Griechenland

Chanukka bei den Hellenen

Symbol griechischer Kultur: Akropolis in Athen Foto: imago

Auch für die Juden in Griechenland hat Chanukka begonnen. Die Gemeinden feiern das Fest wie eh und je. Doch wie empfinden sie es? Schließlich wird eines Sieges über die griechischen Besatzer gedacht. Die Makkabäer beendeten die Herrschaft der Seleukiden, das waren die Erben Alexanders des Großen. Kann ein Grieche, selbst wenn er jüdisch ist, so etwas feiern?

Wer durch griechische Großstädte geht, wird auch dieses Jahr vergeblich nach einer Chanukkia in den Fenstern suchen. In Zeiten, in denen die rechtsextreme Partei »Goldene Morgenröte« trotz intensiver Strafverfolgung weiter Wählerstimmen gewinnt, ist es für viele schlicht zu gefährlich, sich öffentlich als Juden zu bekennen. Dementsprechend kommt auf die Frage nach Chanukka oft die Antwort: »In meiner Jugend war es ein schönes Gemeindefest, jetzt aber ist es nicht so wichtig.«

Goldene Morgenröte Auch in sozialen Netzwerken halten sich die Postings zu Chanukka in Grenzen. Eine griechische Google-Suche mit den Stichworten »Chanukka in Griechenland« verweist schnell auf knapp 87.400 aktuelle Links zum Thema »ein antigriechisches Fest«. Wer intensiver sucht, findet rund 70 Primärquellen, die jedoch keineswegs alle der »Goldenen Morgenröte« zugeordnet werden können. Selbst Griechen, die demokratischen Parteien zugewandt sind, scheint es nicht zu gefallen, was ihrer Meinung nach an Chanukka gefeiert wird: ein Sieg über ihr Volk.

Trotzdem gibt es im Land viele Gemeindemitglieder, die sich zu ihrem Judentum bekennen und feiern. »Ich werde jeden Tag die Kerzen anzünden«, sagt Paul Isaak Hagouel aus Thessaloniki. Er betont, dass er stolz ist, gleichzeitig Grieche und Jude zu sein – einer, der das kulturelle Erbe beider antiker Völker vereint. Der 62-Jährige ist nach seiner Pensionierung noch sehr aktiv als Wissenschaftler: Neben der Schoa gehört die Erforschung der jüdischen Geschichte in Griechenland zu seinem Arbeitsgebiet.

Religionsfreiheit »Chanukka ist für mich vor allem ein Fest des Lichts und nicht des Sieges über die Seleukiden«, erklärt er. »Meiner Überzeugung nach ist es das erste Mal, dass das Bürgerrecht der Religionsfreiheit gegen eine oktroyierte Vorschrift der Assimilierung erstritten wurde«, begründet er seine Sicht der Dinge.

Der besiegte Antiochos IV. war, folgt man Hagouels Ausführungen, sicherlich kein weitsichtiger Herrscher: »Er hatte nicht das Zeug zu einem Regenten einer multikulturellen, geografischen Region.« Alexander der Große dagegen, dessen Erbe unter anderem die Seleukiden angetreten hatten, ist auch im heutigen Griechenland ein Idol – selbst unter Juden.

»Er schuf den ersten funktionierenden multinationalen und -kulturellen Staat«, erläutert Hagouel nicht ohne Stolz. »Die Rezeptur dafür war eine funktionierende Verwaltung, die volle Religionsfreiheit und die politische Gleichberechtigung aller Bürger, unabhängig ihrer Abstammung. Das ist bis heute einmalig.«

Im Fehlen dieser Freiheiten sieht Hagouel den Grund dafür, dass zahlreiche multinationale Experimente wie das Osmanische Reich und die k.u.k. Monarchie gescheitert sind. Der diametrale Gegensatz von Antiochos’ Regierungsphilosophie zur hellenistischen Lichtgestalt Alexander lasse den Seleukidenfürst eher »ungriechisch« erscheinen, so Hagouel.

»Die Geschichte lehrt uns, dass wir für Werte und Ideale kämpfen müssen, wenn es offensichtlich ist, dass man sie uns entreißen oder verbieten will«, bringt es Hagouel auf den Punkt. Demnach sei der Makkabäeraufstand kein Angriffskrieg der Juden gegen die griechischen Seleukiden gewesen, sondern eine Reaktion zur Wiederherstellung der Glaubensfreiheit und der Gleichheit.

Kiew

Bargeldberge, Geschäfte und Liebschaften auf Russisch 

Eingeschweißtes Bargeld aus US-Notenbanken, Liebe unter Ministern, heimlicher Hauskauf im Ausland und alles in der falschen Sprache. Die Korruption in der Ukraine bietet Stoff für einen Thriller

von Andreas Stein  14.11.2025

Award

Sarah Jessica Parker erhält Golden-Globe-Ehrenpreis

Die Schauspielerin soll für besondere Verdienste um das Fernsehen ausgezeichnet werden

 14.11.2025

Tel Aviv

Noa Kirel und Daniel Peretz heiraten mit »kleiner Feier«

Die Sängerin und der HSV-Torwart standen in Jaffa unter großen Sicherheitsvorkehrungen unter der Chuppa

von Nicole Dreyfus  13.11.2025

Ausstellung

Avantgardistin der Avantgarde

Berthe Weill förderte nicht nur die moderne Kunst der Jahrhundertwende, als Galeristin war sie selbst eine Schlüsselfigur. Eine Ausstellung in Paris ehrt die Pionierin

von Sabine Schereck  13.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  11.11.2025 Aktualisiert

Zürich

Goldmünze von 1629 versteigert

Weltweit existieren nur vier Exemplare dieser »goldenen Giganten«. Ein Millionär versteckte den Schatz jahrzehntelang in seinem Garten.

von Christiane Oelrich  11.11.2025

USA

Mehrgewichtig, zionistisch und stolz

Alexa Lemieux ist Influencerin in den sozialen Medien und zum Vorbild für viele junge jüdische Frauen geworden

von Sarah Thalia Pines  11.11.2025

Prag

Der Golem-Effekt

Seit mehr als fünf Jahrhunderten beflügelt das zum Schutz der Juden geschaffene Wesen aus Staub und Worten die Fantasie. Ein Blick zurück mit Büchern, Filmen und den »Simpsons«

von Sophie Albers Ben Chamo  11.11.2025

Raubkunst

Zukunft der Bührle-Sammlung ungewiss

Die Stiftung Sammlung E. G. Bührle hat ihren Stiftungszweck angepasst und streicht die Stadt Zürich daraus

von Nicole Dreyfus  10.11.2025