Teddy Kollek

»Der größte Bauherr seit König Herodes«

Er lud Staatschefs ein und wurde im Ausland wie ein König empfangen – obwohl er selbst doch nur ein Bürgermeister war. Aber seine Stadt, Jerusalem, ist keine Stadt wie andere – und er war kein Bürgermeister wie andere.

Teddy Kollek prägte Israels Hauptstadt wie niemand sonst im 20. Jahrhundert. In den 28 Jahren seiner Amtszeit (1965–1993) machte er Jerusalem zu einer modernen Metropole. Als Muster diente ihm dabei Wien. Dort hatte er seine Kindheit und Jugend verbracht, war zur Schule gegangen und hatte im Verein Fußball gespielt. Nach dem Vorbild der alten k.u.k. Metropole mit ihren Theatern und Grünanlagen, der Oper und der Ringstraße wollte Kollek Jerusalem neu gestalten.

Das Jüdische Museum Wien widmet dem legendären Sohn der Stadt zurzeit eine kleine, aber sehr gelungene Ausstellung. Sie trägt den Titel: Teddy Kollek. Der Wiener Bürgermeister von Jerusalem. Darin erzählen Textdokumente und Fotos, Filme und private Gegenstände über Kolleks Leben.

Schnorrer »Ich feiere, wenn’s was bringt«, wird er da zitiert, denn er lud nur dann zur Geburtstagsparty ein, wenn für seine Stadt etwas heraussprang. Weil er immerzu damit beschäftigt war, für Jerusalem Geld einzutreiben, war er bald als »Teddy Collect« verschrien, und man nannte ihn liebevoll »den größten Schnorrer aller Zeiten«.

Er sei ein »ganz und gar furchtloser Mensch« gewesen, erinnert sich eine einstige Weggefährtin in einer Filmsequenz: »Teddy hatte vor nichts Angst. Seine Telefonnummer stand im Telefonbuch, seine Adresse ebenso. Und wenn jemand anrief und sagte, er wolle ihm am Damaskustor einen Scheck überreichen, sagte er ›Okay‹, fuhr hin und nahm den Scheck entgegen. Solange es darum ging, etwas für Jerusalem zu tun, war nichts gefährlich für ihn.«

Kurz nach seinem Amtsantritt 1966 hatte er die sogenannte Jerusalem Foundation gegründet. Sie versucht bis heute, zwischen jüdischen, christlichen und muslimischen Einwohnern der Stadt zu vermitteln.

Stiftung »Ich will der Bürgermeister aller Menschen in Jerusalem sein«, sagte Kollek immer wieder. Und so waren die Jahre seiner Amtszeit vor allem durch den Glauben an ein friedliches Zusammenleben aller Einwohner geprägt. Kolleks Stiftung, das liest man in der Ausstellung, trug stark dazu bei. Sie gab Geld für die Restaurierung von Kirchen oder für den Bau der arabischen Zentralbibliothek, es wurden Parks und Spielplätze gestaltet und Museen errichtet. Bald galt Kollek als »der größte Bauherr in Jerusalem seit König Herodes«.

Die Stadt dankte es ihrem Bürgermeister: Man benannte im Zoo einen Elefanten nach ihm und gab auch dem neuen Fußballstadion den Namen »Teddy«.

Die Einwohner der Stadt nahmen es Teddy Kollek ab, dass er an ihnen wirkliches Interesse hatte, denn er suchte ihre Nähe nicht nur im Wahlkampf. »Der Teddy ist in aller Herrgottsfrüh durch die Straßen von Jerusalem gegangen und hat geschaut, ob alles sauber und in Ordnung ist«, erinnert sich eine Bekannte.

Die Ausstellung verschweigt aber auch nicht, was für ein schwieriger Job es war, Bürgermeister von Jerusalem zu sein. In einer Tonaufnahme erinnert sich ein Weggefährte: »Das Kunststück war, mit ultraorthodoxen und mit säkularen Juden, mit Arabern und mit Christen eine Stadt zu führen. Aber irgendwie hat er es geschafft.« Mit Wehmut denken heute viele Einwohner an jene Zeit zurück.

Die Ausstellung ist noch bis zum 25. November zu sehen.

Spanien

Mallorca als Vorbild

Das Stadtparlament von Palma hat eine Antisemitismus-Resolution verabschiedet – anders als der Rest des Landes

von Sabina Wolf  26.07.2024

Sport

Der Überflieger

Artem Dolgopyat ist in Israel ein Star. Bei den Olympischen Spielen 2021 in Tokio gewann der Turner Gold, 2023 wurde er Weltmeister. Nun tritt er in Paris an

von Martin Krauß  26.07.2024

Europäisches Parlament

»Zittert. Das hier ist nur der Anfang«

Die frisch gebackene französische Abgeordnete Rima Hassan hetzt gegen Israel

von Michael Thaidigsmann  25.07.2024

Ausstellung

Olympioniken im KZ Buchenwald

Auf dem Ettersberg bei Weimar treffen unterschiedlichste Biografien aufeinander

von Matthias Thüsing  25.07.2024

Frankreich

»Man ist schließlich französisch«

Ganz Paris feiert die Olympischen Spiele. Ganz Paris? Nicht alle Juden fühlen sich vom erwünschten »Wir-Effekt« angesprochen. Denn das Land bleibt zerrissen

von Sophie Albers Ben Chamo  25.07.2024

USA

Die zweite Wahl?

Mit dem Rückzug von Joe Biden und der Kandidatur von Kamala Harris könnte das Rennen um die Präsidentschaft noch einmal richtig spannend werden

von Michael Thaidigsmann  24.07.2024

Jüdische Emigration

Die Niederlande - Ein Ort der Zuflucht für Juden?

Die Historikerin Christine Kausch nimmt das Leben jüdischer Flüchtlinge in den Blick

von Christiane Laudage  24.07.2024

Vor 80 Jahren

Von Rhodos nach Auschwitz

1944 wurden 2000 Jüdinnen und Juden von Rhodos nach Auschwitz deportiert. Nur wenige überlebten

von Irene Dänzer-Vanotti  23.07.2024

Jerusalem

Nach Gaza entführter Holocaust-Experte für tot erklärt 

Der Historiker Alex Dancyg ist in der Geiselhaft umgekommen

 22.07.2024