Emirate

Der Synagogenwürfel

Erstmals seit 100 Jahren ist in der arabischen Welt wieder ein neu erbautes jüdisches Bethaus eröffnet worden

von Tobias Kühn  23.02.2023 06:37 Uhr

Moses-Ben-Maimon-Synagoge in Abu Dhabi Foto: Abu Dhabi GovPO

Erstmals seit 100 Jahren ist in der arabischen Welt wieder ein neu erbautes jüdisches Bethaus eröffnet worden

von Tobias Kühn  23.02.2023 06:37 Uhr

Dass in einem muslimischen Land eine Synagoge gebaut wird, ist etwas Besonderes. Vergangene Woche wurde laut Medienberichten in Abu Dhabi, der Hauptstadt der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE), ein neues jüdisches Bethaus eröffnet: die Moses-Ben-Maimon-Synagoge.

Sie ist Teil des sogenannten Abrahamic Family House auf der Kulturinsel Saadiyat. Dort machen Touristen aus aller Welt Urlaub – an einem der schönsten Strände Arabiens gibt es zwischen feinen Hotels und Golfplätzen hochkarätige Museen wie eine Dependance des Louvre und demnächst auch eine des New Yorker Guggenheim-Museums.

DIALOG Und weil zur Kultur auch Religion gehört, entstand in den vergangenen Jahren auf der Insel das interreligiöse Abrahamic Family House mit einer Moschee, einer Synagoge und einer Kirche. Es ist weltweit der erste Komplex dieser Art und soll »eine Plattform für (…) den Dialog sein, ein Modell für das Zusammenleben«, sagte bei der Eröffnung am Donnerstag vergangener Woche VAE-Kulturminister Mohamed Khalifa Al Mubarak, der auch Präsident des Abrahamic Family House ist.

Die drei Bethäuser – die Eminence-Ahmed-El-Tayeb-Moschee, die Sankt-Franziskus-Kirche und die Moses-Ben-Maimon-Synagoge – gleichen sich von außen: Jedes der drei Gebäude hat die Form eines Würfels, der 30 Meter tief, breit und hoch ist. Entworfen hat sie der in Tansania geborene britische Architekt David Adjaye.

An der Eröffnung nahm auch der britische Oberrabbiner Ephraim Mirvis teil. Er war mit einer kleinen Delegation, zu der auch die Präsidentin des Board of Deputies, Marie van der Zyl, gehörte, nach Abu Dhabi gereist.

Mirvis brachte eine Mesusa am Eingang der neuen Synagoge an und sagte: »Wir haben uns versammelt, um dieses bemerkenswerte Denkmal der liebenden Güte zu feiern – das Abrahamic Family House. Von heute an wollen wir diese außergewöhnliche heilige Stätte nutzen, um Harmonie und Frieden zu fördern. In einer Welt, in der Unterschiede uns trennen können, wollen wir hier zum Ausdruck bringen, dass unsere gemeinsamen Werte um unserer universellen Bestrebungen willen Bestand haben werden.« Später hob Mirvis in einem Tweet hervor, dass es die erste neu gebaute Synagoge in der arabischen Welt seit fast einem Jahrhundert ist.

Beit Midrasch Zu dem Bethaus gehören auch ein Beit Midrasch, zwei Mikwaot und eine Wohnung für den Rabbiner. In den Emiraten lebt eine kleine jüdische Gemeinde, die bisher in Privaträumen gebetet hat. 2019 wurde sie von der Regierung anerkannt.

Die VAE waren das erste Land am Golf, das 2020 seine Beziehungen zu Israel normalisierte. Dies war Teil des von den USA vermittelten Abraham-Abkommens, in des­sen Rahmen Jerusalem auch diplomatische Beziehungen zu Bahrain, Marokko und dem Sudan aufnahm. Das Abraham-Abkommen brach mit der langjährigen panarabischen Politik, Israel zu isolieren.

Das Abrahamic Family House steht für diese neue Politik. Kulturminister Khalifa Al Mubarak betonte bei der Eröffnung, der interreligiöse Komplex sei »ein Symbol für die langjährigen Werte der Emirate, nämlich gegenseitigen Respekt und friedliche Koexistenz«.

torarolle Der Präsident des Landes, Mohamed Bin Zayed, nahm an der Eröffnung zwar nicht teil, aber er spendete der kleinen jüdischen Gemeinde eine Torarolle, die am Sonntag feierlich eingebracht wurde.

Der Rabbiner der Vereinigten Arabischen Emirate, Yehuda Sarna, erinnerte sich daran, wie er 2019 vor Ort war. Es gab damals »nichts als Staub, und wir sind auf viele Herausforderungen und Fragen gestoßen, wie wir diesen Ort zu einer Synagoge machen können, die von Juden auf der ganzen Welt genutzt werden kann«.

Sarna ist zufrieden. Die neue Synagoge verschönere die Landschaft, sagt er, es sei »etwas ganz Besonderes, einfach nur in diesem Raum zu sein«.

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