Porträt

Schaf im Wolfspelz

Scheint hinter der »harten Fassade« ein Romantiker zu sein: Aaron Taylor-Johnson Foto: picture alliance / Scott Garfitt/Invision/AP

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Schaf im Wolfspelz

Aaron Taylor-Johnson könnte Daniel Craig als James Bond nachfolgen

von Imanuel Marcus  16.01.2023 10:23 Uhr

Um es gleich vorwegzunehmen: Der Brite Aaron Taylor-Johnson wird als James Bond keine Kippa tragen. Aber wäre es nicht aufregend, zur Abwechslung einmal einem jüdischen Darsteller dabei zuzusehen, wie er die Welt rettet? Medienberichten zufolge könnte es bald soweit sein.

Als Roger Moore in Moonraker, dem elften Film der James-Bond-Reihe, versuchte, dem »Beißer« zu stoppen, was wegen dessen Metallgebiss scheitern musste, war ein Christ am Werk.

vorgänger Dasselbe galt bei allen seinen Vorgängern und bisherigen Nachfolgern: Sean Connery war Jahre vor dem Eintritt Moores damit beschäftigt, Gert Fröbe in die Karten zu schauen, als dieser den obskuren Auric Goldfinger verkörperte. Connerys Vater war Katholik, seine Mutter Protestantin. Die einzige jüdische Verbindung in Connerys Leben ist Carol Sopel, eine »dunkelhaarige Schönheit mit der Figur einer Ballerina«, mit der er in den frühen 50er-Jahren »ausging«, wie es damals hieß.

Bereits im Alter von sechs Jahren spielte er
in Shakespeares »Macbeth« mit.

Hat jemand den heute 83-jährigen Australier George Lazenby jemals in einer Synagoge oder einem koscheren Deli gesehen? Vermutlich nicht.

Timothy Dalton lenkte den mit einem beschädigten Stradivari-Cello beladenen Aston Martin V8 Vantage in Der Hauch des Todes souverän durch Prag, aber er ist ebenso wenig jüdisch wie Pierce Brosnan, der Jahre vor seiner 007-Zeit als Altarjunge in einer katholischen Kirche in Irland tätig war, oder Daniel Craig, der übrigens schon nach Skyfall keine Lust mehr hatte und daher dringend abgelöst werden muss. Craig ist immerhin mit der jüdischen Schauspielerin Rachel Weisz verheiratet.

BEWUNDERER Aber könnte es ein jüdischer James Bond besser machen als Craig, Connery, Moore und Co.? Dies ist selbst für Aaron-Taylor-Fans eher unwahrscheinlich, denn vor allem die frühen Bonds sind kaum zu toppen, unabhängig davon, wie jüdisch, christlich, muslimisch oder buddhistisch ihre Nachfolger sein mögen. Aber Taylor-Johnson würde nach Ansicht seiner Bewunderer als Bond überzeugen und die Serie mit seinem Stil bereichern.

Hauptrollen sollten besetzt werden, damit sie funktionieren. Produzentin Barbara Broccoli und ihre Leute rechnen Insidern zufolge vor 2024 nicht mit dem Beginn der Dreharbeiten, denn einen Bond-Streifen ohne Bond zu drehen, ist nicht leichter, als einen Wodka Martini zu schütteln, wenn man die entsprechenden Flaschen noch nicht besorgt hat.

Zudem braucht Bond Nr. 26 ein Drehbuch. Da das Material des 007-Schöpfers Ian Fleming längst aufgebraucht ist, im Fall von Casino Royal sogar schon doppelt, müsste vorher das entsprechende Drehbuch verfasst werden.

Dass Taylor-Johnson hinter der harten Fassade ein Romantiker zu sein scheint, ist ein Aspekt, der Frau Broccoli offenbar nicht weiter stört.
Denn in der Action-Komödie Kick-Ass hat er schon früh unter Beweis gestellt, dass er Gegnern ohne falsche Bescheidenheit, Tacheles gesprochen, in den Hintern treten kann, wenn dieses Vorgehen verlangt wird.

EINSTELLUNGSKRITERIEN Dies dürfte bei 007 eines der zentralen Einstellungskriterien sein. Hier geht es um einen Filmcharakter, der sowohl der Political Correctness als auch der Emanzipation erfolgreich fernbleibt und dessen schlagkräftige Argumente nur wenig Widerspruch zulassen.

Im Jahr 2009, als Aaron Perry Taylor-Johnson nicht einmal 20 Jahre alt war, verkörperte er niemand Geringeren als John Lennon in dem Werk Nowhere Man von Regisseurin Samantha Taylor-Wood.

Drei Jahre später änderte sich der zweite Teil ihres Nachnamens. Seither ist die 55-jährige Sam Taylor-Johnson mit dem 23 Jahre jüngeren, sanftmütigen Schönling im Körper eines Geheimagenten mit der Lizenz zum Kaputtschlagen, einem »Schaf im Wolfspelz«, verheiratet. Zwei Töchter brachte sie mit in die Ehe, zwei weitere wurden seither geboren.

Wer aus dem verschlafenen Buckinghamshire kommt, wo Aalsülze eine der herausragenden Spezialitäten ist und der britische Dauerregen auf den hervorragend gepflegten Rasen fällt, wird im Normalfall ein ruhiges Leben in guter Luft erwarten und eher an Bodenständigkeit interessiert sein, als an Schauspiel, Singen und Stepptanz. Es sei denn, man heißt Aaron Perry Taylor-Johnson und verfügt über mehr Energie als der Duracell-Hase, gepaart mit Ambitionen.

Der 32-Jährige ist mit der 55-jährigen Regisseurin Sam Taylor-Johnson verheiratet.

Und wer im Alter von sechs Jahren bereits in Shakespeares Macbeth mitspielt, der scheint wirklich der geborene Schauspieler zu sein. Als das neue Millennium gerade über die Welt hereinbrach, war der heutige Vielleicht-James-Bond Teil einer Aufführung des Arthur-Miller-Stückes All My Sons, und dies mit zehn.

golden Globe Die Anfragen von Regisseuren tröpfelten zunächst, wurden dann zu einem Bach und schließlich zu einem Strom, der Aaron Taylor-Johnson mitriss. Später folgten mit The Return of the First Avenger und Avengers: Age of Ultron die Marvel-Verfilmungen und mit Nocturnal Animals, einem Film, für den er für die beste Nebenrolle mit einem Golden Globe geehrt wurde, weitere Hits. Kraven the Hunter, ein weiteres mit Spiderman verwandtes Werk, erscheint dieses Jahr. Der heute 32-jährige Schauspieler erhielt 2022 beim Locarno Film Festival den Excellence Award.

Taylor-Johnson wurde schnell der Star, der jüngst bei Barbara Broccoli sogar das typische Bond-Intro mit dem Pistolenlauf probeweise drehen durfte. Dies spricht für weit fortgeschrittene Gespräche. Noch gibt es aber weitere Kandidaten. Wer den nächsten Platz in der 007-Ahnenreihe bekommt, sollte bald feststehen.

Die in Genf geborene Schweizer Schriftstellerin und Philosophin Jeanne Hersch aufgenommen im März 1999

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