Es ist der 1. September und damit – wie in jedem Jahr – der erste Schultag nach den großen Ferien in Israel. Rund zweieinhalb Millionen Kinder und Jugendliche besuchen die Schulen und Kindergärten von Nord nach Süd.
Insgesamt gibt es 1,185 Millionen Grundschüler, 338.000 besuchen die Mittel- und 531.000 die Oberstufe. Weitere 340.000 Kinder gehen in die Kindergärten.
Am Montag wurden auch 180.000 Kinder im ganzen Land eingeschult. Und dabei gibt es zum ersten Mal in der Geschichte des Landes mehr Schülerinnen und Schüler an religiösen Schulen als an säkularen. Das geht aus Daten des Bildungsministeriums hervor. Seit Jahren weisen Experten auf einen demografischen Wandel in der israelischen Gesellschaft in Richtung Religiosität hin.
Rund 6000 mehr Schüler in charedischen ersten Klassen
Darüber hinaus zeigen die Daten, dass die Zahl der Erstklässler an säkularen Schulen das zweite Jahr in Folge zurückgegangen ist. Es gab am Anfang des Schuljahres 2025/26 5000 weniger Grundschüler als im Vorjahr.
Von den 180.000 Erstklässlern sind 66.185 Schüler an regulären öffentlichen Schulen, 29.470 an national-religiösen Schulen und 42.751 an ultraorthodoxen Schulen eingeschrieben. Darüber hinaus besuchen 11.418 Sechsjährige Beduinenschulen, 2.702 drusische und 26.975 arabische Schulen.
Die Gesamtzahl der in orthodoxen Schulen für die erste Klasse angemeldeten Mädchen und Jungen beträgt somit 72.221 - und damit rund 6.000 mehr als an säkularen jüdischen Schulen.
»Wir erleben einen Strukturwandel im Land«, resümiert der Demograf Sergio DellaPergola, emeritierter Professor und ehemaliger Vorsitzender des Harman Institute of Contemporary Jewry der Hebräischen Universität, in einem Interview mit »Times of Israel«. Die Veränderungen im jüdischen Sektor seien dramatisch, betont er.
Vor 25 Jahren sahen die Zahlen noch anders aus. Damals besuchten 61 Prozent der jüdischen Erstklässler säkulare öffentliche Schulen, 20 Prozent nationale religiöse Schulen und etwas weniger charedische Bildungseinrichtungen.
Sergio DellaPergola: »Wir erleben einen Strukturwandel im Land.«
Auch andere Zahlen steigen stetig: Nach Angaben des Bildungsministeriums in Jerusalem werden in diesem Jahr knapp 400.000 Schülerinnen und Schüler Klassen für Sonderpädagogik besuchen, so viele wie nie zuvor.
Andere Zahlen sind Grund für Optimismus: Tausende der Kinder und Jugendlichen, die am Montag durch die Schultore liefen, kehrten zum ersten Mal seit ihrer Evakuierung nach dem Angriff vom 7. Oktober 2023 zurück. Sie gehen jetzt wieder in die Bildungseinrichtungen ihrer Heimatorte, die an den Gazastreifen grenzen, und im Norden Israels.
Tekuma, die für den Wiederaufbau der Gemeinden im Süden nach dem Hamas-Angriff zuständige Regierungsbehörde, gab an, dass die Zahl der Schulkinder in diesen Gemeinden im Vergleich zum Vorjahr um 80 Prozent gestiegen sei, sowohl aufgrund der Rückkehr der meisten Familien als auch aufgrund natürlichen Bevölkerungswachstums.
Fünf der geschundenen Gemeinden: Nir Oz, Be’eri, Kissufim, Holit und Kfar Aza, sind jedoch noch nicht vollständig wiederaufgebaut, sodass Familien noch nicht zurückkehren können.
95 Prozent der Schülerinnen und Schüler im Norden kehrten zurück
Im Norden waren es 95 Prozent der Schüler, die in 32 Gemeinden zurückkehrten, nachdem sie aufgrund des Konflikts mit der libanesischen Terrorgruppe Hisbollah vertrieben worden waren.
Präsident Isaac Herzog besucht am ersten Schultag die Kinder der Rambam-Schule in Kiriat Schmona und lobt die Stadt ganz an der nördlichen Grenze für ihre Standhaftigkeit. »In den letzten zwei Jahren stand Ihre Stadt an vorderster Front, an der Grenze, gegen schreckliche und unerbittliche Angriffe der Hisbollah«, sagte Herzog den Kindern der Schule, die im Krieg beschädigt worden war.
»Ihr habt eure Häuser verlassen, einige von euch sind zurückgeblieben, um die Stadt zu verteidigen – und hier sind wir nun, als Symbol des Mutes, als Symbol des Sieges«, fuhr er fort.
Bereits zum zweiten Mal begann das Schuljahr inmitten des andauernden Krieges gegen die Hamas in Gaza. Hunderte von Gymnasiasten im ganzen Land schwänzten den ersten Schultag, um an Kundgebungen für einen Waffenstillstands- und Geiselbefreiungsdeal teilzunehmen.
Andere trugen als Zeichen der Solidarität mit den Geiseln und ihren Familien am ersten Tag gelbe T-Shirts statt den für diesen Tag üblichen weißen. »Wir können es nicht akzeptieren, dass wir zur Routine zurückkehren, während 48 Geiseln in Gefangenschaft sind«, lautete die Botschaft der Schülervereinigungen, die den Streik organisierten. »Wir können das Schuljahr heute nicht so eröffnen, als wäre alles normal. Diese Realität ist unerträglich.«