Geiseln

»Yarden ist in einem Käfig in Gaza«

Ein Bild aus glücklichen Zeiten: Yarden, Ariel, Shri und Kfir Bibas Foto: Privat

Während die Unterhändler aus den USA, Ägypten und Katar weiterverhandeln, um eine Vereinbarung für die Befreiung weiterer Geiseln aus Gaza zu erreichen, bereiten sich die medizinischen Einrichtungen in Israel bereits auf eine mögliche Aufnahme von Zurückgekehrten vor.

Noch gibt es täglich neue Berichte, wer in einem möglichen Deal freikommen könnte, mal heißt es, dass es alle Zivilisten der noch etwa 134 Frauen und Männer sowie zwei Kinder sein könnten, ein anderes Mal, dass es zunächst Zivilistinnen, ältere sowie verletzte Geiseln wären. Angeblich sollen im Austausch für jede Geisel drei palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen entlassen werden. Doch offiziell bestätigt ist bislang nichts.

Derweil hat das Gesundheitsministerium in Jerusalem Krankenhäuser angewiesen, Teambesprechungen abzuhalten, um Leitlinien für die Behandlung akuter Verletzungen festzulegen. Es ist ein anderes Protokoll als das von Ende November, als mehr als 100 Geiseln freikamen, viele von ihnen Kinder.

Jetzt soll ein viel größerer Schwerpunkt auf umfassende medizinische Eingriffe gelegt werden, einschließlich einer Reihe von Tests. Zudem sollen Anleitungen durch Geriater, Zahnärzte, Augenärzte und Untersuchungen zur Erkennung von Infektionen durchgeführt werden. Darüber hinaus ist das medizinische Team an der Sammlung forensischer Informationen beteiligt, die zur Dokumentation von Kriegsverbrechen erforderlich sind.

Angehörige erhöhen Druck

Sozialarbeiter sollen den Behandlungsprozess der befreiten Geiseln begleiten und Gespräche mit den Rückkehrern sowie ihren Angehörigen führen, um sich ein Bild ihrer psychischen Verfassung machen zu können. Bei Bedarf werden sie zusätzliche psychologische Interventionen durch einen Psychiater oder Psychologen empfehlen.

Gesundheitsminister Uriel Buso erklärte, dass man seit den vergangenen Freilassungen »eine gründliche und professionelle Prüfung des Prozesses« durchgeführt habe, um Anpassungen vorzunehmen, damit die zurückkehrenden Geiseln bestmöglich in ihren Alltag zurückkehren könnten.

Währenddessen erhöhen die Angehörigen der Verschleppten den Druck auf die Regierung immer mehr, um einen Geiseldeal zu erreichen. Sie protestieren fast täglich im ganzen Land, darunter auch vor dem Privathaus von Regierungschef Benjamin Netanjahu.

Noch immer in Gaza festgehalten wird unter anderem die Familie Bibas. Terroristen entführten die Eltern Yarden und Shiri, beide 32, zusammen mit ihren Söhnen, dem neunmonatigen Kfir und Ariel (4) aus ihrem Heimatkibbuz Nir Oz.

»Wir werden verrückt vor Angst um sein Leben. Um das Leben von ihnen allen.«

Yosi Shnaider, Angehöriger der Familie Bibas

Vor zwei Wochen wurde das Baby Kfir in Geiselhaft ein Jahr alt. Keines der Familienmitglieder kam während des Waffenstillstands Ende November nach Hause, als mehr als 100 Geiseln, darunter alle anderen Minderjährigen, durch einen Deal befreit wurden. Die Hamas gab an, die Mutter sei mit ihren Kindern bei einem israelischen Luftangriff getötet worden. Das Militär Israels bestätigte die Behauptung nicht und bezeichnete sie als »grausamen psychologischen Terror«.

Yosi Shnaider, der Cousin von Shiri Bibas, will nicht glauben, dass sie tot sind. Wie hält die Familie die quälende Ungewissheit aus? »Wir funktionieren im Überlebensmodus. Fast alles, was man in einem normalen Leben macht, hat für uns aufgehört. Wir gehen unserer regulären Arbeit nicht mehr nach und beschäftigen uns nur noch mit der Frage, wie wir die vier nach Hause bringen können«, berichtet Shnaider.  

Familien betteln um das Leben ihrer Liebsten

Wie er fühlen sich viele Angehörige völlig alleingelassen – von ihrer eigenen Regierung, den Anführern der Welt, der gesamten Menschheit. Stundenlang stehen sie im Winterwetter draußen, während sich in ihren Gesichtern Tränen mit Regentropfen mischen, schreien sich heiser und betteln um das Leben ihrer Liebsten, die in Löchern und Tunneln in Gaza festgehalten werden.

Wieder und wieder beschwören sie das Kabinett in Jerusalem, ihre Familienmitglieder nicht zurückzulassen. »Es ist offensichtlich, dass die Befreiung der Geiseln nicht die erste Priorität unserer Regierung ist«, so Shnaider resigniert.

Dabei läuft die Zeit für die noch immer in Gaza Festgehaltenen aus, wie die Angehörigen immer wieder betonten. Eine freigelassene Geisel berichtete, dass sie bei Yarden war, als Terroristen ihm sagten, seine Liebsten seien tot. Die Frau erzählte, dass der Familienvater in einem Käfig im Tunnel unterhalb des Gazastreifens in totaler Dunkelheit gehalten werde.

Yosi Shnaider fällt es schwer, darüber zu sprechen. »Wir haben uns gesorgt, als wir hörten, er sei in einem Käfig. Es muss unerträglich sein. Aber als die Terroristen ihm sagten, dass Shiri und die Kinder tot sind … Ich bin mir sicher, es hat ihn vollends gebrochen. Wir werden verrückt vor Angst um sein Leben. Um das Leben von ihnen allen.«

»Es ist sehr schwer, durch den Tag zu kommen. Unbeschreiblich schwer«, gibt er mit leiser Stimme zu. »Wir vermissen sie so. Wir wollen sie nur sehen, umarmen und spüren, dass sie in Ordnung sind.« Kurz vor dem ersten Geburtstag von Kfir googelte Shnaider, was ein Baby mit einem Jahr können sollte. »Laufen, feste Speisen essen, brabbeln …« Er stockt. »Und ich weiß nicht, ob Kfir irgendetwas davon kann.«

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