Arabien

Die geheime Synagoge am Persischen Golf

Foto: imago

In einer unscheinbaren Villa inmitten von Häusern in einem Nobelviertel von Dubai trifft sich die jüdische Gemeinschaft und betet. Sie versammeln sich regelmäßig in der ersten Synagoge auf der arabischen Halbinsel seit Jahrzehnten.

Die Mitglieder halten den genauen Ort ihrer Synagoge zwar geheim. Doch die bloße Existenz der Synagoge und die stillschweigende Zustimmung, die sie von dem islamischen Scheichtum erfahren hat, spiegeln die langsame Rückkehr jüdischen Lebens am Persischen Golf wieder. Die Gemeinde hier war nach der Gründung des Staates Israel über Jahrzehnte entwurzelt worden.

FÖRDERUNG Der Herrscher der Vereinigten Arabischen Emirate bemühen sich um eine Förderung der Gemeinde unter anderem durch überkonfessionelle Veranstaltungen. Sie versprechen zudem den Bau eines milliardenschweren konfessionsübergreifenden Komplexes in Abu Dhabi mit einer Moschee, einer Kirche und einer Synagoge. Dahinter steht der Versuch, das Image der Emirate im Westen aufzupolieren.

Zugleich nähern sich – geeint durch den gemeinsamen Feind Iran – die arabischen Golfstaaten und Israel langsam an. Die Frage der Zukunft Palästinas bleibt aber ein Keil.

Die Beter halten den genauen Ort ihrer Synagoge geheim.

Trotz der Herausforderungen sehen leitende Mitglieder der jüdischen Gemeinde in Dubai in der Tatsache, dass sie hier nun geduldet werden, einen Hoffnungsschimmer für die Zukunft. »Wir haben langsam unseren Platz im Ökosystem der Vereinigten Arabischen Emirate gefunden«, sagt Ross Kriel, Präsident der neuen Jüdischen Gemeinde der Emirate. »Das spiegelt unseren Optimismus über die Zukunft der Vereinigten Arabischen Emirate wider als Platz für uns, um zu kommunizieren, uns einzubringen und zu wachsen.«

IRAN In der Region gab es einst etliche prosperierende jüdische Gemeinden. Sie erstreckten sich von Bagdad und Teheran bis nach Bahrain, von der Ostküste des Omans bis in den Süden des Jemens. Doch nach der israelischen Staatsgründung 1948 wandten sich die arabischen Staaten gegen ihre jüdischen Nachbarn.

Zudem flohen nach der Islamischen Revolution im Iran Zehntausende Juden aus dem Land, dessen schiitische Führung Israel als Feind sieht. Heute lebt im Iran noch eine kleine jüdische Gemeinde und in Bahrain gibt es einige wenige Familien. Ihre und andere Synagogen sind zumeist vereinzelte Relikte der Vergangenheit.

Doch die Vereinigten Arabischen Emirate, eine Konföderation aus sieben Scheichtümern, wurden erst 1971 gegründet und hatten keine bedeutsame historische Verbindung zu den Juden. Zwar erkennen sie Israel diplomatisch noch nicht an. Regierungsvertreter haben israelischen Kollegen aber Besuche erlaubt, und bei einer Sportveranstaltung wurde die israelische Nationalhymne gespielt. Im kommenden Jahr nimmt Israel an der Weltausstellung Expo in Dubai teil.

In einer unscheinbaren Villa in einem Nobelviertel betet die jüdische Gemeinschaft von Dubai.

Das jüdische Leben in den Emiraten dreht sich jetzt um die Villa in Dubai. Dort versammelt sich eine bunte Gruppe aus Betern jede Woche zu Gebeten, koscheren Mahlzeiten und Feiertagen. In dem Wohnzimmer des Hauses wird aus der Tora gelesen und gebetet. Im Wohnbereich im ersten Stock können die Beter übernachten, die am Schabbat nicht reisen.

BAR MIZWA In der neuen Synagoge wurden bereits Bar-Mitzwa-Feiern abgehalten und Beschneidungen für neugeborene Jungen durchgeführt. Die Gottesdienste werden nach orthodoxer Tradition mit getrennten Sitzplätzen für Männer und Frauen gefeiert. Zu Sukkot errichtete die Gemeinde in der vergangenen Woche im Hinterhof eine provisorische Laubhütte.

Insgesamt bleibt die Gemeinde vorsichtig und viele Mitglieder wollen nicht namentlich genannt werden. Reporter müssen vor dem Besuch zusagen, die Synagoge nicht zu fotografieren und nicht ihren Standort zu beschreiben. Kriel selbst lobt die Offenheit der Emirate und erklärte, er fühle sich in Dubai sehr sicher. Dennoch verzichte er darauf, auf der Straße eine Kippa zu tragen.

»Obwohl unsere Gemeinde in der jüdischen Welt sehr einzigartig ist, wollen wir nicht zu viel Aufhebens machen um unsere Präsenz hier«, sagt er. »Unsere Zukunftsvision ist eine jüdische Gemeinschaft, die nicht nur als normaler Bestandteil des Lebens in den Vereinigten Arabischen Emiraten angesehen wird, sondern als Ort, wo Juden sich entfalten.«

Religiöse Intoleranz habe sich als Hauptquelle von Konflikten und Extremismus erwiesen, sagt Staatsminister Omar Ghobash.

Die Emirate haben ein »Jahr der Toleranz« ausgerufen. Dieses umfasste unter anderem einen Besuch von Papst Franz Franziskus, eine konfessionsübergreifende Konferenz mit amerikanischen Rabbinern und evangelikalen Christen sowie die Schaffung eines Ministeriums für Toleranz.

KOSTEN Auch das geplante Drei-Religionen-Haus gehört dazu. Passend zu einem Land, das bereits über das höchste Gebäude der Welt, gigantische Shopping Malls und den Flughafen mit dem größten Passagieraufkommen im internationalen Reiseverkehr verfügt: Die Synagoge in dem Komplex soll die teuerste aller Zeiten werden. Die Kosten werden auf mehrere Hundert Millionen Dollar geschätzt.

Religiöse Intoleranz habe sich als Hauptquelle von Konflikten und Extremismus erwiesen, sagt Omar Ghobash, Staatsminister für kulturelle und öffentliche Diplomatie. »Die Vereinigten Arabischen Emirate stehen an vorderster Front im Kampf gegen diese Kräfte durch den Aufbau einer vielfältigen, modernen, progressiven und stabilen Gesellschaft, die Integration fördert. Wir sehen darin sowohl eine Gelegenheit als auch eine Verantwortung.«

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