Argentinien

Braune Geldwäsche?

NSDAP-Kundgebung 1938 in Buenos Aires Foto: pd

Bereits in den 30er-Jahren war Argentinien ein gutes Pflaster für ausländische und einheimische Nazis. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde es zum Fluchtziel vieler NS-Kriegsverbrecher, darunter Adolf Eichmann und Josef Mengele.

Jahrzehnte später ist jetzt eine Liste mit den Namen von 12.000 Mitgliedern der argentinischen Nazi-Bewegung aufgetaucht. Lange hatte sie unbemerkt im Abstellraum eines Gebäudes gelegen, in dem sich heute eine Dependance des spanischen Telekommunikationskonzerns Telefónica befindet. Per Zufall stieß Telefónica-Mitarbeiter Pedro Filipuzzi vor Kurzem auf die Liste – und gab sie an das Simon Wiesenthal Center weiter, die ihre Existenz vergangene Woche bekannt machte.

1941 waren auf Betreiben der argentinischen Regierung die Geschäftsstellen der NSDAP-Auslandsorganisation und der örtlichen Unión Alemana de Gremios, eines Ablegers der Deutschen Arbeitsfront, durchsucht und die Namen ihrer Mitglieder einem Sonderausschuss des Kongresses übermittelt worden. Das Gremium befasste sich mit »antiargentinischen Aktivitäten« im Land und erstellte auch einen Bericht. Nach einem Staatsstreich rechter Militärs 1943 wurde das Gremium jedoch aufgelöst und alle Papiere vernichtet.

Deutsche Bank Unter den damals in Argentinien aktiven Nazis waren laut Simon Wiesenthal Center auch zahlreiche deutschstämmige Geschäftsleute und Bankiers, die enge Bande mit Berlin unterhielten. Neben dem Chemiekonzern IG Farben hatten in Buenos Aires auch die Banco Alemán Transatlántico, eine Filiale der Deutschen Bank, sowie die Banco Germánico de América del Sur ihren Sitz.

Für Pedro Filipuzzi ist klar: Diese beiden Banken dienten als Umschlagplatz und Geldwäschestelle für Vermögen, die die Nazis Juden und anderen Verfolgten geraubt hatten. Von Argentinien aus sei das Geld dann zurück nach Europa geflossen, unter anderem in die Schweiz, sagte Filipuzzi im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen.

Er ist sich sicher, dass auf der jetzt gefundenen Liste auch Personen stehen, die ein Bankkonto bei der Schweizerischen Kreditanstalt, der heutigen Credit Suisse, in Zürich unterhielten. Unter ihnen war auch ein gewisser Ludwig Freude, glaubt Filipuzzi.

Nazi-Netzwerk Der Einwanderer aus Deutschland war in den 30er-Jahren nicht nur Chef der Banco Alemán Transatlántico in Buenos Aires, sondern auch Koordinator eines Nazi-Spionagenetzes. Freudes Sohn Rodolfo diente nach dem Krieg dem argentinischen Präsidenten Juan Perón als Mitarbeiter und war Kontaktmann der Organisation der ehemaligen SS-Angehörigen (ODESSA), dem weltweiten Netzwerk geflüchteter Nazis.

Die Credit Suisse in Zürich sagte, dass man bis jetzt kein offenes oder geschlossenes Konto von Ludwig Freude ausfindig machen konnte. »Unsere Suche nach anderen Namen und historischen Kontonummern, die uns zur Verfügung gestellt wurden, ist im Gange«, teilte eine Banksprecherin der Jüdischen Allgemeinen auf Anfrage mit. »Die Bedeutung der Bedenken, die kürzlich vom Simon Wiesenthal Center und den Medien bezüglich des historischen Hintergrunds von Herrn Freude und der von Herrn Filipuzzi entdeckten Liste geäußert wurden«, erkenne ihre Bank ausdrücklich an. Man sei bestrebt, »die Wahrheit so gut wie möglich mit den uns heute noch zur Verfügung stehenden Informationen und Mitteln herauszufinden«, erklärte die Banksprecherin.

Fonds Ende der 90er-Jahre hatten die Schweizer Banken, darunter auch Credit Suisse, sogenannte »nachrichtenlose Konten« aus der Zeit des Dritten Reichs überprüft und einem 1,2-Milliarden-Dollar-Entschädigungsfonds für Opfer der Schoa zugestimmt.

Seit 2015 gilt in der Schweiz ein Gesetz, demzufolge nachrichtenlose Konten auf der Webseite DormantAccounts.ch bekannt gemacht werden müssen. Wenn sich binnen fünf Jahren nach Veröffentlichung kein Besitzer oder Erbe gefunden hat, fällt das Guthaben automatisch dem Schweizer Staat zu.

Tschechien

Auf den Wegen der Prager Juden

Während immer wieder neue Formen des Erinnerns gefordert werden, hat in der Goldenen Stadt die Zukunft bereits begonnen

von Kilian Kirchgeßner  12.05.2025

Meinung

Codewort: Heuchelei

Nemo fordert den Ausschluss Israels beim ESC in Basel. Damit schadet die Siegerperson des vergangenen Jahres der Schweiz und der eigenen Community

von Nicole Dreyfus  11.05.2025

Eurovision Song Contest

Vorjahressieger Nemo gegen Teilnahme Israels am ESC

Für Israel tritt die Sängerin Yuval Raphael an, die die Terroranschläge auf Israel am 7. Oktober 2023 überlebte

 10.05.2025

USA

Juden in den USA wünschen sich Dialog mit neuem Papst

Anders als sein Vorgänger Franziskus hat sich Leo XIV. als Kardinal nicht mit israelkritischen Äußerungen zum Gazakrieg hervorgetan. Jüdische US-Organisationen hoffen auf einen guten Austausch mit dem neuen Papst

von Christoph Schmidt  09.05.2025

USA

Die Magie der Start-ups

Auch Arielle Zuckerberg mischt in der Hightech-Welt mit. Als Investorin ist die Schwester von Mark Zuckerberg derzeit zudem auf jüdischer Mission

von Paul Bentin  08.05.2025

Judenhass

Alarmierende Zahlen

J7 stellt ersten Jahresbericht über Antisemitismus in den sieben größten Diaspora-Gemeinden vo

 07.05.2025

Meinung

Null Toleranz für Gewaltaufrufe

Ein Großereignis wie der Eurovision Song Contest darf keine Sicherheitslöcher zulassen, findet unsere Schweiz-Redakteurin Nicole Dreyfus

von Nicole Dreyfus  07.05.2025

Eurovision Song Contest

Israelische Sängerin Yuval Raphael wird von der Schweiz nicht extra geschützt

Die Basler Sicherheitsbehörden wissen um die angespannte Lage, das Sicherheitsrisiko in der Schweiz ist hoch

von Nicole Dreyfus  06.05.2025

Interview

»Wir sind ein Impulsgeber«

Zentralratspräsident Josef Schuster über die Internationale Task Force gegen Antisemitismus J7, den deutschen Vorsitz und ein Treffen in Berlin

von Philipp Peyman Engel  05.05.2025