Nahost

»Wir sind ziemlich perplex«

Foto: Flash 90

Die US-Regierung hat sich offen irritiert gezeigt durch die Absage des Washington-Besuches einer hochrangigen israelischen Delegation. »Ich muss Ihnen sagen, (...), wir sind ziemlich perplex«, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, am Montag im Weißen Haus mit Blick auf die Absage durch Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Kirby sagte, das Büro des Premierministers scheine durch seine öffentlichen Erklärungen anzudeuten, dass die US-Seite ihren Kurs gegenüber Israel geändert habe. »Das haben wir nicht.« Es scheine auch so, als wolle das Büro des Premierministers den Eindruck erwecken, dass es Differenzen gebe, obwohl das gar nicht nötig sei. 

Zugleich wies Kirby diverse Fragen dazu zurück, ob die Beziehung zwischen Israel und den USA - und konkret zwischen Netanjahu und US-Präsident Joe Biden - an einem neuen Tiefpunkt angelangt sei. Das sei nicht der Fall.

»Natürlich stehen wir immer noch hinter Israel«, betonte er. »Israel ist nach wie vor ein enger Verbündeter und ein Freund.« Er schob jedoch nach: »Das bedeutet nicht, dass wir in allem übereinstimmen, und meine Güte, das tun wir nicht.« Als Freunde könnten beide Seiten aber über ihre Meinungsverschiedenheiten offen sprechen. 

Auf Nachfrage sagte Kirby, Biden und Netanjahu hätten am Montag nicht miteinander gesprochen. Er wisse auch nicht, wann sie das nächste Mal telefonieren würden.

Das militärische Vorgehen Israels gegen die Hamas-Terroristen in Gaza belastet die Beziehung der beiden zunehmend. Netanjahus Absage des Trips zeigt das einmal mehr auf ungewöhnliche Weise. 

Der Weltsicherheitsrat hatte am Montag mit einer Resolution erstmals eine »sofortige Waffenruhe« im Gazastreifen gefordert. Die Vetomacht USA enthielt sich und ermöglichte damit die Annahme der Resolution.

Netanjahu reagierte nach der Abstimmung umgehend und sagte eine geplante und - ursprünglich von der US-Seite eingeforderte - Reise einer israelischen Delegation nach Washington kurzfristig ab. 

Der israelische Minister für strategische Angelegenheiten, Ron Dermer, und der nationale Sicherheitsberater Zachi Hanegbi hätten am Montag in die USA fliegen sollen, um sich dort mit hochrangigen Regierungsvertretern zu treffen.

Diese hätten den israelischen Gästen Alternativen zu einer von Israel geplanten Bodenoffensive in der südlichen Gaza-Stadt Rafah vorlegen wollen - ein Vorhaben, das die US-Regierung vehement ablehnt.

Kirby sagte, es gebe keine Anzeichen dafür, »dass die Israelis sich unmittelbar darauf vorbereiten, eine Bodenoperation in Rafah durchzuführen« und dass dies in den kommenden Tagen passieren könnte. »Es scheint, dass sie noch weit davon entfernt sind, in Rafah einzumarschieren.«

Israel wurde am 7. Oktober von Hamas-Terroristen attackiert. Über 1200 Israelis wurden an diesem Tag von den palästinensischen Islamisten ermordet. Es war das schlimmste Massaker an Juden seit dem Holocaust.

Israel befindet sich im Verteidigungskrieg gegen die Hamas, um seine Bürger zu schützen. Noch immer befinden sich mehr als 120 Israelis in den Terror-Tunneln von Gaza, wo sie von der Hamas gefangen gehalten werden. Und noch immer wird Israel aus Gaza mit Raketen beschossen. dpa/ja

Tel Aviv

Was passiert nach Netanjahus Begnadigungsantrag?

Versuche, die Prozesse durch eine Absprache zu beenden, gab es bereits. Selbst die Richter regten eine Einigung an. Wie steht es um die beantragte Begnadigung?

 01.12.2025

Meinung

Gratulation!

Warum die Ehrung der ARD-Israelkorrespondentin Sophie von der Tann mit dem renommierten Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis nicht nur grundfalsch, sondern auch aberwitzig ist

von Lorenz Beckhardt  01.12.2025 Aktualisiert

Ehemalige Geiseln

»Eli war wie ein Vater für mich«

Alon Ohel und Eli Sharabi treffen sich nach der Freilassung zum ersten Mal wieder

von Sabine Brandes  01.12.2025

Haifa

Nach abgesagter Auktion: Holocaust-Zeugnisse jetzt in Israel

Die geplante Versteigerung von Holocaust-Zeugnissen in Deutschland hatte für große Empörung gesorgt. Nun wurden viele der Objekte nach Israel gebracht und sollen dort in einem Museum gezeigt werden

von Sara Lemel  01.12.2025

Jerusalem

Sa’ar kritisiert geplante Umbenennung des Dubliner Chaim-Herzog-Parks

Israels Präsident und Außenminister üben scharfe Kritik. Von einem »schändlichen und beschämenden Schritt« ist im Büro Isaac Herzogs die Rede

 01.12.2025

Tel Aviv

Tausende demonstrieren für Ran Gvili und Sudthisak Rinthalak

Der Vater von Ran Gvili sagt, es dürfe keinen »nächsten Schritt« geben, solange die Terroristen die letzten Leichen nicht herausgäben

 01.12.2025

Jerusalem

Bennett befürwortet Begnadigung Netanjahus – unter einer klaren Bedingung

Israel sei »ins Chaos und an den Rand eines Bürgerkriegs geführt worden«, so der Oppositionspolitiker. Um das Land aus dieser Lage herauszuholen, unterstütze er ein »verbindliches Abkommen«

 01.12.2025

Jerusalem

Netanjahu bittet Israels Präsidenten um Begnadigung

US-Präsident Trump hat eine Begnadigung des wegen Korruption angeklagten Regierungschefs Netanjahu gefordert. Nun schreibt Netanjahu selbst ein Gnadengesuch. Israels Opposition übt scharfe Kritik

 30.11.2025

Portrait

Die Frau, die das Grauen dokumentieren will

Kurz nach dem 7. Oktober 2023 gründete die israelische Juristin Cochav Elkayam-Levy eine Organisation, die die Verbrechen der Hamas an Frauen und Familien dokumentiert. Unser Redakteur sprach mit ihr über ihre Arbeit und ihren Frust über die Vereinten Nationen

von Michael Thaidigsmann  29.11.2025