Frankreich

Debatte um Antisemitismus nach Synagogen-Anschlag

Vor der Synagoge Beth Yaacov Foto: picture alliance/dpa/MAXPPP

Nach dem Anschlag auf die Synagoge Beth Yaacov in der südfranzösischen Stadt La Grande-Motte am Samstagmorgen ist eine Debatte um Antisemitismus und politische Verantwortung in Frankreich aufgekommen.

Zahlreiche Politiker kritisierten den Anschlag: Premierminister Gabriel Attal betonte auf der Plattform X: »Wir werden nicht aufgeben. Angesichts von Antisemitismus, angesichts von Gewalt werden wir uns niemals einschüchtern lassen.« Er kündigte an, jüdische Orte besser zu schützen. Auch in Frankreich haben antisemitische Taten seit dem 7. Oktober und dem Krieg in Gaza zugenommen.

Der Bürgermeister von Nizza, Christian Estrosi, kritisierte am Sonntag in einem Interview mit »Le Parisien«, dass Frankreich seit der Parlamentswahl Ende Juni keine Regierung habe. Derzeit finden Gespräche über eine Regierungsbildung statt, die als schwierig gilt.

Antisemitismus nimmt zu

Auch würden »verantwortungslose Menschen Antisemitismus schüren«, fügte Estrosi hinzu, ohne Namen zu nennen. In der öffentlichen Kritik steht vor allem der Gründer der Links-Partei, Jean-Luc Melenchon, der auf der Plattform X die Tat nicht als antisemitisch bezeichnete. Der französischen Linken wird immer wieder Judenfeindlichkeit vorgeworfen.

Verhaftet wurde in der Nacht zu Sonntag in der Stadt Nimes, gut 40 Kilometer nordöstlich des Tatorts, ein 33-jähriger Mann aus Algerien. Der Tatverdächtige befand sich bei der Festnahme im obersten Stockwerk eines Turms im Stadtteil Pissevin. Dabei kam es zu einem Schusswechsel, bei dem der Mann getroffen, aber nicht lebensgefährlich verletzt wurde. Laut »Midi Libre« sei er zuvor von mehr als 200 Polizisten verfolgt worden.

Mutmaßlicher Täter mit Palästina-Flagge

Der Mann war auf einem Video der Überwachungskameras zu sehen gewesen. Es zeigte ihn mit einer um die Hüften gewickelten Palästina-Flagge. Sein Gesicht war zu sehen. Nach Angaben der Zeitung »Le Parisien« wurden Ermittlungen gegen drei weitere Personen aus seinem Umfeld eingeleitet, die auch in Polizeigewahrsam seien. Die Ermittlungen wegen des Verdachts auf Terrorismus laufen.

In La Grande-Motte äußerte sich Rabbiner Marc Marciano gegenüber dem öffentlich-rechtlichen Radiosender France Info erstmals zu der Tat. Er sagte, es gehöre zu der Reihe von Wundern, dass es bei dem antisemitischen Angriff keine Opfer gegeben habe. Im Sommer würde der Schabbat-Gottesdienst etwas später als gewöhnlich beginnen, weshalb die Gläubigen noch nicht angekommen waren: »Diejenigen, die uns schaden wollten, kamen etwas zu früh.«

Der Angriff habe Marciano verblüfft, denn »es ist eine kleine, ruhige Küstenstadt, in die die Leute mit ihren Kindern kommen«. Er selbst befand sich zum Zeitpunkt der Explosion in seiner Wohnung im Obergeschoss der Synagoge: »Wie jeden Morgen ging ich ins Büro und sah Gott sei Dank das Feuer. Autos explodierten.« Später als gewöhnlich sei er nach unten gegangen: »Das hat mich gerettet.«

Am Samstagmorgen waren kurz vor 8.30 Uhr vor der Synagoge Beth Yaacov zwei Autos explodiert. Anwohner informierten die Gendamerie, weil ein Feuer ausgebrochen war. Ein Polizist wurde verletzt.

TV-Tipp

TV-Premiere: So entstand Claude Lanzmanns epochaler Film »Shoah«

Eine sehenswerte Arte-Dokumentation erinnert an die bedrückenden Dreharbeiten zu Claude Lanzmanns Holocaust-Film, der vor 40 Jahren in die Kinos kam

von Manfred Riepe  21.11.2025

USA

Zwölf Familien, eine Synagoge

Die meisten Juden in Nordamerika leben in Großstädten, auf dem Land gibt es nur wenige Gemeinden – aber gerade dort wächst eine besonders starke Identität. Ein Besuch in der Kleinstadt Rome im Bundesstaat Georgia

von Katja Ridderbusch  21.11.2025

Holzstörche zur Geburt in Niederösterreich. Noch immer werden neben den klassischen Namen viele biblische Namen den Kindern gegeben.

Statistik

Diese hebräischen Vornamen in Österreich sind am beliebtesten

Österreichische Eltern wählen gern Klassiker. Unter den Top Ten sind auch viele Namen biblischen Ursprungs

von Nicole Dreyfus  21.11.2025

TV-Tipp

Ein Skandal ist ein Skandal

Arte widmet den 56 Jahre alten Schock-Roman von Philip Roth eine neue Doku

von Friederike Ostermeyer  21.11.2025

Judenhass

»Wir wollen keine Zionisten«: Mamdani reagiert auf antisemitische Kundgebung vor Synagoge

Die Teilnehmer schrien unter anderem »Tod den IDF!« und »Globalisiert die Intifada!«

von Imanuel Marcus  21.11.2025 Aktualisiert

New York

Neonazi wollte als Weihnachtsmann jüdische Kinder mit Süßigkeiten vergiften

Der Antisemit soll zudem »Interesse an einem Massengewaltakt« gezeigt und Anleitungen zum Bau von Bomben geteilt haben. Nun wird er angeklagt

 21.11.2025

Philosophie

Hannah Arendt und die Freiheit des Denkens

Die politischen Katastrophen des 20. Jahrhunderts waren ihr Lebensthema. Sie sah ihre Aufgabe als politische Denkerin darin, die Welt und die Menschen zu verstehen. Die politische Theoretikerin starb vor 50 Jahren

von Jürgen Prause  20.11.2025

Russland

Der Vater der israelischen Rüstungsindustrie

Emanuel Goldberg war ein genialer Erfinder in der Weimarer Republik. Die Nazis sorgten dafür, dass er in Europa vergessen wurde. Doch bis heute macht der Mann aus Moskau Israel sicherer

von Leif Allendorf  20.11.2025

New York

Rekordpreis für »Bildnis Elisabeth Lederer« bei Auktion

Bei den New Yorker Herbstauktion ist wieder ein Rekord gepurzelt: Ein Klimt-Gemälde wird zum zweitteuersten je versteigerten Kunstwerk – und auch ein goldenes Klo wird für einen hohen Preis verkauft

von Christina Horsten  19.11.2025