Nachruf

Die zwei Leben des Thomas Buergenthal

Der Holocaustüberlebende Thomas Buergenthal spricht bei einer Holocaust-Gedenkzeremonie der Vereinten Nationen. Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com

Wer einmal das Glück hatte, mit Thomas Buergenthal zu sprechen, ihm zuzuhören, ihm Fragen zu seinem ebenso schicksalshaften wie bewegten Leben zu stellen, der wird diesen besonderen Menschen nicht vergessen. Dies geht aus Aussagen von Weggefährten hervor. Nun wurde bekannt, dass Thomas Buergenthal Anfang der Woche im Alter von 89 Jahren in Miami gestorben ist. Als Kind überlebte er Auschwitz, als Jugendlicher wanderte er in die Vereinigten Staaten von Amerika aus, wo er Jurist wurde.

Rund ein Jahr nach der Machtübernahme der Nazis, am 11. Mai 1934, wurde Thomas Buergenthal in der tschechischen Gemeinde Ľubochňa als Sohn deutsch-polnischer Juden geboren. Seine Kindheit war aufgrund der Nazi-Herrschaft kurz, sie endete abrupt, als er nach einem Aufenthalt im polnischen Ghetto Kielce nach Auschwitz deportiert wurde.

Im Jahr 1945 überlebte Buergenthal nach der Räumung des Vernichtungslagers als eines von wenigen Kindern einen Todesmarsch von dort nach Sachsenhausen. Er war gerade einmal elf Jahre alt. Dann kam die Befreiung.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Wiedersehen in Göttingen Seine Mutter wurde ins KZ Ravensbrück deportiert und überlebte ebenfalls einen Todesmarsch. Thomas Buergenthal traf sie erst 1946 in Göttingen wieder. Sein Vater starb kurz vor der Befreiung im KZ Flossenbürg.

Sechs Jahre nach der Schoa ging Buergenthal im Alter von 17 Jahren nach Amerika. Am Bethany College im Bundesstaat West Virginia studierte er Jura, bevor er an der New York University Law School sowie an der Harvard Law School weitere Abschlüsse machte.

Später, als Experte für Völkerrecht und Menschenrechte, erhielt der Jurist zahlreiche Ehrendiplome von ebenso vielen Hochschulen in den USA.

Jahrzehnte lang war er als Juraprofessor tätig. Er unterrichtete unter anderem an der American University, der Emory University, der George Washington University und der University of Texas. Von 1985 bis 1987 war Thomas Buergenthal Richter am Interamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte, in den 90er-Jahren Mitglied der Wahrheitskommission für El Salvador und des UN-Menschenrechtsausschusses, bevor er zur Jahrtausendwende Richter am Internationalen Gerichtshof (ICJ) in Den Haag wurde.

A Lucky Child Als Autor und Co-Autor veröffentlichte Buergenthal mehrere Bücher, die sich mit den Menschenrechten, dem internationalen Recht sowie dem Luftfahrtrecht befassten.

Dann erschien seine Autobiografie »A Lucky Child: A Memoir of Surviving Auschwitz as a Young Boy«, die auch in anderen Sprachen verfügbar ist, inklusive Deutsch (»Ein Glückskind. Wie ein kleiner Junge zwei Ghettos, Auschwitz und den Todesmarsch überlebte und ein zweites Leben fand«).

Auch in der Bundesrepublik erhielt Thomas Buergenthal Ehrendoktorwürden, nämlich von der Juristischen Fakultät Heidelberg und der Juristischen Fakultät der Georg-August-Universität Göttingen. Hinzu kamen zahlreiche weitere Ehrungen, darunter der Gruber Justice Prize sowie der Elie Wiesel Award. Im Jahr 2017 wurde er mit dem Großen Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. In seiner Anwesenheit wurde 2008 das Göttinger Haus der Stadtbibliothek nach Buergenthal benannt.

Externer Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt, der den Artikel anreichert. Wir benötigen Ihre Zustimmung, bevor Sie Inhalte von Sozialen Netzwerken ansehen und mit diesen interagieren können.

Mit dem Betätigen der Schaltfläche erklären Sie sich damit einverstanden, dass Ihnen Inhalte aus Sozialen Netzwerken angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittanbieter übermittelt werden. Dazu ist ggf. die Speicherung von Cookies auf Ihrem Gerät nötig. Mehr Informationen finden Sie hier.

Trump und Judenhass Buergenthal machte sich auch Gedanken über Politik. In einem Interview mit der Jüdischen Allgemeinen im Jahr 2018 sagte er, eine Wiederwahl Donald Trumps müsse verhindert werden. Zwei Wochen nach dem Massaker von Pittsburgh, bei dem in der Tree of Life-Synagoge 11 Gemeindemitglieder ermordet worden waren, erklärte Thomas Buergenthal, Antisemitismus habe es in den Vereinigten Staaten immer gegeben.

»Viele Jahre war es beispielsweise sehr schwierig für jüdische Professoren, von den führenden Universitäten angestellt zu werden. Es war kompliziert für Juden, an Medizinhochschulen angenommen zu werden. Von solchen Geschichten gibt es eine Menge, und ich habe auch eigene Erfahrungen damit machen müssen.«

Beim ICJ beschäftigte er sich auch mit Israel. Unter allen dort tätigen Richtern war Buergenthal der einzige, der 2004 gegen ein Urteil stimmte, das die israelischen Sperranlagen im Westjordanland als illegal bezeichnete.

Thomas Buergenthal, einer der jüngsten Auschwitz-Überlebenden, das »Glückskind«, das zum Vordenker und Richter wurde, wird unvergessen bleiben.

USA

Angriff auf Cousin einer ermordeten Geisel

Ariel Yaakov Marciano wurde in Santa Monica angegriffen und geschlagen, weil er Hebräisch sprach

 17.09.2025

Belgien

Gent bleibt hart: Lahav Shani bei Festival weiter unerwünscht

Nach massiver Kritik befasste sich der Verwaltungsrat des Musikfestivals am Montagabend erneut mit der Ausladung der Münchner Philharmoniker. Es blieb bei der Ausladung

von Michael Thaidigsmann  16.09.2025

Bundesamt für Statistik

Dieser hebräische Vorname ist am beliebtesten bei Schweizer Eltern

Auch in der Schweiz wählen Eltern weiterhin häufig biblische Namen für ihr Neugeborenes

von Nicole Dreyfus  16.09.2025 Aktualisiert

Kommentar

Das Geraune von der jüdischen Lobby

Der Zürcher »Tages-Anzeiger« befasst sich kritisch mit dem Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund, der die Absage einer Veranstaltung mit Francesca Albanese an der Uni Bern gefordert hatte. Dabei war diese Intervention richtig

von Michael Thaidigsmann  15.09.2025

Argentinien

Raubkunst in der Immobilienanzeige

Die Tochter eines Naziverbrechers wollte ihre Villa verkaufen und führte Ermittler auf die Spur einer gestohlenen Kunstsammlung

von Andreas Knobloch  13.09.2025

München/Gent

Charlotte Knobloch spricht von »historischem Echo«

Nach der Ausladung des israelischen Dirigenten Lahav Shani von einem Musikfestival meldet sich Charlotte Knobloch mit deutlichen Worten

 11.09.2025

Italien

Jüdisches Touristen-Paar in Venedig attackiert

Die Täter schrien »Free Palestine«, bevor sie die Ehefrau mit einer Flasche attackierten und ihren Ehemann ohrfeigten

 11.09.2025

Georgien

Sicher und schön

Der Kaukasus-Staat pflegt Erbe und Zukunft der Juden. Und bietet atemberaubende Natur. Ein Besuch

von Michael Khachidze  11.09.2025

Belgien

Argerich, Maisky, Schiff empört über Gent-Festival

Bekannte jüdische und nichtjüdische Musiker haben eine Petition gestartet, um gegen die Ausladung der Münchner Philharmoniker und ihres Dirigenten Lahav Shani zu protestieren

 11.09.2025