stärkung der Einheit und der Prinzipien des gegenseitigen Respekts und der religiösen Toleranz leisten«, sagte Putin.

mobilmachung Für viele mag das vor allem im Angesicht der Einberufung von russischen Männern in den Ukraine-Krieg wie eine Drohung wirken. Während Putin betonte, es handle sich um eine »teilweise Einberufung«, meinen viele Experten, dass es sich tatsächlich um eine generelle Mobilmachung handelt. Seit der Ankündigung sind Proteste im Land ausgebrochen, Zehntausende, wenn nicht Hunderttausende Männer haben Russland verlassen. Noch immer gibt es kilometerlange Staus an den umliegenden Grenzen. Die meisten Flüge sind ausverkauft.

Israel stellt sich bereits auf eine große Einwanderungswelle in den kommenden Wochen ein.

Auch zahlreiche Juden sind unter denen, die das Land schnellstmöglich verlassen wollen. Israel stellt sich bereits auf eine große Einwanderungswelle in den kommenden Wochen ein und hielt eine Dringlichkeitssitzung ab. Berichten zufolge planen die Behörden, die Zahl der Flüge zwischen Moskau und Tel Aviv zu erhöhen und Wege zu finden, um den Geldtransfer aus Russland zu erleichtern.

OBERRABBINER Die Beziehung zwischen dem Kreml und der jüdischen Gemeinde des Landes ist bereits angespannt, spätestens seit eine der bekanntesten Persönlichkeiten aus Russland floh: der ehemalige Moskauer Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt. Er hatte sich zuerst geweigert, die Invasion zu unterstützen, und sprach sich dann offen dagegen aus.

Außerdem hatte das russische Justizministerium im Juli einen Antrag bei Gericht eingereicht, die Niederlassung der Jewish Agency in Russland schließen zu lassen. Die Organisation fördert und erleichtert die jüdische Einwanderung nach Israel. Bislang sind alle Anhörungen im Prozess allerdings verschoben worden.

Derzeit leben Schätzungen zufolge weniger als 200.000 Juden in Russland. Allerdings hätten rund dreimal so viele Anspruch auf die israelische Staatsbürgerschaft, wenn sie mindestens einen jüdischen Großelternteil haben.

annexion Währenddessen hat Moskau in den besetzten Regionen der Ukraine den Sieg der Abstimmungen für einen Anschluss an Russland erklärt. Es wird erwartet, dass die bevorstehende Annexion eine Verschärfung der Krise nach sich ziehen wird. Zumal der Kreml immer öfter mit dem Einsatz von Nuklearwaffen droht. Vom Westen werden die Referenden als »illegale Scheinwahlen« bezeichnet, die »niemals anerkannt werden«.  

»Israel wird die Ergebnisse der Referenden in den östlichen Bezirken der Ukraine nicht anerkennen.«

außenministerium jerusalem

Israel schloss sich dem in einer offiziellen Mitteilung an. Das Außenministerium in Jerusalem erklärte, dass es »die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine anerkennt und die Ergebnisse der Referenden in ihren östlichen Bezirken nicht anerkennen wird«.

Israels klare Ablehnung der Abstimmungen könnte die Spannungen mit Moskau weiter verschärfen. Jerusalem hat sich bemüht, eine neutrale Beziehung zu Russland aufrechtzuerhalten, zum einen wegen der Verstrickung Russlands in die militärischen Geschicke beim Nachbarn Syrien und der großen jüdischen Gemeinden sowohl in der Ukraine als auch in Russland.

OPFERZAHLEN Mit dem Fortschreiten der russischen Invasion und den großen Opferzahlen auf ukrainischer Seite wurde das allerdings immer schwieriger. Premierminister Yair Lapid hatte als Außenminister die Invasion kritisiert und russische Gräueltaten in dem Kiewer Vorort Butscha »als Kriegsverbrechen« bezeichnet.

Kurz vor Rosch Haschana waren die ersten zwei von 20 schwer verletzten ukrainischen Soldaten in Israel zur Behandlung eingetroffen. Es ist ein Teil der Vereinbarung zwischen den beiden Ländern zur humanitären Hilfe. Dies und die israelische Verurteilung der Referenden ist sicher auch ein Signal an den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, das zeigen soll: Israel steht an der Seite der Ukraine. Selenskyj hatte mehrfach Israels Zurückhaltung kritisiert, militärische Hilfe zu leisten.

USA

Personifizierter Hass

Menschen wie Nick Fuentes waren lange ein Nischenphänomen. Nun drängen sie in den Mainstream und sind gefährlicher denn je

von Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Meinung

Die polnische Krankheit

Der Streit um einen Tweet der israelischen Schoa-Gedenkstätte Yad Vashem zeigt, dass Polen noch immer unfähig ist, sich ehrlich mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen

von Jan Grabowski  26.11.2025

USA

Ein Stadtneurotiker wird 90

Woody Allen steht als Autor, Regisseur und Schauspieler für einzigartige Filme. Doch bis heute überschatten Missbrauchsvorwürfe sein Lebenswerk

von Barbara Schweizerhof, Sophie Albers Ben Chamo  26.11.2025

Orange Day

Palina Rojinski spricht über Gewalt in früherer Beziehung

Wie viele Frauen hat auch die Moderatorin einst in einer Beziehung Gewalt durch ihren Partner erfahren. Darüber spricht sie nun auf Instagram. Sie will anderen Mut machen, sich Hilfe zu holen

 25.11.2025

Kultur

André Heller fühlte sich jahrzehntelang fremd

Der Wiener André Heller ist bekannt für Projekte wie »Flic Flac«, »Begnadete Körper« und poetische Feuerwerke. Auch als Sänger feierte er Erfolge, trotzdem konnte er sich selbst lange nicht leiden

von Barbara Just  25.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  24.11.2025

Hollywood

80 Jahre Goldie

Die quirlige Schauspielerin feiert ihren runden Geburtstag – und ist nicht zu bremsen

von Barbara Munker, Sophie Albers Ben Chamo  23.11.2025

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025