Maghreb

Diplomatie und jüdisches Erbe

Das Ambiente war perfekt gewählt. In einem Saal des Berliner Pergamonmuseums, dort, wo die Fassade des Kalifenpalasts von Mschatta steht, versammelten sich am Mittwoch rund 150 Gäste der marokkanischen Botschaft zu einer knapp zweistündigen Konferenz. Das Thema: »Jüdisches Kulturerbe in Marokko«.

Aus dem nordafrikanischen Land waren der Kulturminister sowie einige jüdische Honoratioren angereist, um vor Diplomaten, Journalisten und Vertretern des Berliner jüdischen Lebens zu sprechen. Als Erster trat André Azoulay ans Pult. Er ist Mitglied der jüdischen Gemeinde und Berater des marokkanischen Königs Mohammed VI.

Azoulay begann seine Rede mit Kritik: Man interessiere sich für seine Region »leider nur dann, wenn sich Tragödien abspielen«, klagte er. Dabei gebe es durchaus Positives zu berichten: »Wir sind heute hier, um als Marokkaner Zeugnis abzulegen von einer schönen Geschichte.« Seit 3000 Jahren gebe es jüdisches Leben in seinem Land, hob er hervor. Die Juden seien Marokkaner und fest verwurzelt – »eine Erfolgsgeschichte«.

Nahostkonflikt Natürlich habe es auch Krisen gegeben, räumte Azoulay ein, aber wenn man sich die 3000 Jahre ansehe, könne man eine positive Bilanz ziehen: »Wir gehören zu dem sehr exklusiven Klub der Länder in der arabischen Welt, die ihr jüdisches Erbe mit großer Deutlichkeit anerkennen.« Gegen Ende seiner Rede kam Azoulay kurz auf den Nahostkonflikt zu sprechen, für dessen Lösung sich sein König einsetze: »Die Palästinenser müssen ihre Rechte wiederfinden«, sagte Azoulay, »es gibt nicht nur die Freiheit für den einen ohne die Freiheit für den anderen.«

Als einziger Nichtmarokkaner saß Norbert Lammert, der Präsident des Deutschen Bundestages, auf dem Podium. Er erinnerte an seinen Besuch in Marokko vor einem Jahr. Mit Premierminister Abdelilah Benkirame hat er damals die Slat-al-Fassiyin-Synagoge in Fez wiedereröffnet. Das aus dem 17. Jahrhundert stammende Bethaus war mit rund 150.000 Euro aus dem sogenannten Kulturerhaltprogramm des Berliner Auswärtigen Amts restauriert worden.

respekt Lammert sagte, er habe damals erfahren, dass zur stolzen Geschichte Marokkos gehört, »als islamisches Land über Jahrhunderte hinweg anderen Religionen Respekt entgegengebracht« zu haben. Das könne er über sein Land und über die Länder der Umgebung Marokkos nicht sagen. Der Konferenz wünsche er »eine nachhaltige Wirkung«, sagte er.

Dieser Wunsch könnte bald in Erfüllung gehen: Marokkos Kulturminister Mohamed Amine Sbihi kündigte im Pergamonmuseum an, dass auf Anweisung des Königs demnächst auch andere Synagogen restauriert würden. Als nächste habe man die Simon-Attias-Synagogue in der Hafenstadt Essaouira ins Auge gefasst. Die Arbeiten sollen bereits im April beginnen, die Wiedereinweihung ist für Herbst 2015 geplant. Wie das Auswärtige Amt in Berlin bekannt gab, wolle sich auch Deutschland mit einem »substanziellen Beitrag« an der Restaurierung beteiligen.

Friedhöfe Ein weiterer Redner bei der Konferenz war Serge Berdugo. Er ist Generalsekretär des Rates der jüdischen Gemeinden in Marokko und »Botschafter des Königs für besondere Aufgaben«. Berdugo hob hervor, dass auf Befehl des Königs derzeit auch die jüdischen Friedhöfe im Land restauriert würden. Rund 250 Begräbnisplätze seien bereits wieder in gutem Zustand.

»Seine Majestät, der König, verteidigt auch die Rechte seiner jüdischen Untertanen«, betonte Berdugo. Zwar beeinflusse der Nahostkonflikt die Beziehungen zwischen Juden und Arabern, »aber Marokko hat seine Juden nie verjagt und das Band zu uns nie gekappt. Die jüdische Gemeinde unterstützt vorbehaltlos seine Majestät, den König. Wir leben gut und in Frieden in Marokko. Wir hoffen, dass das so bleiben wird.«

In dem nordafrikanischen Land leben heute rund 3000 Juden. Seit den 50er-Jahren sind Zehntausende ausgewandert, vor allem nach Israel. Bei der Konferenz in Berlin war dies allenfalls ein Randthema.

München/Gent

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