Herr Kahana, wie bewerten Sie die von US-Präsident Donald Trump verkündete Waffenruhe zwischen Israel und dem Iran?
Ich kenne die zugrunde liegenden Geheimdienstinformationen nicht, daher kann ich das nicht im Detail beurteilen. Klar ist aber: Die israelische Armee und Luftwaffe waren auf eine Fortsetzung des Krieges vorbereitet. Eines der erklärten Ziele war es, Bedingungen zu schaffen, unter denen das iranische Atomprogramm langfristig gestoppt werden kann. Die israelische Regierung ist überzeugt, dass dies letztlich nur durch eine Vereinbarung möglich ist. Wenn jetzt eine solche Perspektive besteht, ist das positiv – denn ein andauernder, kräftezehrender Krieg liegt nicht im Interesse Israels
Hat Israel aus Ihrer Sicht seine Kriegsziele erreicht?
Soweit ich informiert bin, waren die Angriffe auf das iranische Atomprogramm und die Raketenproduktion sehr erfolgreich. Es ging nicht darum, diese Projekte vollständig zu zerstören, sondern ihnen schweren Schaden zuzufügen – um so den Weg für eine mögliche Einigung zu ebnen. In diesem Sinne, denke ich, hat die israelische Luftwaffe ihr Ziel erreicht.
Sie waren selbst viele Jahre Kampfpilot. Haben Sie die Luftwaffenoperationen in diesem Krieg aus einer besonderen Perspektive verfolgt?
Natürlich. Ich habe mein ganzes Berufsleben auf einen solchen Einsatz hingearbeitet – als Geschwaderkommandant, als Oberst im Hauptquartier der Luftwaffe. Ich sehe die Geschehnisse daher mit professionellem Blick, aber auch mit Emotion. Die Wahrheit ist: Ich bin neidisch auf alle, die an dieser Operation teilgenommen haben. Aber mehr noch bin ich stolz – auf die Piloten, die Navigatoren, auf meine ehemaligen Kameraden, Offiziere und Freunde. Ich kenne viele von ihnen persönlich.
Gab es in Ihrer aktiven Zeit in der Luftwaffe bereits konkrete Vorbereitungen auf solche Einsätze?
Ja, absolut. Die konkreten Pläne, die in diesem Krieg umgesetzt wurden, basieren auf Fähigkeiten, die die israelische Luftwaffe über mehr als zwei Jahrzehnte aufgebaut hat. Wir haben solche Szenarien früh geübt. Ich erinnere mich an einen Langstreckenflug nach Griechenland im Jahr 2008 – mit regulären Kampf- und Tankflugzeugen. Ziel war es, uns selbst und der Welt zu zeigen, dass wir in der Lage sind, alle Nuklearanlagen im Iran zu erreichen. Auf genau diesen Moment haben wir uns vorbereitet, als wir neue Flugzeuge beschafft und unsere Fähigkeiten systematisch ausgebaut haben. Auch spezielle Bomben, die unterirdische Anlagen treffen können, gehören dazu.
Sie kommen aus Haifa. Die Stadt wurde mehrfach von iranischen Raketen getroffen. Wie bewerten Sie die Angriffe?
Die Angriffe zeigen einen klaren Unterschied zwischen uns und unseren Feinden: Während wir alles tun, um zivile Opfer zu vermeiden, zielen die iranischen Raketen auf Wohngebiete. Die Angriffe erfolgen koordiniert und mit hoher Zerstörungskraft. Die Raketen treffen in dichter Folge, in sogenannten Bombardierungsformationen, und verursachen erhebliche Schäden – hunderte Meter um den Einschlagsort herum. Das unterstreicht: Der Iran nimmt zivile Opfer bewusst ins Visier.
Wie beurteilen Sie die Rolle von Premierminister Benjamin Netanjahu?
Ich denke, wir werden uns eines Tages die Frage stellen müssen, warum wir erst jetzt gehandelt haben. Es wurde doch schon lange gewarnt, dass der Iran genug Material für mehrere Atombomben besitzt. Dennoch gilt: In dieser existenziellen Frage ziehen Regierung und Opposition an einem Strang. Nach dem 7. Oktober ist jedem klar, dass wir es uns nicht leisten können, einen nuklear bewaffneten Feind vor der Tür zu haben. Auch wenn wir uns in vielen politischen Fragen nicht einig sind – in diesem Punkt stehen wir geschlossen zusammen.
Oppositionsführer Yair Lapid fordert nun, auch die Kämpfe in Gaza zu beenden, um die Geiseln heimzuholen. Teilen Sie diesen Standpunkt?
Ja. Der Krieg gegen unsere Feinde wird nie wirklich enden – das ist die Realität, mit der wir leben müssen. In Gaza wird es wohl immer Menschen geben, die Israel hassen. Aber im Moment haben wir eine Verpflichtung gegenüber den Geiseln. Alles andere muss hintanstehen. Wir sollten alles tun, um eine Kampfpause zu ermöglichen – nicht den Krieg zu beenden - und die Geiseln durch eine Vereinbarung heimzuholen. Ich bin überzeugt: Die Hamas wird uns früher oder später wieder zum Handeln zwingen – sie bekennt sich ja offen zur Zerstörung Israels. Aber zuerst müssen wir alles daransetzen, unsere Geiseln lebend zurückzubringen.
Mit dem Knesset-Abgeordneten, ehemaligen israelischen Religionsminister und Ex-Kampfpilot sprach Detlef David Kauschke.