USA

Der Irrsinn nach Newtown

Sperrzone kurz nach der Tat Foto: Reuters

Die Geschichte von Gene Rosen ist ein Beispiel dafür, dass keine gute Tat ungestraft bleibt. Am 14. Dezember des vergangenen Jahres verließ der 69-jährige Rosen – ein Psychologe im Ruhestand – sein Haus, um in einem Lokal um die Ecke etwas zu Mittag zu essen. Er stieß auf sechs Kinder und einen Erwachsenen in seiner Garagenauffahrt, die sich dort zusammenkauerten.

Verwirrt fragte Rosen, was sie dort zu suchen hätten. Sie sagten es ihm: Gerade hätte in der Sandy-Hook-Schule ein Irrer angefangen, um sich zu schießen. Die sechs Kinder seien mit dem Leben davongekommen; bei dem Erwachsenen handelte es sich um den Fahrer eines Schulbusses, der sie aus der Gefahrenzone gebracht habe. Gene Rosen tat, was jeder in dieser Lage getan hätte: Er lud die Kinder und den Busfahrer in sein Haus ein. Diese nette Geste sollte ihm noch leidtun.

Mittlerweile haben sich nämlich um das Massaker in der Grundschule von Newtown, Connecticut, die irrsinnigsten Verschwörungstheorien gebildet. Manche behaupten, die Schießerei habe überhaupt nicht stattgefunden, es handle sich um einen üblen Scherz der Medien.

Blogger Andere sagen, hinter der Schießerei stecke die Bundesregierung in Washington: Präsident Barack Obama habe die Sache angezettelt, um einen Vorwand zu haben, den Amerikanern ihre Waffen wegzunehmen und eine Diktatur zu errichten. Diese Theorie wird, wie die jüdische Zeitung »The Forward« berichtet, nicht nur von anonymen Bloggern verbreitet, sondern auch von Jack Winstrom, einem rechtsradikalen Radiomoderator in Michigan, und von James Tracy, einem Universitätsprofessor in Florida.

Und dann ist da noch Mike Harris, der eine antizionistische Webseite betreibt. In einem Interview für einen Fernsehsender, der von der iranischen Regierung finanziert wird, hat er »israelische Todesschwadronen« für die toten Schulkinder von Newtown verantwortlich gemacht. Außerdem beschuldigt Harris die »Kultur der Gewalt« in Amerika. An ihr sei Hollywood schuld, das von – na, von wem wohl? – den Zionisten beherrscht werde.

All diese Verschwörungstheoretiker haben nun Gene Rosen ins Visier genommen. Denn Rosen ist zufällig Jude. Im Internet kursiert ein Video, das ihn in einem Interview mit einem örtlichen Fernsehsender zeigt. Rosen ist tief verstört, den Tränen nah, ringt um Worte, macht lange Pausen zwischen den Sätzen. Für die Verschwörungstheoretiker ein Beweis, dass dieser Auftritt einstudiert war.

Drohungen »Ich weiß nicht, was ich tun soll«, sagte Rosen in einem Gespräch mit Salon.com. »Ich erhalte Anrufe, bei denen sofort wieder aufgehängt wird, ich bekomme Mails – nicht mit direkten Drohungen, aber mit der Anschuldigung, ich sei ein Lügner, ein Schauspieler. Ich werde gefragt, wie viel man mir bezahlt hat.«

Man könnte nun sarkastisch fragen: Warum sollen die Juden, die doch bekanntlich an allem schuld sind, ausgerechnet für das Blutbad in Newtown nicht verantwortlich sein? Aber Gene Rosen ist von dem Hass, der ihm so plötzlich entgegenschlägt, zutiefst verstört. Er isoliert sich in seinem Haus in Connecticut, kapselt sich ab. Für ein Interview mit der Jüdischen Allgemeinen war er nicht zu sprechen.

Ukraine

Auf allen Kanälen

Anna Ukolova ist die russischsprachige Stimme der israelischen Armee. Ein Interview über Blogger, anti-israelische Propaganda und das Leben als Einwanderin

von Eugen El  18.06.2025

Imanuels Interpreten (10)

Kenny G: Das Enfant Terrible des Jazz

Er ist der erfolgreichste Instrumentalmusiker – und der meistgehasste. Warum eigentlich?

von Imanuel Marcus  17.06.2025

Krieg in Israel

Rabbiner: Unterstützung für gestrandete Israelis in Europa

Sie können momentan nicht nach Israel zurück. Jüdische Gemeinden in Europa sind gebeten, sie mit Unterkünften und anderem zu unterstützen. In Gemeinden herrscht unterdessen große Besorgnis, auch wegen der Sicherheit

von Leticia Witte  16.06.2025

Nachruf

Der Lippenstiftverkäufer

Leonard Lauder, der aus dem von seinen Eltern gegründeten Kosmetikunternehmen Estée Lauder einen Weltkonzern machte, ist im Alter von 92 Jahren gestorben

von Michael Thaidigsmann  16.06.2025

USA

Farlir nur nit dein Hofenung

Wie ein schwarzer Kantor in den 1920ern New Yorks Juden verzauberte und sogar durch Europa tourte. Die unglaubliche Geschichte des Thomas LaRue, dessen Stimme erstmals wieder zu hören ist

von Nicole Dreyfus  15.06.2025

Nationaler Sicherheitsrat

Offizielle Warnungen für Israelis und Juden im Ausland

Wachsamkeit, Kooperation und Zurückhaltung. Der israelische Nationale Sicherheitsrat hat Warnhinweise für Israelis und Juden im Ausland veröffentlicht

 13.06.2025

Zürich

Israelhasser wollten Zürich zum Stillstand bringen

Am Donnerstagabend wollten »propalästinensische« Demonstranten durch die Zürcher Innenstadt ziehen

von Nicole Dreyfus  12.06.2025 Aktualisiert

Bosnien und Herzegowina

Goldschmidt: Boykott von Rabbinertreffen ist »eine Schande«

Die Europäische Rabbinerkonferenz kann nicht in Sarajevo tagen. Grund ist der Boykottaufruf eines Ministers. Der CER-Präsident fordert nun Konsequenzen

von Michael Thaidigsmann  12.06.2025

New York

Weinstein in neuem Prozess wieder verurteilt

Der Schuldspruch gegen den ehemaligen Filmmogul im Jahr 2020 galt als Meilenstein – bis er 2024 überraschend kassiert wurde. Nun hat erneut eine Jury geurteilt, aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen

 12.06.2025