Ukraine

Ausharren in Cherson

Zusammen mit Yossef Yitzchak Wolff in Cherson: Rabbi Alex Soroka Foto: Chabad Cherson

»Wie hätte ich als der Rabbiner der Gemeinde die Stadt verlassen können?«, fragt Yossef Yitzchak Wolff, das geistige Oberhaupt der Jüdinnen und Juden von Cherson, im Gespräch mit der Jüdischen Allgemeinen. »Solange es an diesem Ort jüdisches Leben gibt, ist mein Platz hier.« Cherson war die erste und bisher einzige ukrainische Großstadt, die die russische Armee unter ihre Kontrolle gebracht hat. Die Eroberung der nahe der Krim gelegenen Stadt ist mittlerweile zweieinhalb Wochen her.

Seitdem ist es in Cherson die meiste Zeit gespenstisch ruhig, meint Rabbiner Wolff, der zu Chabad Lubawitsch gehört. »Aktuell ist es sicherer, in der Stadt zu bleiben, als aus ihr zu fliehen.« Wer versuche, hinter die Kriegsfront zu kommen, riskiere sein Leben. Wie vielen Juden noch die Flucht gelang, bevor die russische Armee eintraf, könne er nicht genau sagen. Von den insgesamt etwa 500 jüdischen Familien der Stadt seien die meisten aber in Cherson verblieben.

LEBENSMITTEL »Die Situation ist nicht gut«, sagt Wolff. Schließlich tobe ein Krieg in der Ukraine und durch die Eroberung seien die Menschen in der Stadt praktisch eingeschlossen. Hunger leiden müsse aber zum Glück niemand. »Seit dem Beginn der Besetzung haben wir Tausende Lebensmittelpakete gepackt und verteilt.« Die Synagoge, die bislang unbeschädigt geblieben ist, wurde zum Hilfszentrum für die jüdische Bevölkerung der Stadt umfunktioniert.  

So wie schon zuvor in Luhansk und Donezk hat die russische Regierung den Plan gefasst, auch in der Region um Cherson eine sogenannte Volksrepublik zu etablieren, was eine Abspaltung von der Ukraine impliziert. Dagegen richtet sich offenbar großer Widerstand seitens der Bevölkerung Chersons.

PURIM Rabbiner Wolff berichtet, dass die Arbeit der jüdischen Gemeinde bisher von der Besatzungsverwaltung nicht behindert wird. Man werde in Ruhe gelassen, solange man nicht auffällig sei. So hatte man vergangene Woche sogar »ein sehr schönes Purim-Fest«. In den Räumen der Gemeinde konnten die Menschen gemeinsam und mit allem, was dazu gehört, die Errettung der Juden vor der Vernichtung im persischen Reich feiern. Auch in Bezug auf seine eigene Gemeinde zeigt sich Rabbiner Wolff zuversichtlich: »Wir werden das überstehen.«

Medienbericht

Katar soll mutmaßliches Missbrauchsopfer von Karim Khan ausspioniert haben

Das Emirat scheint sich in den Skandal um den Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs eingemischt zu haben, wie Recherchen nun zeigen

 07.11.2025

Kommentar

In Zohran Mamdanis New York werden Juden geduldet, nicht akzeptiert

»Liberale Zionisten« müssen in der Regierung des neuen Bürgermeisters keinen »Lackmustest« fürchten. Was beruhigend klingen soll, zeigt, wie stark der Antisemitismus geworden ist - nicht zuletzt dank Mamdani

von Gunda Trepp  07.11.2025 Aktualisiert

Hurrikan Melissa

»Ich habe seit einer Woche nicht geschlafen«

Wie ein Rabbiner vom Wirbelsturm in Jamaika überrascht wurde – und nun selbst Betroffenen auf der Insel hilft

von Mascha Malburg  06.11.2025

Kommentar

Wo Israel antritt, rollt der Ball ins moralische Abseits

Israelische Spieler und Fußballfans werden schon lange dafür diskriminiert, dass sie von anderen gehasst werden.

von Louis Lewitan  06.11.2025

Kommentar

Warum Zürichs Entscheid gegen die Aufnahme von Kindern aus Gaza richtig ist

Der Beschluss ist nicht Ausdruck mangelnder Menschlichkeit, sondern das Ergebnis einer wohl überlegten Abwägung zwischen Sicherheit, Wirksamkeit und Verantwortung

von Nicole Dreyfus  06.11.2025

New York

ADL will Mamdani unter Beobachtung stellen

Die Anti-Defamation League erwartet vom neugewählten New York Bürgermeister nichts Gutes. Jetzt hat die jüdische Organisation angekündigt, man werde genau hinschauen

 05.11.2025

Amsterdam

Wegen IDF-Kantor: Concertgebouw sagt Chanukka-Konzert ab

Die renommierte Musikhalle hat wegen des geplanten Auftritts von IDF-Chefkantor Shai Abramson das alljährliche Konzert abgesagt. Die jüdische Gemeinschaft ist empört und will gegen den Entscheid klagen

von Michael Thaidigsmann  05.11.2025 Aktualisiert

Essay

Mamdanis demokratische Steigbügelhalter

Führende Politiker der Demokraten haben aus Opportunismus die Wahl des Israel-Hassers Zohran Mamdani zum New Yorker Bürgermeister ermöglicht - und so in Kauf genommen, dass aus Worten gegen Israel wieder Gewalt gegen Juden werden könnte

von Menachem Z. Rosensaft  05.11.2025

Vatikan

Theologe: Antisemitismus bei Vatikan-Konferenz kein Einzelfall

Der Salzburger Theologe Hoff berichtet über Eklats bei einer jüngsten Vatikan-Konferenz. Ein Schweizergardist soll sich verächtlich über Mitglieder einer jüdischen Delegation geäußert und in ihre Richtung gespuckt haben

 04.11.2025