Grossbritannien

»Don’t clip my wings«

An die Mauer vor dem ehemaligen Haus von Amy Winehouse hat jemand ein kleines Graffito gesprüht. Es zeigt die vor knapp zwei Jahren an einer Alkoholvergiftung verstorbene Sängerin als Engel. Ganz in der Nähe habe es eine Stelle gegeben, an der Fans immer wieder Flaschen mit alkoholischen Getränken abstellten, sagt John Cowley, der Sekretär der Mietervertretung vom Londoner Camden Square. »In den Monaten nach Amys Tod warteten hier an der Ecke obdachlose Alkoholiker, bis die trauernden Fans den Ort verlassen hatten. Dann holten sie sich die Drinks.«

Auch die Bäume hier in der Gegend sind zu lebenden Gedenktafeln geworden, mit Hunderten von Botschaften – in die Rinde geritzt oder mit wasserfesten Filzstiften geschrieben. Demnächst ziehen neue Bewohner in das Haus mit der Nummer 30, in dem Amy Winehouse selbst nur die letzten sechs Monate vor ihrem Tod lebte.

walk of fAME Geht man vom Camden Square nach Westen, erreicht man innerhalb von 15 Minuten Camden High Street, wo auch der berühmte Markt ist, umgeben von Musikbühnen. Winehouse war hier gut bekannt. Sie liebte das Zentrum ihres Stadtteils. Entlang der High Street soll diesen Sommer ein »Walk of Fame« entstehen, aus Gehwegplatten mit goldenen CDs bekannter Musiker. Auch Winehouse wird darunter sein. Auf dem Markt gibt es schon jetzt diverse Amy-T-Shirts.

Am nördlichen Ende der Straße, am Roundhouse, wo Amy Winehouse ihren letzten öffentlichen Auftritt hatte, ist eine lebensgroße Statue geplant. Eine von Scott Eaton entworfene Bronzefigur soll die verstorbene Sängerin zeigen, wie sie vom ersten Stock auf die Straße hinunterblickt.

Mit unterstützt wird das Vorhaben von Mitch Winehouse, dem Vater der Sängerin, und der von ihm gegründeten Amy Winehouse Foundation. Die Stiftung will junge Menschen mit speziellen Programmen vor den Gefahren des Drogen- und Alkoholkonsums warnen, Betroffenen helfen und Rehabilitationsprogramme unterstützten. Außerdem möchte Mitch Winehouse gefährdete Jugendliche durch Musik fördern.

Ausstellung Die geplante Statue wird allerdings erst 2014 zu sehen sein. Wer nicht so lange warten will, kann sich der toten Sängerin aber auch schon in diesem Jahr nahe fühlen: Aus Anlass von Amys 30. Geburtstag eröffnet das Londoner Jewish Museum im Juli eine Ausstellung über ihr Leben. Neben bisher unveröffentlichten Fotos und einigen Kleidern kann man dort auch Amys Schallplattensammlung sehen und Details über die Familie erfahren. Museums-Geschäftsführerin Abigail Morris sagte, die Idee zu der Ausstellung stamme von der Familie der Verstorbenen.

Geplant ist auch eine Doku über Amy Winehouse. Der Londoner Filmemacher Asif Kapadias hat sich bereits die Rechte an dem Stoff gesichert. Ganz unbescheiden wolle er »mit diesem emotional geladenen und relevanten Film die Welt, in der wir heute leben, so darstellen, wie es nur wenige Filme können«, sagte er.

Vergangenes Jahr veröffentlichte Mitch Winehouse in dem Buch Meine Tochter Amy seine Version von Amys Leben. Vor wenigen Wochen kam eine umstrittene inoffizielle Biografie heraus: Amy Winehouse: The Untold Story. Darin schildert Autorin Chloe Govan das Leben der Sängerin aus psychoanalytischer Sicht und sieht die als Kind nicht verarbeitete Scheidung der Eltern als zentrales Ereignis in Winehouses späterem Leben. Demnach habe Amy bereits als Zehnjährige versucht, Selbstmord zu begehen.

Grabstein An der nördlichen Londoner Stadtgrenze, 30 Minuten vom letzten U-Bahnhof entfernt, befindet sich auf dem liberalen jüdischen Friedhof Edgwareburys das Grab mit der Asche der verstorbenen Sängerin. Der Ort ist in seiner Abgeschiedenheit ein Kontrast zu all dem, was in der Innenstadt an das turbulente Leben von Amy Winehouse erinnert.

Nach Angaben der Friedhofsverwaltung besuchen viele Menschen aus aller Welt das Grab mit dem in Stein gemeißelten Bild eines Vogels und der rosa Aufschrift »Don’t clip my wings« (Stutze meine Flügel nicht). Nicht nur auf ihrem Grabstein findet es sich wieder, sondern auch als Motiv der Amy Winehouse Foundation. Dieses Bild hatte sich die Sängerin einst auf ihren rechten Arm tätowieren lassen.

Im Musikcafé »Tower 47« gegenüber dem Roundhouse versteht man die dazugehörenden Worte. Dort hängt derzeit ein Gemälde des Künstlers Darren West, das Amy Winehouse mit zwei aus Neonröhren konstruierten Flügeln zeigt. Die Sängerin ist heute nicht nur Idol, sondern ein Engel – für manche gar eine Art Schutzengel.

Kommentar

Müssen immer erst Juden sterben?

Der Anschlag von Sydney sollte auch für Deutschland ein Weckruf sein. Wer weiter zulässt, dass auf Straßen und Plätzen zur globalen Intifada aufgerufen wird, sollte sich nicht wundern, wenn der Terror auch zu uns kommt

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025

Meinung

Blut statt Licht

Das Abwarten, Abwiegeln, das Aber, mit dem die westlichen Gesellschaften auf den rasenden Antisemitismus reagieren, machen das nächste Massaker nur zu einer Frage der Zeit. Nun war es also wieder so weit

von Sophie Albers Ben Chamo  14.12.2025 Aktualisiert

Anschlag in Sydney

Felix Klein: »Von Terror und Hass nicht einschüchtern lassen«

Zwei Männer töten und verletzen in Sydney zahlreiche Teilnehmer einer Chanukka-Feier. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung äußert sich zu der Tat

 14.12.2025

Terror in Sydney

Zivilist entwaffnet Angreifer und wird als »Held« gefeiert

Zwei Männer schießen auf Teilnehmer einer Chanukka-Feier in Sydney: Es gibt Tote und Verletzte. Ein Video soll nun den mutigen Einsatz eines Passanten zeigen

 14.12.2025

Australien

Merz: »Angriff auf unsere gemeinsamen Werte«

Bei einem Anschlag auf eine Chanukka-Feier in der australischen Metropole gab es viele Tote und Verletzte. Der Bundeskanzler und die Minister Wadephul und Prien äußern sich zu der Tat

 14.12.2025 Aktualisiert

Terror in Sydney

Zentralrat der Juden: »In Gedanken bei den Betroffenen«

Der Zentralrat der Juden und weitere jüdische Organisationen aus Deutschland äußern sich zu dem Anschlag auf eine Chanukka-Feier im australischen Sydney

 14.12.2025 Aktualisiert

Australien

16 Tote bei antisemitischem Massaker in Sydney

Australien ist im Schockzustand: Zwei Attentäter schossen am Sonntag auf Juden, die sich in Bondi Beach zu einer Chanukka-Feier versammelt hatten

von Michael Thaidigsmann  14.12.2025 Aktualisiert

Australien

Judenfeindlicher Terroranschlag in Sydney: Zwei Personen in Polizeigewahrsam

Die Polizei ruft nach dem Angriff in Sydney dazu auf, das Gebiet des Angriffs weiter zu meiden. Der Einsatz dauere an

 14.12.2025

Terror

Medienberichte: Terroranschlag in Australien bei Chanukka-Feier

Die Polizei warnt vor einem »sich entwickelnden Vorfall« am Bondi Beach. Ersten Berichten zufolge soll das Ziel ein Chanukka-Fest gewesen sein. Australische Medien berichten von mehreren Opfern

von Denise Sternberg  14.12.2025 Aktualisiert