Auch bei den vierten Wahlen in Israel gibt es keine eindeutige Entscheidung. Das Land ist wieder einmal politisch gespalten. Zwar holte der rechtskonservative Likud des amtierenden Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nach ersten Auszählungen die meisten Mandate (30), eine eindeutige Mehrheit kann er jedoch nicht auf sich vereinen.
Ein Gewinner steht dennoch bereits fest: Naftali Bennett von der Rechtspartei Jamina. Nachdem nahezu 90 Prozent der Stimmen ausgezählt sind, werden ihm sieben Mandate zugesprochen. Damit wird der einstige Bildungsminister höchstwahrscheinlich zum Königsmacher bei diesen Wahlen.
STIMMEN Die Zentrumspartei von Yair Lapid erhält demzufolge 17 Mandate, die ultraorthodoxe sefardische Partei Schas neun, Blau-Weiß acht, Jamina, die Arbeitspartei, das charedische Vereinte Tora-Judentum und Israel Beiteinu sieben. Der Religiöse Zionismus, die erst kürzlich gegründete Partei Neue Hoffnung von Gideon Saar und die Vereinte Arabische Liste würden auf sechs Sitze kommen. Die Linkspartei Meretz und die arabische Partei Raam wären mit fünf Mandaten in der 24. Knesset vertreten.
Damit könnte die Aufteilung der Blöcke folgendermaßen sein: Ein Rechts-Religiöser-Block unter Netanjahu würde die Parteien Likud, Schas, Vereintes Tora-Judentum und den Religiösen Zionismus umfassen. Stimmte Jamina dem zu, hätte Netanjahu nach diesen vorläufigen Ergebnissen dennoch keine Mehrheit, sondern käme auf 59 Sitze. 61 werden mindestens benötigt, um eine Regierung zu bilden.
»Ich werde nur das tun, was gut für den Staat Israel ist.«
Naftali Bennett
Ob Bennett diese unterstützen würde, ließ er am Abend offen. »Ich werde nur das tun, was gut für den Staat Israel ist«, gab er sich geheimnisvoll. Persönlich stehen sich Netanjahu und Bennett – gelinde gesagt – alles andere als nah. Sollte sich Bennett dennoch dafür entscheiden, ist klar, dass seine Beteiligung Netanjahu viele Top-Ministerposten kosten würde.
BETEILIGUNG Ein Mitte-Links-Block mit der Beteiligung von rechtsgerichteten Parteien wäre der sogenannte Anti-Netanjahu-Block. Er könnte aus Jesch Atid, Awoda, Meretz, Blau-Weiß, Israel Beiteinu, der Neuen Hoffnung und der Vereinten Arabischen Liste bestehen. Doch auch er hat bis jetzt keine Mehrheit.
Die Wahlbeteiligung war dieses Mal außergewöhnlich niedrig.
Ein weiterer Gewinner bei diesen Wahlen ist der nationalreligiöse Politiker Bezalel Smotrich mit seiner Partei Hazionut Hadatit (Religiöser Zionismus). Die Rechtsaußen-Partei vertritt teils ultrarechte Ansichten und hat sich vor der Abstimmung mit der rechtsextremen Partei des rassistischen Kahane-Anhängers Itamar Ben-Gvir und seinem Anti-LGBTQ-Parteikollegen Avi Maoz zusammengetan. Beide werden in der Knesset vertreten sein und sind jetzt Verbündete von Netanjahu.
WAHLMÜDIGKEIT Von Wahlmüdigkeit war am Ende in Israel doch einiges zu spüren. Die Beteiligung war dieses Mal so niedrig wie seit 2009 nicht mehr. Besonders in der arabischen Gemeinschaft zog es mit 55 Prozent nur wenige Wähler an die Urnen. Auch insgesamt war die Beteiligung niedrig. Lediglich 67,2 Prozent der Israelis gaben ihre Stimme ab.
Am 22. Dezember 2020 hatte sich die 23. Knesset aufgelöst, nachdem sich die Koalition nach nur acht Monaten im Amt nicht auf einen Haushalt einigen wollte. Diese waren die vierten Wahlen innerhalb von zwei Jahren. Mit den endgültigen Ergebnissen wird erst am Freitag oder sogar erst nach den Pessachfeiertagen gerechnet. Doch auch dann könnte der politische Stillstand in Israel weitergehen.